Archäologie

Keilschrifttafel enthüllt assyrischen Dämon

Kreatur mit Hörnern und Schwanz könnte den krankmachenden Dämon Bennu darstellen

Keilschrifttafel
Foto und Zeichnung der assyrischen Keilschrifttafel mit der 2.700 Jahre alten Abbildung eines Dämons am unteren Ende. © Troels Pank Arboell, Foto: Olaf M. Tessmer/ Vorderasiatisches Museum Berlin

Spannender Einblick: Auf einer assyrischen Keilschrifttafel hat ein Forscher die 2.700 Jahre alte Abbildung eines Dämons entdeckt – eine echte Rarität. Das Wesen mit Hörnern, Schwanz und gespaltener Zunge ist eine der detailliertesten Darstellungen eines Dämons aus dem alten Mesopotamien, wie der Archäologe berichtet. Möglicherweise handelt es sich dabei um Bennu, den Dämon, den die Assyrer für den übernatürlichen Verursacher der Epilepsie hielten.

Das Reich der Assyrer gilt als das erste Großreich der Weltgeschichte. Vor rund 2.700 Jahren erstreckte es sich von Ägypten über Mesopotamien bis an den Persischen Golf. Tausende von Tontafeln mit Keilschrifttexten zeugen bis heute von der fortgeschrittenen Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft dieser Zivilisation. Auch zahlreiche medizinische Texte der Assyrer sind bis heute überliefert. Allerdings: Für die Assyrer waren Medizin, Magie und Astrologie eng miteinander verknüpft.

Ein Dämon als Epilepsie-Verursacher

Davon zeugt nun auch ein spannender Fund auf einer 2.700 Jahre alten Keilschrifttafel aus den Ruinen der assyrischen Stadt Assur. Die BAM 202 getaufte Tafel gehört zu einer ganzen Reihe von magisch-medizinischen Texten, die einst zur Bibliothek eines Beschwörungspriesters gehörten – eines Exorzisten. „Im alten Mesopotamien sah man in Symptomen wie unwillkürlichen Bewegungen und abnormalem Verhalten die Folge übernatürlicher Einwirkungen durch Götter oder Dämonen“, erklärt Troels Pank Arbøll von der Universität Kopenhagen.

Dies galt insbesondere für die Epilepsie: Die Assyrer hielten einen Dämon für den Verursacher dieser Krampfanfälle, wie aus einer diagnostischen Fallbeschreibung auf der Keilschrifttafel hervorgeht: „Ein Mann zuckt in seinem Bett, schreit wie eine Ziege, stöhnt, zittert und spricht wirr – das ist die Hand des Bennu-Epilepsie – eines dem Mondgott Sin unterstellten Dämons“, so der Text. Wie allerdings dieser Bennu-Dämon genau aussieht, blieb bislang unklar.

Dämon 2
Zeichnung der Dämonen-Darstellung. © Troels Pank Arboell

Hörner, Schwanz und eine gespaltene Zunge

Jetzt könnte Arbøll eine erste Darstellung dieses Epilepsie-Dämons entdeckt haben. Denn auf der Rückseite der Keilschrifttafel mit der Epilepsie-Fallbeschreibung sind unter dem Text feine, eingeritzte Linien zu erkennen, die lange Zeit nicht weiter beachtet wurden. Doch wie der Forscher nun herausfand, handelt es sich dabei offenbar um eine zum Text gehörende Illustration. „Dies passt zur Rekonstruktion der letzten Zeile der Tafel, die lautet: ‚Das Bild der göttlichen Bennu-Epilepsie, Diener von Sin'“, so Arbøll. Direkt danach folge die Zeichnung.

Dargestellt ist ein zweibeiniges, aufrechtes Wesen mit gekrümmten Hörnern, einer gespaltenen Schlangenzunge und einem Reptilien-Auge, wie Arbøll berichtet. „Das Wesen scheint mit schlecht erhaltenen Schuppen oder Fell bedeckt zu sein“, so der Forscher. Neben dem linken Bein dieser Kreatur ist zudem ein langer Schwanz zu erkennen und die Füße scheinen Klauen zu tragen.

Erstes Porträt des Bennu-Dämonen?

Damit könnte diese Zeichnung einen Dämon darstellen – möglicherweise sogar Bennu. „Es scheint plausibel, dass dieser Dämon eine Version der Bennu-Epilepsie repräsentiert“, sagt Arbøll. „Dies wäre die erste Darstellung dieses Dämons auf einer Keilschrifttafel.“ Wie genau der Bennu-Dämon nach Ansicht der Assyrer aussah, geht aus den bisher bekannten Keilschrifttexten nicht hervor. Es gibt aber andere Dämonen, die den Beschreibungen zufolge Hörner und eine gespaltene Zunge besitzen sollten.

Die auf der Keilschrifttafel BAM 202 entdeckte Zeichnung des Dämons ist jedoch in jedem Falle eine echte Rarität. Denn bisher kennt man von assyrischen Keilschrifttafeln nur eine Handvoll solcher Dämonen-Abbilder. „Die Abbildung auf BAM 202 ist nicht nur eine der detailliertesten Darstellungen eines Dämons aus dem alten Mesopotamien, sie ist auch ein einzigartiges Zeugnis dafür, wie der gelehrte Schreiber sich seinen dämonischen Feind vorstellte“, sagt Arbøll. (Le Journal des Médecines Cunéiformes, 2019-33)

Quelle: Le Journal des Médecines Cunéiformes/ Troels Pank Arbøll, Livescience

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