Heute sind Luftschiffe eher Sonderlinge am Himmel – nur noch selten sieht man die zigarrenförmigen Gefährte am Himmel schweben. Meist handelt es sich dabei um Blimps, Luftschiffe mit flexibler Hülle, die als fliegende Werbeleinwand, Forschungsplattform oder für touristische Rundfahrten unterwegs sind. Beim Transport von Fracht und Passagieren jedoch haben längst Flugzeuge die Rolle der alten Luftschiff-Giganten übernommen.
Effizient und umweltfreundlich
Doch es gibt erste Indizien dafür, dass sich auch beim Transport von Gütern eine Renaissance der Luftschifffahrt anbahnen könnte. Denn Zeppelin und Co haben einige Vorteile gegenüber den „klassischen“ Verkehrsmitteln zum Frachttransport. Zwar sind selbst moderne Luftschiffe deutlich langsamer als ein Flugzeug. Sie schaffen wegen ihres höheren Luftwiderstands maximal 150 Kilometer pro Stunde. Damit aber sind sie deutlich schneller als große Container- und Frachtschiffe.
Hinzu kommt: Luftschiffe können ihre Nutzlast unter geringerem Treibstoffverbrauch und mit größerer Reichweite als Flugzeuge transportieren. Weil das Traggas den Auftrieb übernimmt, werden die Motoren fast ausschließlich für den Vortrieb benötigt. „Luftschiffe sind in Bezug auf Treibstoff extrem effizient“, erklärt Isaac Henderson von der Massey University. „Das bedeutet, dass sie umweltfreundlich sind und ihr Betrieb gleichzeitig weniger Kosten verursacht.“
Kein Flugplatz nötig
Ein weiterer Vorteil: Luftschiffe können nahezu senkrecht starten und landen und lassen sich auch bei niedrigem Tempo gut manövrieren. Dadurch benötigen sie keine langen Start- oder Ladebahnen und eignen sich auch für Transporte in unerschlossene Gebiete ohne Flugplätze. „Man kann sogar auf Wasser, Schnee oder Eis landen und benötigt zum Abheben selbst vollbeladen weniger als das Vierfache der eigenen Länge“, sagt Stephen Newton, Entwicklungsleiter bei Discovery Air. „Das Luftschiff hat damit alle Vorteile eines Hubschraubers, aber nur wenige seiner Nachteile.“
Luftschiffe könnten demnach überall dort eingesetzt werden, wo viel und sperrige Fracht ohne starken Zeitdruck über große Entfernungen transportiert werden muss. Im Gegensatz zu Frachtschiffen muss ihre Ladung zudem nicht erst auf Lastwagen oder Züge umgeladen werden, um bis zu ihrem endgültigen Ziel zu gelangen – auch das könnte den Frachttransport mit Zeppelin und Co günstiger und umweltfreundlicher machen.
Bergbau, Sperrgut und Katastrophenhilfe
„Der Bergbau wird der erste große Markt für Luftschiffe sein“, prognostiziert Barry Prentice von der University of Manitoba und CEO von Buoyant Aircraft Systems International (BASI). Sein Unternehmen entwickelt zurzeit ein elektrisch angetriebenes Luftschiff, das vor allem im hohen Norden Kanadas zum Einsatz kommen soll. Dort könnten die fliegenden Frachter die in den Minen benötigten großen Maschinen in die entlegenen Abbaugebiete bringen und umgekehrt das Roherz zu Güterbahnhöfen, Häfen an der Küste oder zu Verarbeitungsanlagen transportieren.
Tatsächlich denken einige kanadische Bergbauunternehmen schon darüber nach, Luftschiffe für diese Aufgaben einzusetzen. Denn viele lukrative Abbaugebiete, darunter Vorkommen von Seltenerd-Metallen im Norden Quebecs und Chromit-Lagerstätten im Norden Ontarios, liegen hunderte Kilometer von der nächsten Straße oder Bahnlinie entfernt. Der Bau der nötigen Verkehrsinfrastruktur würde nach Schätzungen von Prentice mehr als eine Milliarde US-Dollar kosten – ein modernes Luftschiff dagegen nur rund 50 Millionen.
Doch auch für den Transport von besonders sperrigen Gütern wären Luftschiffe geeignet. Sie könnten Bauteile für Windkraftturbinen direkt zu den Offshore-Anlagen bringen, statt dass diese wie bisher erst von Tiefladern zur Küste geschafft und dann dort in Schiffe umgeladen werden müssen. Ebenfalls sinnvoll wäre der Einsatz beim Transport von Lebensmitteln, Gütern und Helfern in Katastrophengebiete. Luftschiffe könnten selbst dann noch landen, wenn Flughäfen beispielsweise durch Überschwemmungen oder ein Erdbeben zerstört sind.