Überraschende Entdeckung: Astronomen haben erstmals eine „Sternenfinsternis“ beim Stern Alpha Draconis beobachtet – er war vor 4.700 Jahren unser Nordstern. Wie das TESS-Weltraumteleskop nun enthüllt, ist Alpha Draconis ein Doppelstern, dessen Partner regelmäßig voreinander vorbeiziehen. Der Polarstern der alten Ägypter gehört damit zu den bedeckungsveränderlichen Sternen – eine auch für die Forscher überraschende Erkenntnis.
Der Nordstern half schon unseren frühen Vorfahren dabei, sich am Himmel zu orientieren. Denn er steht nahe am Himmelsnordpol und verändert seine Position im Jahreslauf nur wenig. Heute ist der hellste Stern im Sternbild Kleiner Bär der Polarstern. Doch das war nicht immer so: Weil die Erdachse im Laufe der Jahrtausende eine Kreiselbewegung durchführt, stand zur Zeit der alten Ägypter vor rund 4.700 Jahren ein Stern im Sternbild Drache am Himmelsnordpol: der 270 Lichtjahre entfernte Alpha Draconis, arabisch auch Thuban genannt.
Rätselhafte Helligkeitsschwankungen
Eigentlich ist dieser ehemalige Polarstern altbekannt und gut untersucht – dachte man jedenfalls. So haben Astrononen herausgefunden, dass Thuban in Wirklichkeit ein Doppelsternsystem ist: Ein sehr heißer Stern von gut vierfacher Sonnengröße wird von einem nur halb so großen und kühleren Partner in einem exzentrischen Orbit umkreist. Beide Partner sind dabei etwa so weit voneinander entfernt wie Merkur und Sonne – für Doppelsterne ist dies ein eher weiter Abstand.
Doch 2004 entdeckten Astronomen ein merkwürdiges Phänomen: Alpha Draconis zeigt kleine Helligkeitsschwankungen, die sich etwa einmal in der Stunde wiederholen – und sich bisher nicht eindeutig erklären lassen. Die Forscher spekulierten unter anderem, ob Schwerkrafteinflüsse des kleineren Partners den Primärstern zum Pulsieren bringen. „Es war diese Möglichkeit, die uns dazu brachte, die vom TESS-Weltraumteleskop aufgezeichneten Lichtkurven dieses Sterns zu untersuchen“, erklären Timothy Bedding von der University of Sydney und seine Kollegen.
Wechselseitige Bedeckung
Das überraschende Ergebnis: Entgegen früheren Annahmen zeigt der alte Nordstern Alpha Draconis regelmäßige Sternenfinsternisse. Dabei umkreisen die beiden Partner einander so, dass sie immer wieder voreinander vorbeiziehen und sich dabei wechselseitig verdecken. Dabei folgt rund 38 Tage nach der Eklipse des größeren Primärsterns die Eklipse des kleineren Sekundärsterns, wie die Astronomen berichten.
Alpha Draconis erweist sich damit nun als bedeckungsveränderlicher Stern – als ein Doppelstern, dessen Helligkeit durch regelmäßige Sternenfinsternisse schwankt. Der alte Nordstern gehört sogar zu den hellsten bisher bekannten Vertretern dieser Sternenkategorie, wie Bedding und sein Team erklären.
„Wie konnten wir das nur übersehen?“
„Die erste Frage, die einem dabei einfällt ist: Wie konnten wir dies bisher bloß übersehen?“, sagt Angela Kochoska von der Villanova University. Ein Grund für die späte Entdeckung ist wahrscheinlich die relativ kurze Dauer der Eklipsen: Sie dauern jeweils nur rund sechs Stunden und sind daher leicht zu verpassen, wie die Forscherin erklärt.
Ein weiterer Grund: Die Helligkeitsveränderungen durch diese wechselseitigen Bedeckungen sind sehr schwach: „Die beiden von TESS aufgezeichneten Eklipsen haben Tiefen von neun und zwei Prozent“, berichten Bedding und sein Team. Ihren Angaben zufolge spricht dies zudem dafür, dass die beiden Sterne von uns aus gesehen nicht genau mittig voreinander vorbeiziehen, sondern um einige Grad versetzt. Es handelt sich nur um partielle Bedeckungen, so die Astronomen.
Kurzzeit-Schwankungen bleiben rätselhaft
Das Problem jedoch: Auch wenn Thuban nun zu den veränderlichen Sternen gehört, erklärt dies noch nicht die 2004 beobachteten Helligkeitsschwankungen. Denn diese hatten eine Periode von weniger als einer Stunde – viel zu wenig, um mit den Bedeckungen verknüpft zu sein. Gleichzeitig aber konnten Bedding und sein Team diese Schwankungen in ihren Analysen von Alpha Draconis nicht bestätigen:
„Abgesehen von den Eklipsen zeigt die Lichtkurve keinerlei Belege für eine Variabilität“, berichten die Forscher. „Wir können Helligkeitsschwankungen mit kürzerer Periode als acht Stunden bis zu einer Ebene von zehn Millionsteln ausschließen.“ Ob sich die Astronomen damals schlicht geirrt haben oder ob es diese Schwankungen vielleicht doch gab, bleibt damit vorerst offen.
Die Astronomen planen aber, den alten Nordstern Alpha Draconis in Zukunft noch genauer zu untersuchen und auch das TESS-Weltraumteleskop wird diesen Stern weiterhin im Auge behalten. (Research Notes of the American Astronomical Society, 2019; doi: 10.3847/2515-5172/ab5112)
Quelle: NASA