Screening für Zuhause: Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs könnten künftig mithilfe von Urinproben oder selbst durchgeführten Vaginalabstrichen erkannt werden. Denn wie eine Studie zeigt, liefert die Analyse solcher Proben verlässliche Hinweise auf fortgeschrittene Vorstufen der Erkrankung. Als Marker dienen dabei epigenetische Veränderungen. Schafft es der Ansatz in die Praxis, könnten Frauen dadurch lästige und unangenehme Besuche beim Arzt erspart bleiben.
Gebärmutterhalskrebs gehört zu den weltweit häufigsten Krebserkrankungen bei Frauen. Verursacht werden die bösartigen Wucherungen im Cervix fast immer durch Infektionen mit Viren. Siedeln sich bestimmte Typen sogenannter humaner Papillomviren (HPV) auf Dauer an, können sie Gewebeveränderungen und schließlich Gebärmutterhalskrebs auslösen. Doch es gibt gute Möglichkeiten, sich zu schützen: Wenn Mädchen und junge Frauen vor dem ersten Geschlechtsverkehr gegen die Hochrisiko-Typen der Erreger geimpft werden, beugt dies einer Krebserkrankung mit hoher Gewissheit vor.
Für Ungeimpfte ist dagegen die Früherkennung der beste Schutz: Zum Glück lassen sich schon Vor- und Frühstadien der Erkrankung gut erkennen. Bisher nutzen Mediziner dafür oft eine Kombination aus HPV- und Pap-Test. Der HPV-Test kann eine Infektion mit den Erregern nachweisen, dies bedeutet jedoch längst nicht in jedem Fall eine akute Krebsgefährdung. Beim Pap-Test wird dagegen ein Zellabstrich unter dem Mikroskop begutachtet. Er zeigt, ob die Zellen im Gebärmutterhals gesund oder krankhaft verändert aussehen.
Probennahme Zuhause
Das Problem: Viele Frauen empfinden die Untersuchung beim Gynäkologen als unangenehm oder den Gang in die Praxis als zu aufwändig. Als Folge nehmen sie die Angebote zur Früherkennung nicht wahr – und der Krebs wird dann zu spät erkannt. In manchen Regionen der Welt fehlt Patientinnen zudem der Zugang zu Ärzten, die eine Screening-Untersuchung anbieten.
Forscher suchen daher schon länger nach Möglichkeiten, die Früherkennung unkomplizierter zu gestalten. Eine mögliche Lösung präsentieren nun Belinda Nedjai von der Queen Mary University in London und ihre Kollegen. Demnach könnten Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs künftig mithilfe eines einfachen Urintests erkannt werden. Die Probe dafür nehmen die Frauen einfach selbst bei sich Zuhause.
DNA-Methylierungen als Marker
Bei früheren Untersuchungen hatte Nedjais Team festgestellt, dass sich Krebsvorstufen durch epigenetische Veränderungen wie DNA-Methylierungen nachweisen lassen. Sowohl am Erbgut von HPV-Erregern als auch an menschlichen Genen können Anlagerungen von Methylgruppen demnach Hinweise auf eine mögliche Krebserkrankung geben. Denn sie fungieren als Marker für den Aktivitätszustand der Viren und für krankmachende Modifikationen am Zellerbgut.
Die Wissenschaftler wollten nun wissen: Lassen sich solche Veränderungen mithilfe von Vaginalabstrichen oder Urinproben erkennen? Um dies herauszufinden, machten sie mit 620 Patientinnen den Test, bei denen ein HPV- oder Pap-Test zuvor einen positiven Befund ergeben hatte.
Verlässliche Unterscheidung
Für die Studie nahmen die Probandinnen Zuhause per Wattestäbchen einen Vaginalabstrich, 503 gaben zusätzlich eine Urinprobe ab. Diese Proben wurden dann für den sogenannten „S5-Test“ genutzt. Der Test misst die DNA-Methylierung der vier HPV-Typen HPV16, HPV18, HPV31 und HPV33 und schaut sich außerdem epigenetische Veränderungen in einem menschlichen Gen namens EPB41L3 an. Auf Basis der Ergebnisse wird anschließend ein Risiko-Wert berechnet.
„Wir haben festgestellt, dass der Test sowohl mit Urin- als auch mit Vaginalproben gut funktionierte“, berichtet Nedjai. „Er konnte verlässlich zwischen Frauen ohne und mit Krebsvorstufen unterscheiden.“ Konkret erkannte der Test dabei Frauen mit Gewebeveränderungen des Typs CIN 3. Anders als bei den frühen Vorstufen CIN 1 und 2 handelt es sich hierbei um fortgeschrittene Vorstufen, die sich sehr wahrscheinlich zu Krebs entwickeln werden. Mediziner raten daher meist gleich zur Entfernung des betroffenen Bereichs.
„Weiter verbessern“
Wie die Ergebnisse offenbarten, zeigte der S5-Test CIN-3-Vorstufen verlässlicher an als der alleinige Test auf die Präsenz von HPV16- oder HPV18-Erregern. Bei positiv auf HPV getesteten Frauen könnte sich der Test somit als Ergänzung eignen. Er funktioniert aber auch alleine, wie die Forscher betonen. So identifizierte der Test mindestens 85 Prozent der wahren positiven Befunde. Die Analyse des Urins schnitt dabei ebenso gut ab wie die der Vaginalabstriche.
„Wir arbeiten nun an zusätzlichen Markern, um die Trefferquote unseres Tests weiter zu verbessern“, sagt Nedjai. Gelingt dies und bestätigen weitere Untersuchungen den Nutzen der Methode, könnten in Zukunft Patientinnen auf aller Welt davon profitieren. „Zunächst käme der Test wahrscheinlich für Frauen zum Einsatz, die nicht zum Arzt gehen wollen oder können oder in deren Heimatland es bisher keine Krebsvorsorge gibt“, erklärt die Medizinerin.
Mehr Akzeptanz und geringere Kosten
Langfristig könnte der einfache und unkomplizierte Test nach Ansicht des Teams aber auch zum allgemeinen Standardverfahren werden: „Wir erwarten, dass dadurch einerseits die Akzeptanz und der Erfolg der Früherkennung steigt. Andererseits könnte der Test geringere Kosten für das Gesundheitssystem bedeuten“, so Nedjais Fazit. (NCRI Cancer Conference, Meeting 2019)
Quelle: National Cancer Research Institute