Lunarer Sonderling: Der potenziell erste Exomond könnte auf ganz andere Weise entstanden sein als alle bisher bekannten Monde. Denn seine Größe und die weite Umlaufbahn um den Gasriesen Kepler-1625b passen zu keinem gängigen Mondbildungsmodell, wie ein US-Astrophysiker berichtet. Stattdessen könnte der Mond aus einem benachbarten Planetenkern entstanden sein, den der Gasriese in seiner Bildungsphase angezogen und eingefangen hat.
Rund 8.000 Lichtjahre von uns entfernt umkreist ein etwa jupitergroßer Gasriese einen sonnenähnlichen Stern – soweit nichts Ungewöhnliches. Doch Beobachtungen unter anderem mit dem Hubble-Weltraumteleskop legen nahe, dass der Exoplanet Kepler 1625b nicht allein um seinen Stern kreist: Er könnte einen Mond besitzen, der vielleicht sogar vulkanisch aktiv ist, wie Spektraldaten nahelegen. Sollte sich dies bestätigen, dann wäre Kepler-1625b-i der erste bekannte Exomond im All.
Zu groß und weit für die gängigen Modelle
Doch dieser Exomond ist ungewöhnlich: Mit einer zehnfachen Masse der Erde ist er weit größer als jeder aus dem Sonnensystem bekannte Mond. Zudem umkreist er seinen Planeten, einen Gasriesen von rund der doppelten Jupitermasse, in einer Entfernung von 45 Jupiterradien – das ist ungewöhnlich weit, wie Bradley Hansen von der University of California in Los Angeles erklärt: „Kepler 1625b-i hat damit eine Masse und einen Drehimpuls, die weit über alles hinausgehen, was wir von den Monden im Sonnensystem kennen.“
Das Problem daran: Diese Merkmale sind nicht mit den gängigen Modellen der Mondbildung vereinbar. Nach diesen entstehen die meisten Monde aus Trümmern, die im Orbit eines Planeten kreisen und sich zusammenballen. Auf diese Weise wurde der Erdmond gebildet. Einige andere Monde, wie der Saturnmond Phoebe und vielleicht auch der Marsmond Phobos, könnten ihren Ursprung in Asteroiden haben, die von der Schwerkraft des Planeten eingefangen wurden. Der Exomond von Kepler 1625b ist jedoch für diese Szenarien viel zu groß, wie Hansen erklärt.
Junger Gasriese fängt Planetenkern
Wie aber kann der Exomond Kepler 1625b-i dann entstanden sein? Auf Basis eines astrophysikalischen Modells postuliert Hansen dafür eine neue, dritte Form der Mondbildung. Dabei fängt der heranwachsende Exoplanet einen benachbarten Planetenkern ein, bevor dieser zum vollständigen Planeten werden kann. „Der Radius und die Masse des Exomonds Kepler 1525b-i sind mit den Merkmalen des Planetenkerns eines Gasriesen vereinbar“, sagt der Forscher.
Dem Szenario nach gerät dieser Planetenkern in den Schwerkrafteinfluss seines größeren Nachbarn, während dieser Gas aus seiner Umgebung anzieht. Geschieht diese Akkretion der Gashülle schnell genug, ist der Schwerkraftsog so stark, dass er den Planetenkern in eine Umlaufbahn um den jungen Gasriesen zieht. „Sollte unsere Interpretation korrekt sein, dann lässt sich dieser Exomond als Kern eines Proto-Riesenplaneten beschreiben, der vom Gas der Urwolke isoliert wurde, bevor er die Chance hatte, selbst eine Gashülle anzureichern“, sagt Hansen.
Umlaufbahn-Parameter als Indiz
In seiner Modellsimulation rekonstruierte Hansen diesen Ablauf mit einem Jungplaneten von anfänglich 30 Erdmassen und einem zweiten Planetenkern von zehn Erdmassen als dem Vorläufer des Exomonds. Aus dieser Konfiguration entstand dann tatsächlich ein Gasriese und ein Exomond in einem weiten, geneigten Orbit. „Das ist ein wichtiges potenzielles Unterscheidungsmerkmal gegenüber den traditionellen Mondbildungsmodellen: Die hierbei erzeugten Umlaufbahnen haben eine substanzielle Exzentrizität und Bahnneigung“, sagt Hansen.
Tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass der Orbit des Exomonds Kepler 1635b-i gegenüber seinem Planeten geneigt ist. Ob seine Umlaufbahn auch exzentrisch ist, konnten Astronomen aufgrund der spärlichen Daten noch nicht feststellen. Sollten künftige Beobachtungen dies allerdings bestätigen, wären dies Indizien dafür, dass Hansens Szenario zutrifft.
Der Trabant um Kepler 1625b wäre dann nicht nur der erste bekannte Exomond, er wäre auch das erste Beispiel für eine ganz neue Art der Mondbildung. (Science Advances, 2019; doi: 10.1126/sciadv.aaw8665)
Quelle: Science Advances