Medizin

Gesundheitsrisiko „Coffee-to-go“-Becher?

Bambusgeschirr setzt bedenkliche Mengen an Melamin und Formaldehyd frei

Coffee-to-go
Wer Einweg-Kaffeebecher nutzt, gilt als Umweltsünder. Doch sind wiederverwendbare Bambusbecher eine gute Alternative? © Vladyslav Senchenko/ iStock.com

Verstecktes Risiko: Mehrweg-Kaffeebecher und anderes Geschirr aus Bambusfasern enthält trotz seines natürlichen Images meist Kunstharze – und das kann für Verbraucher zur Gesundheitsgefahr werden. Denn bei höheren Temperaturen können diese Materialen bedenkliche Mengen von Melamin und Formaldehyd freisetzen. Experten raten daher davon ab, solche Produkte für heiße Getränke oder Speisen zu verwenden.

Ob auf dem Weg ins Büro, in der Mittagspause oder beim Stadtbummel: In Deutschland werden jede Stunde 320.000 Einwegbecher für Kaffee und andere Getränke verbraucht. Das sind pro Jahr fast drei Milliarden Stück – und entsprechend viele Tonnen Müll, die oft nicht recycelt werden und die Umwelt verschmutzen. Hinzu kommt, dass die Herstellung der „Coffee-to-go“-Becher enorm viel Wasser und Energie benötigt.

Immer mehr Verbraucher suchen daher nach Alternativen für diese Einweg-Produkte. Als vermeintlich nachhaltiger Ersatz werden ihnen dabei unter anderem Becher aus pflanzlichen Rohstoffen wie Bambusfasern und Maismehl angeboten. Sie können mehrfach verwendet werden und haben ein natürliches Image. Das Problem jedoch: Besonders umweltfreundlich oder gar biologisch abbaubar sind auch diese Produkte nicht. Die meisten Becher bestehen nicht nur aus nachwachsenden Rohstoffen, sondern enthalten Kunststoffe wie Melamin-Formaldehyd-Harze.

Potenziell reizend und krebsauslösend

Damit sind die „Coffee-to-go“-Becher und anderes Geschirr aus Bambus und Mais nicht nur weniger nachhaltig als vielfach suggeriert wird. Sie stellen für Konsumenten womöglich auch eine Gesundheitsgefahr dar, wie nun das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) warnt. Der Grund: Bei höheren Temperaturen können Melamin und Formaldehyd in bedenklichen Mengen vom Geschirr auf die darin aufbewahrten Lebensmittel übergehen – sei es durch das Einfüllen heißen Kaffees oder das Aufwärmen von Speisen in der Mikrowelle.

Forscher gehen davon aus, dass die Aufnahme hoher Mengen Melamin auf Dauer die Nieren schädigen, Blasensteine fördern und möglicherweise sogar Blasenkrebs auslösen kann. Formaldehyd gilt dagegen als haut- und schleimhautreizend und kann Krebs im Nasen-Rachen-Raum verursachen, zumindest wenn es eingeatmet wird.

Vom Becher ins Getränk

Aus diesem Grund gibt es europäische Grenzwerte, die festlegen, welche Mengen dieser Stoffe höchstens aus Produkten auf Lebensmittel übergehen dürfen. Dieser sogenannte Migrationsgrenzwert liegt für Melamin bei 2,5 Milligramm pro Kilogramm Lebensmittel und für Formaldehyd bei 15 Milligramm. Untersuchungen der Bundesländer im Rahmen des bundesweiten Monitorings zeigen allerdings, dass diese Grenzwerte immer wieder überschritten werden.

So ergaben Analysen von 56 Produkten: In einem Viertel der Proben wurde der spezifische Migrationsgrenzwert für Melamin nicht eingehalten, in elf Prozent der Proben für Formaldehyd. Dabei lagen die höchsten Werte bei Melamin um das Vierfache und bei Formaldehyd um das 19-fache über den noch als unbedenklich geltenden Werten. Außerdem enthüllten weitere Untersuchungen: Als Bambusware gekennzeichnete Produkte setzen im Mittel sogar mehr dieser Stoffe frei als Produkte aus Melamin-Formaldehyd-Harz ohne solche pflanzlichen Bestandteile.

Bambus-Kaffeebecher – umweltfreundlich, aber ungesund?© Bit Project News

Nicht für heiße Lebensmittel nutzen!

„Die Verbraucherinnen und Verbraucher denken, sie greifen zu einer umweltfreundlichen Alternative, halten dann aber ein Produkt in Händen, von dem ein gesundheitliches Risiko ausgehen kann“, erklärt BVL-Präsident Helmut Tschiersky. „Besonders bedenklich ist, dass die Übergänge von Melamin in die jeweiligen Lebensmittel bei mehrfacher Nutzung der Produkte sogar ansteigen.“

Was heißt das nun für die Liebhaber von Bambusware? Zwar muss eine einmalige Überschreitung der Grenzwerte nicht unbedingt eine Gesundheitsgefährdung bedeuten. Aufgrund der potenziellen Langzeitfolgen rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) allerdings, grundsätzlich keine Küchenutensilien und kein Geschirr aus Melamin-Formaldehyd-Harz im Kontakt mit heißen Lebensmitteln zu verwenden. Für die Verwendung solcher Produkte bei niedrigen Temperaturen, beispielsweise für kalte oder lauwarme Lebensmittel, bestehen demnach jedoch keine gesundheitlichen Bedenken.

Quelle: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit/ Bundesinstitut für Risikobewertung

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