Kosmische Supermagnete: Bisher war unklar, warum manche massereichen Sterne extrem starke Magnetfelder besitzen. Jetzt könnten Forscher dieses Rätsel gelöst haben. Demnach kann ein solcher Magnetstern entstehen, wenn zwei massereiche Vorläufersterne miteinander verschmelzen, wie eine Simulation bestätigt. Explodiert dann ein solcher Stern, bildet sich ein Magnetar – einer der stärksten Magnete des Kosmos.
Wenn ein massereicher Stern in einer Supernova explodiert, bleibt als Relikt ein Schwarzes Loch oder ein Neutronenstern zurück – ein extrem dichter, kompakter Himmelskörper. In manchen Fällen jedoch entstehen Magnetare, Neutronensterne mit einem ungewöhnlich starken Magnetfeld. „Magnetare besitzen vermutlich die stärksten Magnetfelder im gesamten Universum – bis zu einhundert Millionen Mal stärker als das stärkste Magnetfeld, das je von Menschen erzeugt wurde“, erklärt Koautor Friedrich Röpke vom Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS).
Ursprung rätselhaft
Aber warum? Weshalb bilden sich bei manchen Supernovae keine einfachen Neutronensterne, sondern diese kosmischen Supermagneten? Schon länger haben Astronomen dafür die Vorläufersterne der Magnetare im Verdacht. Denn Beobachtungen zeigen, dass rund zehn Prozent aller massereichen Sterne ebenfalls ungewöhnlich stark magnetisiert sind. Es liegt daher nahe, dass diese Sterne bei ihrer Explosion stark magnetische Neutronensterne erzeugen.
Das Problem jedoch: Wie solche stark magnetisierten Sterne entstehen, ist ebenfalls unbekannt. Auch hier können Astronomen bislang nur spekulieren, haben aber einen Verdacht: Sie vermuten, dass diese Magnetsterne das Produkt einer Verschmelzung zweier Sterne sind. Denn die turbulenten Verwirbelungen des Sternenplasmas bei diesem Prozess könnten theoretisch dazu führen, dass starke Magnetfelder entstehen.
Sternenkollision im Computer
Allerdings: „Bis jetzt waren wir jedoch nicht in der Lage, diese Hypothese zu testen, weil es uns an den dafür nötigen Computertools fehlte“, erklärt Sebastian Ohlmann vom Max-Planck-Rechenzentrum in Garching. Das hat sich nun geändert. Ohlmann, sein Kollege Fabian Schneider und ihr Team haben eine spezielle Simulations-Software entwickelt, die die komplexen Prozesse beim Verschmelzen zweier massereicher Sterne dreidimensional nachbilden kann – mitsamt ihrer Magnetfelder.
Dadurch ist es nun erstmals gelungen, dem Ursprung der Magnetsterne – und damit möglicherweise auch der Magnetare – auf die Spur zu kommen. Für die Simulation ließen die Forscher zwei junge Sterne von acht und neun Sonnenmassen kollidieren und verschmelzen. Damit bildeten sie das Szenario nach, das unter anderem den 500 Lichtjahre entfernten Magnetstern Tau Scorpii (τ Sco) erschaffen haben könnte.
Enorme Magnetkräfte
Dabei zeigte sich: Schon bei der Verschmelzung der äußeren Hüllen beider Sterne erzeugen die miteinander verwirbelten Materieströme starke Magnetkräfte. „Wenn dann die Kerne der beiden Sterne verschmelzen, bilden sich Wirbel an der Kontaktfläche der beiden Sternenkerne, die zusätzlich zur Verstärkung der Magnetfelder beitragen“, berichten Schneider und seine Kollegen.
Am Ende der Simulation stand ein massereicher Stern von rund 17 Sonnenmassen, der den enormen magnetischen Fluss von 350 Trilliarden Gauß pro Quadratzentimeter erzeugte. „Das liegt im Bereich der Feldstärke, die bisher an der Oberfläche von Magnetsternen gemessen wurden“, erklären die Forscher. Die Computersimulation bestätigt damit, dass die physikalischen Prozesse im Verlauf einer Sternenkollision tatsächlich so starke Magnetfelder hervorrufen können.
Stellare Verjüngungskur
Und noch etwas passt ins Bild: Viele Magnetsterne erscheinen blauer und damit jünger, als sie eigentlich sein können. Sie werden daher als „Blaue Nachzügler“ bezeichnet. Auch der Magnetstern Tau Scorpii gehört zu dieser Sternenkategorie: „Auf Basis der Beobachtungsdaten scheint er jünger zu sein als fünf Millionen Jahre – das aber ist halb so alt wie alle anderen Sterne in seiner Geburtsregion“, erklären Schneider und seine Kollegen.
Den Grund dafür enthüllt nun das Modell: Offenbar wirkt die Verschmelzung der beiden Ausgangssterne wie eine Verjüngungskur. Denn durch die Vermischung des Sternenmaterials wird der resultierende Stern heißer und blauer als seine Vorläufer, wie die Simulation ergab. „Unser Verschmelzungsprodukt sieht aus wie ein gegenüber den anderen Sternen verjüngter Blauer Nachzügler“, berichten die Forscher.
Ursprung auch der Magnetare?
Nach Ansicht von Schneider, Ohlmann und ihrem Team bestätigt ihre Studie damit, dass die massereichen Magnetsterne durch die Verschmelzung von zwei Vorläufersternen entstehen können – und dass dieser Prozess gleichzeitig ihre „Verjüngung“ bewirkt. „Die Verschmelzung von Sternen bietet demnach die richtigen Bedingungen, um starke Magnetfelder zu produzieren“, so die Wissenschaftler.
Dies liefert auch Hinweise darauf, wie die rätselhaften Magnetare entstehen: „Wenn der gesamte magnetische Fluss eines solchen Sterns bis zum Kernkollaps erhalten bleibt, dann könnte ein resultierender Neutronenstern von rund zehn Kilometer Radius eine Magnetfeldstärke von zehn Billiarden Gauß an der Oberfläche haben“, berichten die Forscher. Er wäre damit ein Magnetar. (Nature, 2019; doi: 10.1038/s41586-019-1621-5)
Quelle: Universität Heidelberg