Archäologie

Goldschatz in zwei Prinzengräbern

Archäologen entdeckten unberührte Gräber aus der Mykene-Zeit

Goldring
Dieser goldene Reliefring mit Bullen und Getreideähren ist nur eine der vielen wertvollen Grabbeigaben in den beiden mykenischen Prinzengräbern. © UC Classics

Unberührte Pracht: Archäologen haben in Griechenland die intakten Gräber zweier Bronzezeit-Prinzen entdeckt – mitsamt ihrer wertvollen Grabbeigaben. Die 3.500 Jahre alten Gräber enthalten unter anderem kunstvolle Schmuckstücke aus Gold, Bronze, Amethyst und Bernstein, außerdem Siegel aus Achat und ein Goldanhänger mit der ägyptischen Göttin Hathor. Die Funde zeugen vom Reichtum der Elite und den ausgedehnten Handelsbeziehungen im mykenischen Reich.

Die Mykener dominierten ab etwa 1700 vor Christus den östlichen Mittemeerraum. Diese Nachfolger der Minoer bauten prachtvolle Paläste, trieben Seehandel und schufen ihre eigene Schrift. Doch etwa um 1200 vor Christus verschwand diese Hochkultur wieder – Städte und Paläste verfielen, das Handelsnetz brach zusammen und Griechenland versank für längere Zeit in relativer Bedeutungslosigkeit. Welche Faktoren erst den rapiden Aufstieg und dann den Fall der Mykener verursachten, ist bis heute weitgehend ungeklärt.

Pylos Grab
Blick auf eines der geöffneten Gräber in Pylos. © UC Classics

Seit Jahrtausenden unberührt

Umso spannender ist ein Fund, den Archäologen jetzt im Südwesten des Peleponnes gemacht haben. In der Hafenstadt Pylos entdeckten sie gleich zwei Gräber hochrangiger Toter aus der mykenischen Ära. Trotz ihrer exponierten Lage an einem das Meer überblickenden Hang, sind die 3.500 Jahre alten Grabstätten völlig unberührt. „Es war, als wenn wir zurück in die mykenische Ära reisten“, schildert Grabungsleiterin Sharon Stocker von der University of Cincinnati.

Die beiden brunnenartigen Gräber bestehen aus sechseckigen, tief in den Untergrund reichenden Steinkammern. Zwar sind die einst kuppelförmigen Dächer der Gräber im Laufe der Jahrhunderte eingebrochen, doch die schiere Menge der fast 40.000 melonengroßen Steinbrocken schützte ihren Inhalt vor Grabräubern und den Elementen. Erst jetzt haben die Archäologen die letzte Ruhestätte der beiden Toten erstmals wieder geöffnet. Dies ist nach dem Grab eines mykenischen Kriegers schon der zweite bedeutende Grabfund in dieser Stadt.

Goldene Wände und kostbare Grabeigaben

„Schon am Ende der ersten Grabungswoche wussten wir, dass wir hier etwas wirklich Bedeutendes gefunden hatten“, sagt Stocker. Denn die Ausgrabungen enthüllten Reste einer kompletten Goldauskleidung dieser Gräber. Die beiden mykenischen Prinzen waren zudem mit reichen Grabbeigaben aus dem gesamten Mittelmeerraum bestattet worden. Sogar Bernstein von der Ostseeküste ist unter den Funden. „Diese Menschen waren für ihre Zeit sehr mondän“, erklärt die Archäologin.

Unter den Funden sind ein Achat-Siegel, auf dem zwei löwenartige Mischwesen zu erkennen sind, die ein Opfergefäß und einen Weihrauchbrenner in ihren Händen tragen. Ein Goldring zeigt das eingravierte Relief von Getreideähren, flankiert von zwei Rindern. „Soweit wir wissen, ist dies die bislang einzige Darstellung von Getreide in der Kunst der Minoer und Mykener, sagt Stockers Kollege Jack Davis.

Goldanhänger
Dieser Goldanhänger trägt das Bildnis der ägyptischen Göttin Hathor. © UC Classics

16-zackiger Stern und eine ägyptische Göttin

Rätselhaft ist bislang die Abbildung eines 16-zackigen Sterns, der in ein Artefakt aus Bronze und Gold eingraviert ist und auch auf dem Siegel auftaucht. „Das ist sehr selten – es gibt nicht viele 16-zackige Sterne in der mykenischen Ikonografie“, erklärt Stocker. Welche Bedeutung dieses Symbol in der damaligen Kultur hatte, ist bis heute ungeklärt. „Das Problem ist, dass wir kaum Texte aus der minoischen und mykenischen Ära kennen, die Auskunft über ihre Religion oder die Bedeutung ihrer Symbole geben.“

Ungewöhnlich ist auch ein goldener Anhänger, der eine Abbildung der ägyptischen Göttin Hathor trägt. „Diese Entdeckung ist auch deshalb besonders interessant, weil diese Göttin in Ägypten als Beschützerin der Toten galt“, berichtet Stocker. Dieser Fund, zusammen mit aus Ägypten importierten Edelsteinen wie Amethyst und Karneol und dem baltischen Bernstein, bestätigt, dass die Mykener zu dieser Zeit bereits weitreichenden Handel mit Luxusgütern betrieben.

Fundstücke in mehrere Schichten

„Wenn man auf eine Karte schaut, ist Pylos heute ein eher abgelegener Ort“, erklärt Stocker. „Man muss erst Berge überqueren, um dorthin zu gelangen.“ Doch vom Meer aus betrachtet sei diese Hafenstadt durchaus günstig gelegen. „Sie liegt auf dem Weg nach Italien“, so die Archäologin. „Wir lernen mehr und mehr, dass Pylos damals ein zentraler und wichtiger Ort für die bronzezeitlichen Handelsrouten war.“

Die Archäologen haben mit ihren Ausgrabungen und der Kartierung der Funde gerade erst begonnen und wollen noch weitere zwei Jahre an den Gräbern arbeiten. Mithilfe der Fotogrammmetrie und einem digitalen Modell halten sie dabei die Position und Art der Objekte in jedem Grab bis ins Detail fest. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil die Funde in so großer Zahl und in mehreren Schichten in den Gräbern liegen. „So können wir alle Schichten und ihre dreidimensionale Beziehung zueinander sehen“, sagt Davis.

Quelle: University of Cincinnati

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