Erfolgreiche „Pinocchios“: Talentierte Lügner können gut mit Worten umgehen und flunkern häufiger als andere, wie eine Befragung nahelegt. Menschen, die sich selbst für gute Lügner halten, verpacken ihre Unehrlichkeiten demnach gezielt in glaubhafte Geschichten anstatt vage zu bleiben und sind beim Lügen besonders „produktiv“. Interessanterweise handelt es sich dabei oft um Männer.
Lügen gilt in den meisten Gesellschaften als unmoralisch. Trotzdem lügen Menschen immer wieder, um sich Vorteile zu verschaffen – sei es die kleine Notlüge in Alltagssituationen, die Schummelei bei der Steuererklärung oder ein korruptes Geschäft im großen Stil. Viele dieser Unehrlichkeiten bleiben tatsächlich unerkannt: „Studien zeigen, dass wir Lügen schlechter durchschauen als wir denken“, erklärt Brianna Verigin von der Universität Maastricht.
Entscheidend ist dabei offenbar nicht das Talent der Belogenen, eine Lüge zu enttarnen. Viel wichtiger ist das Geschick der Lügner, wie die Forscherin und ihre Kollegen berichten. „Wir haben uns daher nun selbsternannten Lügenexperten gewidmet, um zu verstehen, wie diese Menschen flunkern“, sagt Verigin.
Lügenverhalten im Blick
Für ihre Studie befragten die Wissenschaftler 194 Probanden mit einem Durchschnittsalter von 39 Jahren – die eine Hälfte war weiblich, die andere männlich. Die Teilnehmer sollten unter anderem einschätzen, wie gut sie andere täuschen können. Außerdem wurden sie gefragt, wie häufig sie im Alltag lügen, wen sie belügen, welche Arten von Lügen sie auftischen und wie sie ihre Unehrlichkeit verpacken.
Die Auswertungen enthüllten interessante Zusammenhänge: Zum einen stellten die Forscher fest, dass sich Männer offenbar für die besseren Lügner halten. „Wir haben eine signifikante Verbindung zwischen dem Geschlecht und der subjektiv wahrgenommenen Lügenexpertise aufgedeckt. Bei Männern war es mehr als doppelt so wahrscheinlich, dass sie sich als gute Lügner einschätzten“, berichtet Verigin.
Selbsternannte Profis flunkern häufiger
Wer sich selbst für einen besonders guten Lügner hält, flunkert bevorzugt Familienangehörige, Freunde und Kollegen an. Außerdem sind diese Personen tatsächlich auch häufiger unehrlich, wie die Ergebnisse zeigten. „Die meisten Menschen lügen nicht jeden Tag. Stattdessen wird ein Großteil der Lügen durch eine relativ kleine Anzahl von erfolgreichen Lügnern in die Welt gesetzt“, erklärt Verigin. Die verbreitete Behauptung, dass jeder von uns ein- bis zweimal täglich lügt, stimme demnach wahrscheinlich nicht.
Doch was macht die fleißigen und erfolgreichen Lügner nun aus? Welche Strategien nutzen sie? Bei der Befragung zeichnete sich ab: Eine beliebte Strategie bei allen Lügnern ist das Weglassen bestimmter Informationen, um das Gegenüber zu täuschen. Bei den Lügenexperten kommt allerdings eine weitere Fähigkeit hinzu. Sie weben ihre Lüge oftmals in eine glaubwürdige Geschichte ein, die auch viele wahre Informationen enthält oder vermeintliche Fakten, die sich kaum überprüfen lassen.
Unehrliche Geschichtenerzähler
„Erfolgreiche Lügner können gut mit Worten umgehen. Sie verpacken ihre Lügen in einfachen, klaren Geschichten, die nicht so leicht angezweifelt werden“, erläutert Verigin. Nach eigener Aussage weniger talentierte Lügner bleiben beim Lügen dagegen vage und sind so weniger glaubhaft.
Den Taktiken notorischer Lügner auf die Spur zu kommen, ist nicht nur aus psychologischer Sicht interessant. Wie die Forscher betonen, könnten Einblicke in diese Strategien auch im kriminalistischen Umfeld hilfreich sein – zum Beispiel bei Verhören. (PLOS One, 2019; doi: 10.1371/journal.pone.0225566)
Quelle: University of Portsmouth