Die Wieder-Ausbreitung der Wölfe in Deutschland bringt neue Konflikte und Gefahren mit sich – und zwar nicht nur für uns Menschen, sondern auch für die Raubtiere.
Gefahr durch Verkehr und illegale Abschüsse
Wölfe sind ausdauernde Läufer und können in 24 Stunden über 70 Kilometer zurücklegen. Dabei können sie Flüsse durchschwimmen und stark befahrene Straßen überqueren. Doch der Straßenverkehr wird den Wölfen in unserer dicht besiedelten Landschaft oft zum Verhängnis. Im Zeitraum von 2000 bis Dezember 2019 starben 307 Wölfe durch Verkehrseinwirkungen.
Problematisch sind weiterhin illegale Abschüsse. Der Wolf ist in Deutschland nach europäischem und nationalem Recht streng geschützt und darf nicht getötet werden. Für Einzelfälle, in denen ein Wolf problematisches Verhalten zeigt, kann nach ausreichender Bewertung eine Ausnahmeregelung getroffen werden. Zuletzt war dies in Sachsen 2018 der Fall, als ein Wolf zwei Hunde tötete.
Ein unbegründeter Abschuss ist allerdings eine Straftat und kann mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden. Seit der Wiederbesiedlung wurden in Deutschland 43 Wölfe illegal geschossen, die Dunkelziffer könnte aber noch höher sein. Wird ein toter Wolf gefunden, dann wird er im Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin auf Todesursache, parasitären Befall und Krankheiten untersucht.
Wie gefährlich kann der Wolf dem Menschen werden?
Eines ist klar: Der Wolf ist kein Kuscheltier! Generell ist er aber ein scheues Wildtier und sucht nicht aktiv die Nähe zu Menschen. So sind seit 1950 in Europa nur drei Fälle belegt, in denen nicht tollwütige Wölfe Menschen angegriffen oder getötet haben. Trotzdem kann es vorkommen, dass sich Wölfe Ortschaften nähern. Häufig handelt es sich dabei um junge, neugierige Wölfe oder sogenannte „Wanderwölfe“, die auf der Suche nach einem eigenen Territorium ihr elterliches Rudel verlassen haben.
Von diesen Tieren geht zunächst keine Gefahr für den Mensch aus. Trifft ein Mensch jedoch in Begleitung eines Hundes auf einen Wolf, kann der Wolf, der Hunde als Sozialpartner ansieht, situationsbedingt dem Hund mit Aggression, Spiel- oder auch Paarungsverhalten gegenübertreten. Für die Annahme, Wölfe würden ihre Scheu gegenüber Menschen verlieren, wenn sie nicht bejagt werden, gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg. Allerdings können Wölfe ihre Vorsicht aufgeben, wenn Futter im Spiel ist, beispielsweise in Form von Komposthaufen oder der gezielten Fütterung. Dieses Verhalten kann auch bei anderen Wildtieren, wie Wildschweinen und Füchsen, beobachtet werden.
Wie verjage ich einen Wolf?
Sollte man einem Wolf begegnen, kann man versuchen, ihn durch lautes Klatschen und Rufen zu vertreiben. Generell gilt im Umgang mit Wölfen und anderen Tieren: weder annähern noch füttern! Zeigt ein Wolf ein auffälliges Verhalten, werden Wolfsexperten herangezogen, um die Situation zu beobachten und zu bewerten. Nicht selten muss zunächst geklärt werden, ob das Tier überhaupt ein Wolf ist oder ein Wolfshund, der seinem Namensvetter zum Verwechseln ähnlich sieht.
Im Ernstfall droht einem Wolf die „Entnahme“, also der Abschuss. Vielfach wird gefordert, den Wolf in das Jagdgesetz aufzunehmen, um einen Abschuss „problematischer Tiere“ zu erleichtern. Naturschutzorganisationen lehnen eine solche Gesetzesänderung aber als unnötig und nicht mit dem Schutz des Wolfes vereinbar ab: „Der wahllose Abschuss von Wölfen ist kein Ersatz für Herdenschutz, mit EU-Recht unvereinbar und zudem unwirksam, da jederzeit neue Wölfe einwandern können“, sagt Magnus Wessel vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Zudem sei der Abschuss von „Problemwölfen“ auch nach aktueller Gesetzeslage möglich.
Autorin: Michelle Müller/ Forschung Frankfurt