Geowissen

Treibhausgas am Tiefseegraben

Seismische Studie enthüllt zuvor unerkanntes Reservoir von Methan oder CO2 vor Japan

Gasvorkommen
Eine seismische Durchleuchtung des Meeresgrunds vor Japan enthüllt eine Zone gebremster Geschwindigkeit (blau) – ein verborgenes Gasvorkommen in einer tektonischen Riftzone. © Takeshi Tsuji/ Kyushu University

Überraschender Fund: Entlang einer Riftzone vor Japan haben Forscher erstmals ein großes Gasreservoir entdeckt – das erste an einer solchen Nahtstelle der Erdkruste. Das mehrere Kilometer große Reservoir könnte Methan oder Kohlendioxid enthalten – beides starke Treibhausgase. Sollten sie aus diesem und weiteren solcher Vorkommen unkontrolliert entweichen, könnten sie das Klima weiter anheizen, sagen die Forscher.

Methanvorkommen im Meeresgrund sind nichts Ungewöhnliches – im Gegenteil: Vor allem im Sediment der Schelfabhänge, aber auch im Boden der Tiefsee ist vielerorts Methangas gespeichert, das in Methanquellen oder Schlammvulkanen austritt. Sogar am Grund der Nordsee vor Helgoland entstanden vor einigen Jahren durch solche Ausgasungen rund 300.000 frische Krater. Gängiger Annahme nach stammen diese Methaneinschlüsse im Sediment vor allem aus der Tätigkeit von Mikroben.

Okinawa-Becken
Lage des Okinawa-Beckens – einer Riftzone südwestlichen von Japan. © Peka /CC-by-sa 3.0

Unerkanntes Gasreservoir

Doch jetzt haben Kota Mukumoto und seine Kollegen von der Kyushu-Universität ein Gasreservoir an einem unerwarteten Ort entdeckt: einer tektonischen Riftzone. An diesen Stellen weicht die Erdkruste auseinander und neues Krustenmaterial steigt aus dem Erdmantel an die Oberfläche. Für ihre Studie hatten die Forscher den Untergrund des Okinawa-Beckens, einer solchen Riftzone südwestlich von Japan mithilfe von seismischen Messungen durchleuchtet.

Dabei zeigte sich knapp 1,5 Kilometer unter dem Meeresgrund eine auffällige Anomalie: In einer 6,5 Kilometer langen Zone verlangsamten sich die seismischen Wellen stark – ein Indiz für einen gasgefüllten Hohlraum im Gestein. „Seismische Druckwellen wandern durch Gase langsamer als durch Feststoffe“, erklärt Koautor Andri Hendriyana. „Wir haben solche Bereiche langsamer Wellenausbreitung in der Mitte des Okinawa-Beckens gefunden – das spricht für gasgefüllte Bereiche.“

Auch in anderen Riftzonen wahrscheinlich

Das Ungewöhnliche daran: Bisher waren Riftzonen nicht für solche Gasvorkommen bekannt, wie die Forscher erklären. Zwar tritt an diesen Nahtstellen der Erde häufig gasreiches Magma an die Oberfläche und bildet beispielsweise Unterseevulkane. Typischerweise aber entweichen die vulkanischen Gase relativ ungehindert. Im aktuellen Fall jedoch scheint der Gasaustritt durch undurchlässige Gesteine oder eine Gashydratschicht gehemmt, wie Mukumoto und sein Team berichten.

„Zonen wie die, die wir untersucht haben, sind entlang von Riftzonen nicht selten“, sagt Koautor Takeshi Tsuji. „Ich erwarte daher, dass ähnliche Reservoire anderswo im Okinawa-Becken, aber auch in anderen sedimentbedeckten Back-arc-Becken weltweit vorkommen.“ Demnach könnten auch in anderen Riftzonen noch unentdeckte Gasreservoire dieser Art verborgen sein.

Chance und Risiko zugleich

Die Entdeckung dieses neuen Typs von Gasreservoiren ist ein zweischneidiges Schwert, wie die Forscher erklären. Denn ihren Analysen zufolge enthalten sie große Mengen an Treibhausgas – Methan, Kohlendioxid oder eine Mischung aus beiden. Allein in dem von ihnen aufgespürten Vorkommen schätzen sie die Gasmenge auf rund 90 Millionen Tonnen. Sollte es sich um Methan handeln, wäre dies eine potenzielle Quelle für die Erdgasgewinnung. „Dann könnten solche Reservoire eine signifikante natürliche Ressource darstellen“, so die Forscher.

Gleichzeitig jedoch bergen die Gasvorkommen eine Gefahr: Sollten sie sich unkontrolliert entleeren, beispielsweise bei einem Erdbeben, dann würden auf einen Schlag große Mengen an Treibhausgasen freigesetzt – mit potenziell schwerwiegenden Folgen für das Klima. „Solche großen Gasreservoire entlang von Riftzonen könnten eine weitere Quelle von Treibhausgasen sein, die wir im Auge behalten müssen“, betont Tsuji. (Geophysical Research Letters, 2019; doi: 10.1029/2019GL083065)

Quelle: Kyushu University

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