Medizin

Eine Falle für Tumorzellen

Implantat könnte Früherkennung von Krebs und Metastasen erleichtern

Krebsfalle
Das Implantat der Forscher zieht Immunzellen und wandernde Krebszellen an. © University of Michigan

Eingefangene Übeltäter: Ein Implantat unter der Haut könnte künftig das Aufspüren von Krebs-Metastasen erleichtern. Denn das Gerüst aus einem Biomaterial zieht wandernde Tumorzellen effektiv an und fängt sie ein. Dies ermöglicht Medizinern, Metastasen ohne Biopsien tiefliegender Organe zu erkennen. Spannend auch: Im Implantat gefangene Immunzellen zeigen eine Krebserkrankung sogar an, bevor die ersten Tumorzellen in die Falle gegangen sind.

Hat der Tumor schon gestreut? Bei Verdacht auf Metastasen kann meist nur eine Biopsie Klarheit bringen. Sie verrät den Medizinern, ob eine bösartige Wucherung bereits andere Gewebe befallen hat. Doch die Probenentnahme ist nicht ohne Risiko: „Dies gilt vor allem für Organe wie die Lunge“, erklärt Lonnie Shea von der University of Michigan in Ann Arbor. Hinzu kommt, dass eine Metastasierung oftmals erst dann entdeckt wird, wenn sie schon in vollem Gange ist.

Gezielt angelockt

Der Forscher und seine Kollegen um Erstautor Robert Oakes präsentieren nun eine potenzielle Alternative zur klassischen Biopsie, die beide Probleme lösen könnte. Denn sie ist einerseits weniger invasiv und eignet sich außerdem zur Früherkennung: Es handelt sich um eine Krebsfalle. Dahinter steckt ein Gerüst aus einem bioverträglichen Material, das direkt unter die Haut gesetzt wird.

Der Clou: Dieses Gerüst zieht Immunzellen an und bringt sie dazu, eine attraktive Nische für wandernde Krebszellen zu schaffen. Denn Tumorzellen, die sich aus dem Primärverbund gelöst haben, siedeln sich nicht einfach irgendwo im Körper an. Sie setzen sich dort fest, wo für sie günstige Bedingungen herrschen. Genau dies nutzen die Mediziner für ihre Metastasen-Falle aus: Sie bringen die Krebszellen dazu, in das Implantat einzuwandern.

Früherkennung ohne Biopsie

„Da dieses Gerüst direkt unter der Haut liegt, ist es leicht für bildgebende Verfahren oder Biopsien zugänglich“, erklärt Shea. Wie gut sich eine Krebserkrankung und mögliche Metastasen mithilfe des Bioimplantats nachweisen lassen, testeten die Wissenschaftler an Mäusen. Dabei zeigte sich: Analysierten sie die Genexpression von Proben des im Implantat gewachsenen Gewebes, konnten sie gesunde Tiere verlässlich von kranken unterscheiden, bei denen der Krebs bereits gestreut hatte.

Doch nicht nur das: Shea und seine Kollegen wiesen Tumore mit Metastasierungspotenzial sogar nach, bevor die ersten Krebszellen überhaupt die Falle unter der Haut erreicht hatten. „Wir stellten fest, dass wir den Krebs mithilfe der Immunzellen aufspüren konnten, bevor er gestreut hatte“, berichtet Shea.

Verräterische Immunzellen

Wie kann das sein? Krebszellen haben unterschiedliche Strategien entwickelt, um dem Immunsystem zu entgehen und es zu unterdrücken. Hinweise auf solche immunsuppressiven Wirkungen zeigen sich auch in den Immunzellen, die in das Implantat einwandern, wie die Forscher erklären. Aus diesem Grund eignet sich der Ansatz nicht nur, um Tumore frühzeitig zu erkennen, sondern auch um den Erfolg von Therapien zu bewerten.

So offenbarten weitere Untersuchungen mit Mäusen: Immunphänotypische Veränderungen im Implantat lieferten Hinweise darauf, ob eine Krebsbehandlung angeschlagen hatte oder die Tumorzellen resistent gegenüber der Therapie waren. „Die Mikroumgebung in unserer synthetischen Nische fungiert als Wächter, der sowohl das Fortschreiten als auch die Rückbildung einer Krebserkrankung anzeigen kann“, konstatieren die Wissenschaftler.

Auch als Therapie geeignet?

In Zukunft, so die Vision von Shea und seinen Kollegen, könnten die Bioimplantate sogar mit Sensoren und Bluetooth ausgestattet werden, um in Echtzeit Informationen über den Therapieerfolg zu übermitteln. Das würde eine Biopsie ganz überflüssig machen. Doch die Forscher gehen noch weiter: Sie hoffen, dass ihr Ansatz eines Tages selbst zur Therapie wird.

Denn auch das haben frühere Experimente enthüllt: Das Abfangen der wandernden Krebszellen kann das Metastasen-Wachstum sogar hemmen, weil dann nicht mehr so viele Zellen die sekundären Tumore erreichen. Bevor es soweit ist, müssen weitere Studien den Nutzen der Krebsfalle jedoch erst noch bestätigen. (Cancer Research, 2019; doi: 10.1158/0008-5472.CAN-19-1932)

Quelle: University of Michigan

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