Raumfahrt

Lichtsegel „reitet“ Laserstrahl

Neue Segelkonstruktion für Raumsonden zentriert sich selbständig auf einem Lichtstrahl

Lichtsegel
Integrierte Flüssigkristalle sorgen dafür, dass sich eine neue Lichtsegel-Variante automatisch in der Mitte des antreibenden Lichtstrahls hält. © M. Martin/ Rochester Institute of Technology

Raffinierte Konstruktion: Forscher haben ein Lichtsegel für Raumsonden entwickelt, das sich selbstständig auf einem Laserstrahl zentrieren kann – eine wichtige Voraussetzung für einen solchen Strahlungsantrieb. Möglich wird dies durch Flüssigkristalle im Segel, die das Licht bei seitlichem Einfall umlenken und so das Segel automatisch wieder in die Mitte des Lichtstrahls bringen.

Lichtsegel gelten als eine Technologie, mit der in Zukunft ein interstellares Reisen möglich werden könnte. Denn wenn eine Raumsonde vom Strahlungsdruck starker Laser oder der Sonne angetrieben wird, kann sie auf lange Sicht weit schneller werden als durch jeden chemischen Antrieb. Erste Prototypen solcher Lichtsegel-Sonden entwickeln zurzeit bereits Projekte wie LightSail und Breakthrough Starshot.

Das Problem der Zentrierung

Doch bisher gibt es dabei einen Haken: Wird das Lichtsegel von einem starken Laserstrahl beschleunigt, kann es zwar besonders hohe Geschwindigkeiten erreichen. Gleichzeitig aber muss sichergestellt werden, dass das Segel zentriert auf diesem Antriebsstrahl bleibt. Denn weicht es seitwärts aus oder trifft der Strahl zu schräg auf, geht der Antrieb verloren oder der Kurs stimmt nicht mehr.

Eine Lösung für dieses Problem könnten nun Forscher um Grover Swartzlander vom Rochester Institute of Technology entwickelt haben. Sie haben ein Lichtsegel konstruiert, dessen Oberflächenstruktur das Segel quasi automatisch zentriert hält. Möglich wird dies durch einen dünnen Kunststofffilm, in den Flüssigkristalle eingelagert sind. Diese bilden eine Anordnung, die wie ein symmetrisches Beugungsgitter für das Licht wirkt.

Lichtbeugung hält das Segel auf dem Strahl

Konkret bedeutet dies: Platziert man dieses Lichtsegel zentral auf einem Laserstrahl, lenken beide Seiten der Segelfläche das einfallende Licht gleichmäßig Richtung Mitte – das Segel bleibt stabil zentriert. Wird das Segel dagegen beispielsweise nur auf der rechten Seite vom Laserstrahl getroffen, strahlt diese Seite verstärkt Licht auf die linke Seite des Lichtsegels. Dadurch bekommt diese mehr Strahlungsdruck und das Lichtsegel weicht automatisch nach rechts aus. Als Folge ist das Segle wieder zentriert.

Ob dieses System tatsächlich funktioniert, haben Swartzlander und sein Team in einem Experiment getestet. Dafür hängten sie einen kleinen, nur wenige Zentimeter großen Prototyp ihres Flüssigkristallsegels in eine Messanlage und richteten einen Laserstrahl auf verschiedene Teile des Segels. Mithilfe von Sensoren ermittelten sie, wie stark die zentrierende Kraft des Beugungsgitters war.

Erster Test erfolgreich

Das Ergebnis: Tatsächlich reichte der Strahlungsdruck des umgelenkten Lichts aus, um das Segel automatisch immer wieder zu zentrieren. „Wir konnten bestätigen, dass die beleuchtete Beugungsgitter-Struktur eine optische Rückstellkraft erzeugt“, berichten die Forscher. Das belege erstmals, dass ein sich selbst zentriererndes Lichtsegel aus solchen gegenüberliegenden Beugungsgittern machbar ist.

Nach Ansicht von Swartzlander und seinem Team hätte ein solches Lichtsegel einige Vorteile: Die Nutzung von Flüssigkristallen wäre weniger aufwändig und weit günstiger als andere, nanofabrizierte Methoden der Segelzentrierung. Zudem könnte das Beugungsmuster der Flüssigkristalle im Flug elektrisch verändert werden – damit wäre eine Steuerung des Lichtsegels leicht möglich.

Wie geht es nun weiter?

Die Forscher planen, als nächstes ein fortgeschritteneres, größeres Flüssigkristall-Lichtsegel zu bauen und es im Orbit zu testen. Möglich wäre dies beispielsweise von der Internationalen Raumstation ISS aus oder auch mithilfe von kleinen Satelliten wie CubeSats oder Nanosonden. Diese fliegen als Zuladung bei anderen Missionen mit und können so vergleichsweise günstig in die Umlaufbahn gelangen.

Auch die NASA beobachtet den Ansatz der Forscher durchaus aufmerksam. Les Johnson vom Marshall Space Flight Center der NASA leitet bereits eine Machbarkeitsstudie zu Swartzlanders Lichtsegel-Projekt. Er betont jedoch, dass diese Technologie erst am Anfang steht. So müssen die Flüssigkristall-Segel unter anderem noch beweisen, dass sie auch hohen Laserintensitäten standhalten können. (Physical Review Letters, 2019; doi: 10.1103/PhysRevLett.123.244302)

Quelle: American Physical Society (APS)

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