Astronomie

Naher Erdzwilling ist lebensfreundlich

Weltraumteleskop TESS findet seinen ersten erdgroßen Exoplaneten in der habitablen Zone

TOI-700 d
So könnte der gut erdgroße und in der habitablen Zone seines Sterns kreisende Exoplanet TOI-700 d aussehen. © NASA/GSFC

Volltreffer: Das TESS-Weltraumteleskop der NASA hat seinen ersten lebensfreundlichen Erdzwilling entdeckt – einen gut erdgroßen Planeten in rund 100 Lichtjahren Entfernung. Der Planet TOI-700 d umkreist seinen Roten Zwerg in der habitablen Zone und könnte daher ein mildes, lebensfreundliches Klima aufweisen. Der Heimatstern dieses Erdzwillings zeigt zudem keine explosiven Ausbrüche – auch das ist günstig für Leben, wie die Astronomen berichten.

Er ist der neue Planetenjäger der NASA: Der Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) fahndet seit April 2018 nach lebensfreundlichen Exoplaneten um rund 200.000 nahe sonnenähnliche Sterne und Rote Zwerge. Das Weltraumteleskop nutzt dafür die Transitmethode und detektiert die leichten Abschattungen, die beim Vorüberziehen eines Planeten vor seinem Stern entstehen.

In den letzten Monaten hat TESS bereits einige vielversprechende Funde gemacht, darunter einen kühlen Sub-Neptun, eine nur 31 Lichtjahre entfernte lebensfreundliche Supererde und einen „unmöglich“ nah an einem Roten Riesen kreisenden Gasriesen. Was aber noch fehlte, war der Nachweis eines echten Erdzwillings – eines erdgroßen Planeten in der habitablen Zone seines Sterns.

Orbit von TOi-700 d
So hat TESS den lebensfreundlichen Erdzwilling TOI-700 d aufgespürt .© NASA/ JPL

Planetentrio um nahen Zwergstern

Einen solchen Erdzwilling hat TESS nun aufgespürt – den ersten seiner Mission und einen von bisher erst zehn bekannten erdgroßen Exoplaneten in der habitablen Zone. Fündig wurden die Astronomen beim rund 100 Lichtjahre entfernten Roten Zwergstern TOI-700. Schon in den ersten Monaten seiner Beobachtungszeit hatte TESS dort die Transits von drei Planeten entdeckt. Weil der Stern aber ursprünglich eher als sonnenähnlich eingestuft worden war, galten alle drei Planeten als zu heiß und zu groß, um lebensfreundliche Erdzwillinge zu sein.

Doch neue Beobachtungen des TESS-Teleskops zeigen nun, dass der Stern kleiner und kühler ist als zunächst angenommen. TOI-700 hat demnach rund 40 Prozent der Sonnenmasse und ist nur halb so heiß wie sie. „Als wir die Sternenparameter korrigierten, verringerte dies auch die Größen der Planeten“, berichtet Emily Gilbert vom NASA Goddard Space Flight Center und der University of Chicago. Demnach ist der innerste Planet, TOI-700 b, etwa erdgroß, der mittlere dagegen ein wahrscheinlich gasförmiger Sub-Neptun.

TOI-700 d: Erdgroß und potenziell lebensfreundlich

Spannend jedoch ist TOI-700 d, der dritte Planet dieses Systems: „Wir erkannten, dass der äußerste Planet ungefähr die Größe der Erde hat und in der habitablen Zone des Sterns kreist“, so Gilbert. Den Beobachtungsdaten zufolge ist er rund 20 Prozent größer als die Erde und benötigt rund 37 Tage für einen Umlauf um seinen Stern. Dabei erhält der Planet etwa 86 Prozent der Strahlungsenergie, die die Erde von der Sonne bekommt.

Damit könnte dieser gut erdgroße Planet ein mildes, potenziell lebensfreundliches Klima besitzen. TOI-700 d ist der erste habitable Erdzwilling, den TESS aufgespürt hat – und erst der zehnte bisher bekannte erdgroße Planet in der habitablen Zone seines Sterns, wie die Astronomen erklären. Weitere Vertreter sind unter anderem der Planet um unseren Nachbarstern Proxima Centauri und die sieben Erdzwillinge um den 40 Lichtjahre entfernten Roten Zwerg TRAPPIST-1.

So hat TESS den lebensfreundlichen Erdzwilling TOI-700 d aufgespürt .© NASA/ JPL

Dichte Wolken und Ozeane oder ein Wüstenplanet?

Doch wie lebensfreundlich ist der neuentdeckte Erdzwilling TOI-700 d tatsächlich? Bisher reicht die Auflösung der Teleskope nicht aus, um Details zur Atmosphäre oder Oberfläche des Planeten zu enthüllen. Doch aus zusätzlichen Beobachtungen unter anderem mit dem Spitzer-Weltraumteleskop schließen die Astronomen, dass der Planet vermutlich in gebundener Rotation um seinen Stern kreist – er wendet ihm stets die gleiche Seite zu. Zudem scheint der Rote Zwerg keine starken Strahlenausbrüche mehr zu produzieren.

Wie sich dies auf das Klima von TOI-700 d auswirken könnte, haben die Forscher in einem Modell nachvollzogen. Dafür simulierten sie seine Entwicklung einmal als Ozeanplanet und einmal als von Landflächen dominiertem Wüstenplaneten. Diesen Daten zufolge könnte TOI-700 d als Ozeanwelt eine dichte, kohlendioxidreiche Atmosphäre und dichte Wolken auf der dem Stern zugewandten Seite besitzen – etwa vergleichbar mit dem Mars während seiner frühen, noch lebensfreundlichen Periode. Wäre der Planet dagegen eher wasserarm, lägen seine Temperaturen vermutlich näher am Gefrierpunkt.

Hoffnung auf Webb-Teleskop

Welches Szenario zutrifft, hoffen die Astronomen mithilfe hochauflösenderer Teleskope wie dem 2021 startenden James-Webb-Weltraumteleskop der NASA zu erfahren. „Wenn wir dann echte Spektraldaten von TOI-700 d haben, dann können wir diese mit unseren Modellsimulationen vergleichen und herausfinden, welche passt“, sagt Gabrielle Englemann-Suissa vom NASA Goddard Space Flight Center.

Die Forscher haben ihre Ergebnisse auf dem Jahrestreffen der American Astronomical Society in Honolulu vorgestellt und bereits drei Fachveröffentlichungen dazu bei Fachjournalen eingereicht. ( 235th Meeting of the American Astronomical Society; arXiv:2001.00952; arXiv:2001.00954; arXiv:2001.00955)

Quelle: NASA/ Jet Propulsion Laboratory

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