Klima

Klimawandel trifft Deutschland schon jetzt

Monitoringbericht der Bundesregierung belegt weitreichende Klimaveränderungen und Folgen

Deutschland
Die Symptome des Klimawandels sind Deutschland schon deutlich messbar – wie, zeigt der aktuelle Monitoringbericht © Harvepino/ iStock.com

Alarmierende Symptome: Der Klimawandel ist bei uns in Deutschland schon deutlich spürbar – sowohl beim Wetter als auch bei den Klimafolgen. Das ist das Ergebnis des aktuellen Monitoringberichts der Bundesregierung. Demnach liegt die Erwärmung seit 1881 in Deutschland schon bei 1,5 Grad und auch die Zahl der Hitzetage ist messbar gestiegen. Stürme, Starkregen und Dürren sorgen für immer mehr Schäden im Land.

Die globale Erwärmung und ihre Folgen gehen auch an Deutschland nicht vorüber. Auch bei uns häufen sich die Klimarekorde und Temperaturvergleiche belegen die zunehmende Erwärmung. Klimaforscher sagen zudem voraus, dass Hochwasser durch Starkregen, aber auch Stürme in Zukunft häufiger und intensiver vorkommen werden. Vor allem der Südwesten Deutschlands wird den Prognosen nach stärker von Hitze und Dürre betroffen sein.

Termperaturen
Abweichungen der Jahresmitteltemperaturen in Deutschland und global vom Mittel 1961–1990. © Monitoringbericht, Daten DWD/NOAA

1,5 Grad Erwärmung und steigende Meeresspiegel

Wie es jetzt schon um Klima und Klimafolgen in Deutschland steht, zeigt nun der neue Monitoringbericht der Bundesregierung. Demnach hat sich die mittlere Lufttemperatur in Deutschland von 1881 bis 2018 schon um 1,5 Grad erhöht – mehr als im weltweiten Durchschnitt, der noch bei knapp einem Grad liegt. Allein in den letzten fünf Jahren sind die Mitteltemperaturen dem Bericht zufolge um 0,3 Grad angestiegen.

Allerdings schwanken die Jahresmitteltemperaturen in Deutschland deutlich stärker als weltweit, wie die Messungen belegen. „Dabei handelt es sich um periodische Schwankungen von einigen Jahren bis hin zu wenigen Jahrzehnten Andauer, die eng mit den Meeresströmungen gekoppelt sind“, heißt es im Bericht. Dennoch zeige der Trend klar nach oben. Besonders stark erwärmt haben sich die südlichen und westlichen Bundesländer, der Norden und Osten liegen leicht unter dem bundesweiten Durchschnitt.

Auswirkungen hat die Erwärmung auch auf die Pegel an den deutschen Küsten: Trotz regionaler Schwankungen ist der Meeresspiegel an Nord- und Ostsee überall deutlich angestiegen, wie der Bericht aufzeigt. In Cuxhaven stieg der jährliche Tidenmittelwert demnach von rund 4,83 Metern im Jahr 1850 auf inzwischen 5,17 Meter – das sind 34 Zentimeter. In Travemünde an der Ostsee stiegen die Pegel im gleichen Zeitraum um 24 Zentimeter.

25 Prozent mehr Starkregen im Winter

Veränderungen zeigen sich ebenfalls beim Niederschlag: „Während die mittleren Regenmengen im Sommer weitestgehend unverändert geblieben sind, ist es insbesondere im Winter signifikant feuchter geworden“, so der Bericht. Insgesamt haben die winterlichen Niederschläge seit 1881 um 25 Prozent zugenommen. Nur der Nordosten liegt leicht unter diesem Durchschnittswert.

Zugenommen haben auch die Starkregen: „Die Häufigkeit von Starkniederschlägen der Dauerstufe 24 Stunden hat in Deutschland in den vergangenen 65 Jahren im Winter bereits um rund 25 Prozent zugenommen“, berichten die Forscher. Dabei zeigen die Messungen, dass diese hochwasserfördernden Wetterextreme entgegen früheren Annahmen nicht auf Süddeutschland konzentriert sind – gerade die extremsten Starkregen treten überall in Deutschland auf.

