Frühreife Trauben: Der Klimawandel wirkt sich schon jetzt spürbar auf die Weinlese aus. Wie historische Daten aus Burgund belegen, beginnen Winzer in den letzten 30 Jahren im Schnitt 13 Tage früher mit der Ernte als dies zuvor jahrhundertelang üblich war. Diese Verschiebung ist eng mit klimatischen Veränderungen verknüpft. Denn wärmere und trockenere Sommer sorgen dafür, dass die Trauben inzwischen früher reif werden.
Der Klimawandel beeinflusst auch die Landwirtschaft: Steigende Temperaturen und zunehmende Trockenheit führen schon heute zu messbaren Ernteeinbußen bei den wichtigsten Anbaupflanzen. Doch auch bei Luxusgütern wie Bier und Kaffee macht sich die Erderwärmung bemerkbar. Ähnliches gilt für Wein: Winzer werden in Zukunft womöglich auf andere Rebsorten und neue Bewässerungsmethoden setzen müssen. Außerdem verändert sich der zeitliche Ablauf im Weinbau – vielerorts beginnt die Lese bereits jetzt immer früher.
Über 600 Jahre Weingeschichte
Wie sehr sich der Klimawandel in den letzten Jahren schon auf die Weinernte ausgewirkt hat, haben Thomas Labbé von der Universität Leipzig und seine Kollegen nun am Beispiel Beaune untersucht – der „Weinhauptstadt“ von Burgund. Die Forscher recherchierten in alten Lohnzahlungsbelegen, Zeitungsartikeln und Stadtratsprotokollen, um vergangene Erntedaten herauszufinden.
Dabei gelang es ihnen, erstaunlich weit in die Vergangenheit zurückzublicken: Die von den Wissenschaftlern gesammelten Informationen erzählen die Geschichte der Weinlese der letzten 664 Jahre, von 1354 bis 2018. Es handelt sich ihnen zufolge um die längste zusammenhängende Dokumentation von Weinerntedaten, die jemals veröffentlicht wurde.
13 Tage früher als zuvor
Doch was verraten diese Daten? Wie Labbés Team berichtet, offenbarte die Auswertung eine klare Zweiteilung: Bis 1987 begann die Weinlese in Burgund typischerweise ab dem 28. September. Doch danach gab es eine deutliche zeitliche Verschiebung. Demnach fand die Traubenernte seit 1988 im Schnitt 13 Tage früher statt.
Abgleiche mit Temperaturaufzeichnungen zeigten, dass diese Verschiebung offenbar durch klimatische Veränderungen angetrieben wurde. So sind sehr warme und trockene Frühjahre und Sommer in den letzten 30 Jahren deutlich häufiger vorgekommen als zuvor. „Wir hatten nicht erwartet, dass sich der Erwärmungstrend seit Mitte der 1980er Jahre so gut aus den Erntedaten ablesen lassen würde“, konstatiert Mitautor Christian Pfister von der Universität Bern.
Vom Ausreißer zur Norm
Dabei zeigte sich jedoch auch: Die extremsten Hitze- und Dürrejahre waren nicht immer die mit dem frühesten Lesebeginn. Fördern hohe Temperaturen bis zu einem gewissen Grad die Reifung der Trauben, scheinen zu starke Extreme demnach das Gegenteil zu bewirken. Deutlich wird dies etwa am Beispiel der historischen Hitzejahre 1473 und 1540, wie die Forscher berichten.
„Wir gehen davon aus, dass die langen regenlosen Perioden und die heißen Temperaturen damals die Entwicklung der Trauben verlangsamten oder gar stoppten“, erklären sie. Hitzesommer wie diese seien damals aber Ausreißer gewesen – heute würden sie dagegen immer mehr zur Norm. „Der außergewöhnliche Charakter der letzten 30 Jahre wird aus unseren Daten mehr als deutlich“, schließt Pfister. (Climate of the Past, 2019; doi: 10.5194/cp-15-1485-2019)
Quelle: European Geosciences Union