Überraschender Wandel: Bisher bildeten die Wirbelstürme an Jupiters Südpol ein Fünfeck. Doch Anfang November kam ein Sturm hinzu und machte ein Sechseck daraus, wie Aufnahmen der NASA-Raumsonde Juno enthüllen. Für Planetenforscher war dies eine echte Überraschung. Ob sich der Zyklon-Zuwachs allerdings auf Dauer gegenüber seinen größeren Nachbarn behaupten kann, müssen künftige Vorbeiflüge der Juno-Sonde erst noch zeigen.
Als die NASA-Raumsonde Juno im Sommer 2016 den Jupiter erreichte, liefert sie erstmals nähere Einblicke in die gewaltigen Sturmmuster und Wirbelstürme des Gasriesen. Demnach reichen die starken Winde mehr als 3.000 Kilometer tief in den Planeten hinein. Zudem lösen sich die geordneten Sturmbänder an den Polen auf und stattdessen liegen dort mehrere Wirbelstürme dicht an dicht.
Exklusiver „Club der Zyklone“
Wie die Sonde enthüllte, scheinen am Nordpol neun, am Südpol dagegen sechs riesige Wirbelstürme ein stabiles Strömungsmuster zu bilden. Bei den südpolaren Stürmen war der zentrale Sturmwirbel von einem Fünfeck aus den restlichen Zyklonen umgeben. „Es schien fast, als wenn die polaren Zyklone einen privaten Club bildeten, der keine neuen Mitglieder zuließ“, erklärt Juno-Forschungsleiter Scott Bolton vom Southwest Research Institute.
Bei jedem nahen Vorbeiflug der Raumsonde schienen die Südpolstürme nahezu unverändert und das Fünfeckmuster intakt. Das warf die Frage auf, ob diese Zyklonenanordnung möglicherweise ähnlich dauerhaft sein könnte wie der Große Rote Fleck.
„Nachwuchs“-Sturm macht Pentagon zum Hexagon
Doch dann geschah etwas Neues: Bei Junos jüngstem Vorbeiflug am 3. November 2019 detektierte die Sonde plötzlich einen neuen, kleineren Sturm, der sich in das Fünfeck hineingeschoben hatte. „Daten von Junos JIRAM-Instrument zeigen, dass sich das Zyklon-Pentagon um den zentralen Wirbelsturm am Südpol zu einem Hexagon gewandelt hatte“, berichtet Juno-Forscher Alessandro Mura vom Astrophysikalischen Institut Rom.
„Dieser Neuankömmling ist kleiner als seine sechs Zyklonenbrüder – er hat etwa die Größe von Texas“, sagt Mura. Infrarotmessungen zeigten aber, dass sich dieser „Nachwuchs“-Sturm in puncto Geschwindigkeit durchaus mit seinen größeren Brüdern messen konnte: Mit einem Durchschnittstempo von gut 360 Kilometern pro Stunde kreisten seine Winde kaum langsamer als die der größeren, schon länger etablierten Polar-Zyklone.
Ist der Zuwachs von Dauer?
Damit scheint klar, dass das bisherige Fünfeck aus Zyklonen keineswegs unveränderlich ist. Offenbar lassen die Strömungen am Jupiter-Südpol es durchaus zu, dass sich das Muster ändert und neue Zyklone entstehen. Ob dieser Zuwachs jedoch von Dauer ist, bleibt vorerst offen. „Künftige Vorbeiflüge werden zeigen, ob dieser Sturm zur gleichen Größe heranwachsen wird wie seine Nachbarn“, sagt Mura.
Rätselhaft ist auch noch immer, warum der Jupiter an seinen Polen überhaupt solche Sturmwirbel besitzt. Denn bei seinem Nachbarn Saturn, ebenfalls einem Gasrieses, fehlen solche Zyklone. Stattdessen besitzt dieser eine sechseckige Ringströmung. „Diese Zyklone sind ein neues Wetterphänomen, das man zuvor weder vorhergesagt noch beobachtet hatte“, erklärt Cheng Li von der University of California in Berkeley. „Die Natur zeigt uns hier eine ganz neue Physik in Bezug auf Fluidynamik und die Funktionsweise von Gasriesen-Atmosphären.“
Juno drohte zu erfrieren
Die Entdeckung des neuen Zyklons am Jupiter-Südpol kam kurz nach einer entscheidenden Kurskorrektur der Juno-Raumsonde. „Die bisherige Flugbahn hätte die Sonde in den Schatten des Jupiter gebracht – mit möglicherweise fatalen Folgen, denn sie ist solarbetrieben“, erklärt Bolton. „Keine Sonne bedeutete daher kein Strom und es bestand das reale Risiko, dass sie einfrieren könnte.“
Doch die Berechnungen zeigten, dass Juno auf ihren 22. Orbit eine rund zwölfstündige Sonnenfinsternis bevorstehen würde. Gab es eine Möglichkeit, ihr zu entgehen? Tatsächlich kamen die NASA-Ingenieure auf eine Lösung – allerdings zu einem hohen Preis. Denn die Raumsonde musste für die Kurskorrektur ihre Antriebsdüsen zehneinhalb Stunden lang brennen lassen – fünfmal länger als jemals zuvor in ihrer Missionszeit. 73 Kilogramm ihres wertvollen Treibstoffs verbrannte sie dabei.
Glücklicherweise war das riskante und lange Manöver erfolgreich: „Dank unserer Navigatoren und Ingenieure haben wir noch immer eine Mission“, sagt Bolton. „Erst sie haben unsere Entdeckung des neuen Zyklons möglich gemacht.“ Die Forscher hoffen nun, dass kommende Vorbeiflüge von Juno am Jupiter-Südpol mehr über das Schicksal des Zyklonen-Neuzugangs verraten werden.
Quelle: NASA