Heiße Tage
Zunahme der Tage mit mehr als 30 Grad. © Monitoringbericht, Daten DWD

Mehr heiße Tage und Hitzewellen

Das andere Extrem – Hitze und Dürre – tritt in Deutschland inzwischen ebenfalls häufiger auf. „Seit 1951 hat die Anzahl der heißen Tage im Flächenmittel von etwa drei Tagen pro Jahr auf derzeit im Mittel etwa zehn Tage pro Jahr zugenommen“, heißt es im Monitoringbericht. Während es vor 1994 noch nie mehr als zehn solcher Tage mit Temperaturen über 30 Grad gegeben hat, ist dies inzwischen häufiger der Fall – zuletzt 2003, 2015 und 2018. Besonders oft treten Hitzetage dabei im Osten und im Rhein-Main-Gebiet auf – hier sind es im Schnitt schon bis zu 18 Hitzetage pro Jahr.

Auch Hitzewellen mit mehr als 30 Grad über mindestens zwei Wochen Dauer haben in Deutschland zugenommen. „Es ist zu erkennen, dass solche extremen Hitzewellen seit den 1990er Jahren häufiger auftreten; in Hamburg fanden sich zum Beispiel im Zeitraum 1950–1993 nie solche Ereignisse, seit 1994 gab es inzwischen fünf extreme Hitzewellen“, so der Bericht.

Neue Gesundheitsgefahren

Die Folgen dieser Veränderungen listet der Monitoringbericht ebenfalls auf. Demnach sind in den besonders heißen Jahren 2003, 2006 und 2015 jeweils zwischen 6.000 und 7.500 mehr Menschen an hitzebedingten Komplikationen und Krankheiten gestorben als ohne Hitzeperiode zu erwarten gewesen wären. Die Hitzewellen fördern zudem die Ausbreitung von giftigen Cyanobakterien in Seen und Küstengebieten – auch das führt zu zunehmenden Gesundheitsgefahren.

Neue Gesundheitsrisiken bestehen jedoch auch durch die Ausbreitung hochallergener eingeschleppter Pflanzen wie der Beifuß-Ambrosie sowie durch tropische Mücken- und Zeckenarten, die sich wegen der steigenden Temperaturen in Deutschland etablieren konnten, wie der Bericht aufzeigt. Eingeschleppte Arten wie die Asiatische Tigermücke oder die Hyalomma-Zecke gelten als Überträger von potenziell gefährlichen Infektionskrankheiten.

Fogen der Erwärmung in Deutschland
Aktuelle Folgen der Klimaerwärmung in Deutschland im Überblick. © Monitoringbericht 2019

Kampf mit Wassermangel und Sturmschäden

Die Land- und Forstwirtschaft leidet dagegen vor allem unter zunehmendem Wassermangel. Dem Bericht zufolge hat die Zahl der Tage mit Bodenfeuchtewerten unter 30 Prozent seit 1961 signifikant zugenommen – vor allem in Ostdeutschland und im Rhein-Main-Gebiet. Unterhalb dieses Feuchtewerts nimmt die Photosyntheseleistung der Pflanzen stark ab und sie wachsen kaum noch. Als Folge kommt es zu Ernteeinbußen bei Nutzpflanzen – im Hitzejahr 2018 entstanden dadurch Schäden in Höhe von 700 Millionen Euro.

Schäden gibt es aber auch zunehmend an den Infrastrukturen in Deutschland. Denn vor allem Stürme und Starkregen können Straßen, Bahntrassen oder Hafenanlagen schädigen. Im Jahr 2018 entstanden dadurch an Häusern, Kraftfahrzeugen, Hausrat, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft Versicherungsschäden in Höhe von etwa 3,1 Milliarden Euro, wie das Umweltbundesamt berichtet. Laut Versicherungswirtschaft gehörte 2018 zu den vier schwersten Sturmjahren der letzten 20 Jahre.

„Die Botschaft des Monitoringberichts lautet: Die Zukunft hat uns bereits erreicht. Deutschland steckt mittendrin in der Erderhitzung, mit weitreichenden Folgen für Umwelt, Gesellschaft und Gesundheit“, sagt Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamts (UBA). „Es muss dringend vorgesorgt werden, um diesen Folgen zu begegnen.“ (Monitoringbericht 2019)

Quelle: Umweltbundesamt UBA

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