Biologie

Was macht uns zur Couchpotato?

Epigenetische Veränderungen verwandeln Mäuse in Bewegungsmuffel

Lieber auf dem Sofa faulenzen: Was macht uns zur Couchpotato? © CHRISsadowski/ iStock.com

Programmiert zum Bewegungsmuffel: Ob jemand gerne Sport treibt oder lieber auf dem Sofa faulenzt, hängt offenbar auch vom Epigenom ab. Denn diese oft durch Umwelteinflüsse ausgelösten Veränderungen an der DNA beeinflussen die individuelle Neigung zu körperlicher Aktivität, wie Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten. Im Experiment konnten sie Mäuse auf diese Weise zu regelrechten Couchpotatos machen.

Wer ein gesundes Leben führen will, sollte in Bewegung bleiben. Denn regelmäßige körperliche Aktivität wirkt Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen entgegen, hält das Gehirn fit und das Herz jung. Die meisten von uns kennen diese Zusammenhänge: Doch während die einen noch nach Feierabend Sport treiben und auch am Wochenende viel aktiv sind, landen andere trotz guter Vorsätze immer wieder auf dem Sofa.

Woran liegt es, dass sich manche Menschen problemlos zu körperlicher Aktivität motivieren können und andere genau daran scheitern? Machen uns womöglich die Gene zu Bewegungsmuffeln? Nicht direkt, wie Forscher um Harry MacKay vom Baylor College of Medicine in Houston nun herausgefunden haben. Stattdessen könnten es epigenetische Veränderungen sein, die uns zum Couchpotato-Dasein verführen – durch Umwelteinflüsse ausgelöste Modifikationen der DNA, die die Genaktivität beeinflussen.

Folgenreiche Umwelteinflüsse

Schon länger ist bekannt, dass Umwelteinflüsse vor allem in sensiblen Entwicklungsphasen nachhaltige Folgen für die Gesundheit haben können. MacKay und seine Kollegen hatten in früheren Experimenten bereits nachgewiesen, dass solche Einflüsse bei Mäusen mitunter Auswirkungen auf den Energiehaushalt haben. Faktoren wie die körperliche Aktivität der Mutter während der Schwangerschaft oder die Ernährung kurz nach der Geburt beeinflussen demnach den Hang zu Übergewicht und auch das Bewegungsverhalten der Nager.

„Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die körperliche Aktivität durch die frühe Umgebung geprägt wird – und dass die Epigenetik eine Rolle dafür spielt“, erklärt MacKays Kollege Robert Waterland. Die Wissenschaftler wollten es daher genauer wissen: Können epigenetische Veränderungen im Gehirn bewegungsfaul machen?

Gestörte DNA-Methylierung

Für ihre Studie konzentrierten sich die Forscher auf den Hypothalamus und dort auf sogenannte AgRP-Neuronen, die unter anderem Appetit und Essverhalten steuern. Konkret blockierten sie in ihrem Experiment bei Mäusen ein Gen namens Dnmt3a, das wichtig für die DNA-Methylierung dieser Neuronen ist. Die von diesem Gen kodierte Methyltransferase sorgt vor allem in der frühen Phase nach der Geburt dafür, dass Methylgruppen an die DNA angehängt werden.

Tatsächlich fand dieser epigenetische Prozess bei den genveränderten Mäusen nicht mehr normal statt: Die DNA der AgRP-Neuronen war bei ihnen deutlich weniger stark methyliert. Doch mit welchen Folgen? Beobachtungen enthüllten, dass betroffene Nager etwas dicker wurden als ihre normalen Artgenossen.

Auffällig rennfaul

Das Spannende: Dies lag nicht etwa daran, dass diese Mäuse mehr Futter zu sich nahmen. Stattdessen waren sie weniger aktiv, wie weitere Experimente offenbarten. MacKays Team platzierte acht Wochen lang ein Laufrad im Gehege der Tiere und dokumentierte, wie viel diese rannten. Es zeigte sich: Normale Mäuse legten pro Nacht im Schnitt eine Strecke von sechs Kilometern zurück. Genetisch veränderte Tiere kamen dagegen nur auf halb so viele Kilometer – und verloren als Folge weniger Körpergewicht.

Um auszuschließen, dass körperliche Beeinträchtigungen eine Rolle für diesen frappierenden Unterschied spielten, führten die Wissenschaftler zusätzliche Untersuchungen durch. Doch die genveränderten Mäuse konnten genauso gut laufen wie ihre Artgenossen: Sie hatten die Fähigkeit, aber offenbar nicht das Verlangen dazu.

„Entscheidende Rolle“

„Unsere Beobachtungen legen nahe: Epigenetische Mechanismen wie die DNA-Methylierung, die während der fötalen oder frühen postnatalen Lebensphase im Gehirn ablaufen, spielen eine entscheidende Rolle für die individuelle Neigung zu körperlicher Aktivität“, schließt Waterland. „Da Bewegungsmangel heutzutage erheblich zur globalen Adipositas-Epidemie beträgt, ist es umso wichtiger zu verstehen, wie all das zusammenhängt.“ (Nature Communications, 2019; doi: 10.1038/s41467-019-13339-3)

Quelle: Baylor College of Medicine

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