Längst haben wir Menschen unseren Planeten nachhaltig und messbar geprägt: Wir verändern chemische und biologische Kreisläufe, beeinflussen das Klima, bauen ganze Landschaften und Ökosysteme um. Nach Berechnungen des US-amerikanischen Umweltwissenschaftlers Erle Ellis sind heute mindestens 75 Prozent der bewohnbaren Erdoberfläche vom Menschen überformte Natur. Er nennt diese Lebensräume Anthrome, abgeleitet vom biowissenschaftlichen Begriff der Biome.
Fachleute sprechen daher inzwischen von einem menschengemachten Zeitalter: Im Anthropozän gestaltet nicht mehr vorwiegend die Natur die Erde, sondern der Homo sapiens. Unsere Spezies ist demnach zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren der Prozesse im Erdsystem geworden – und hinterlässt ihren Fußabdruck sogar in den geologischen Schichten.
„Geologie der Menschheit“
Es war Paul Crutzen, der im Jahr 2000 erstmals die Idee formulierte, dass der Mensch ein neues geochronologisches Zeitalter eingeleitet haben könnte. Fünf Jahre zuvor hatte der niederländische Chemiker und Atmosphärenforscher gemeinsam mit zwei Kollegen den Chemie-Nobelpreis erhalten: für den Beweis, dass die schützende Ozonschicht der Erde durch die Emissionen menschengemachter Industriegase zunehmend ausdünnt.
Zunächst sprach Crutzen auf einer Konferenz vom Anthropozän. Gemeinsam mit dem US-amerikanischen Biologen Eugene Stoermer brachte er den Begriff kurz darauf auch in einer offiziellen Veröffentlichung als Bezeichnung für eine neue geologische Epoche ins Spiel. Später sprach er im renommierten Fachmagazin „Nature“ von einer „Geologie der Menschheit“.
Eine Idee etabliert sich
Die Beobachtung, dass sich die Menschen zu einer dominierenden Kraft auf der Erde entwickelt hatten, war damals allerdings nicht neu: Bereits 1873 hatte der italienische Geologe Antonio Stoppani von einer anthropozoischen Ära geredet. Andere Forscher nutzten später Begriffe wie Anthropozoikum oder bezeichneten den Menschen als einen geologischen Agenten.
Mit Crutzen jedoch begann sich das Konzept eines menschengemachten Zeitalters in der Wissenschaft zu etablieren – und sollte jahrelang intensiv diskutiert werden.