Gewaltige Bewegung: Theoretisch vorhergesagt haben Astronomen dies schon länger, aber jetzt haben sie es beobachtet. In großen Galaxienhaufen schwappen manchmal gewaltige Gasmassen hin und her – in Bewegung versetzt durch die Schwerkraftturbulenzen bei internen Kollisionen. Diese Simulation zeigt die Gasbewegung im Perseus-Cluster anhand der Temperatur (links) und der Dynamik.
Galaxienhaufen gehören zu den größten Objekten im Kosmos. Sie können tausende von Einzelgalaxien und Gaswolken in sich vereinen. Auch unsere Milchstraße ist gemeinsam mit der Andromedagalaxie und zahlreichen Zwerggalaxien Teil eines solchen Clusters, der Lokalen Gruppe. Im Laufe der Zeit kommt es in Galaxienhaufen durch Schwerkraftwechselwirkungen immer wieder zu Kollisionen und Verschmelzungen von Galaxien – auch die Milchstraße hat dies durchlebt.
Doch Galaxienhaufen enthalten nicht nur Sterne und Galaxien – zwischen diesen existieren auch große Mengen an heißen Gasen und Plasma. Durch Wechselwirkungen aufgeheizt, können sie bis zu 50 Millionen Grad heiß sein und große Mengen an energiereicher Strahlung aussenden. Wie sich dieses heiße Plasma in einem Cluster bewegt, war allerdings bislang unklar – es gab nur theoretische Modelle.
Plasma in Bewegung
Jetzt haben Astronomen um Jeremy Sanders vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching erstmals einen direkten Blick in das Herz großer Galaxiencluster geworfen. „Wir wählte dafür zwei massereiche, helle und gut untersuchte Galaxiencluster aus – Perseus und Koma – und kartierten erstmals, wie sich ihr Plasma bewegt“, erklärt Sanders. Möglich wurde dies dank der hohen Auflösung des europäischen Röntgenteleskops XMM-Newton.
Die vom Perseus-Cluster ausgehende Röntgenstrahlung enthüllte, dass sich das heiße Plasma im Galaxienhaufen heftig bewegt: Es schwappt in gewaltigen Wellen hin und her wie Wasser in einem durch die Gegend geschwenkten Eimer. Es ist das erste Mal, dass Astronomen dieses Schwappen sichtbar gemacht haben.
Temperatur und Dynamik machen Schwappen sichtbar
Die Aufnahme oben zeigt auf den Röntgendaten basierende grafische Simulationen, die zeigen, wie sich das Plasma im Perseus-Cluster verhält. Im linken Bildteil kennzeichnen die Farben Unterschiede in der Temperatur des heißen Plasmas, rechts ist die Geschwindigkeit der Gasbewegung in Farben übersetzt.
Wie die Astronomen herausfanden, liegt die Ursache des Schwappens in kleineren „Unterklumpen“ von Galaxien innerhalb des Clusters. Diese kollidieren und verschmelzen mit dem Hauptteil des Galaxienhaufens und erzeugen dabei Turbulenzen im Gravitationsfeld, dass alles zusammenhält. Als Folge davon gerät auch das intergalaktische Plasma in Schwappen. Nach Schätzungen der Forscher könnte diese Bewegung des Plasmas noch mehrere Millionen Jahre lang anhalte, bevor sie langsam nachlässt. (Astronomy & Astrophysics, 2019; doi: 10.1051/0004-6361/201936468)
Quelle: ESA