Welche in den Erdschichten abgelagerten Stoffe sollen als Referenz für die neue Epoche dienen? Um das Anthropozän zu charakterisieren, suchen Forscher nach dem sogenannten GSSP (Global Stratotype Section and Point) oder „Golden Spike“ („Goldener Nagel“): Ein Signal im Boden, das den Beginn dieser Ära markiert. Das kann das Auftreten bestimmter Fossilien sein oder eine Veränderung in der Isotopenzusammensetzung des Gesteins.
Ist ein solches stratigraphisches Signal gefunden, wird in der Regel ein möglichst repräsentatives Sedimentgestein ausgewählt, in dessen Schichtfolge sich der Übergang von der alten zur neuen Epoche deutlich zeigt. Als GSSP für den Beginn des Holozäns gilt zum Beispiel ein Eisbohrkern aus Nordgrönland: In ihm dokumentieren Isotopenwerte den schnellen Temperaturanstieg in dieser Phase.
Neue Minerale
Woran aber lässt sich das Anthropozän festmachen? Eine die Geologie direkt betreffende Veränderung ist die Bildung neuer Minerale: Studien legen nahe, dass der Mensch die Vielfalt solcher kristallinen Verbindungen so rapide erhöht hat wie kaum ein Ereignis zuvor. Immerhin 208 der offiziell 5.208 Mineralarten konnten demnach erst durch unsere Aktivität entstehen. Vor allem der Bergbau und die Metallverarbeitung schufen dabei die Voraussetzungen für neue Verbindungen.
„Diese Minerale und mineralähnlichen Verbindungen werden in der geologischen Schichtenfolge der Zukunft als globaler Horizont neuer kristalliner Verbindungen herausstechen“, erklärt Edward Grew von der University of Maine. „Sie werden als dauerhaftes Kennzeichen dafür erhalten bleiben, dass unser Zeitalter sich von allen vorhergehenden unterscheidet.“
Abgelagerte Technik
Andere Forscher schlagen dagegen vor, das Anthropozän anhand sogenannter Technofossilien zu charakterisieren – technischen Objekten und Strukturen, die eingebettet in geologische Schichten erhalten bleiben und von der Dominanz der Menschheit zeugen. Das können zum Beispiel Plastikteile, Betonreste oder Relikte von Fabriken, Brücken oder Maschinen sein. „Die Technosphäre hat schon jetzt einen tiefen Abdruck auf unserem Planeten hinterlassen“, sagt Jan Zalasiewicz von der University of Leicester.
Als charakteristische Spur gilt auch der Niederschlag radioaktiver Elemente, die sich in den Erdsedimenten wiederfinden. Denn durch die Atombombentests zwischen 1945 und 1963 wurden diese Radionuklide weltweit verbreitet und sind an vielen Stellen klar als mögliche Schichtgrenze nachweisbar.
Verräterische Fossilien
Doch sogar allein anhand fossiler Funde landlebender Säugetiere könnte sich das Anthropozän dingfest machen lassen, wie Roy Plotnick von der University of Illinois in Chicago und Karen Koy von der Missouri Western State University in St. Joseph kürzlich in einem Fachartikel erklärt haben. Der Grund: Die Fossilien aus unserer Ära werden vorwiegend aus domestizierten anstatt aus wilden Tieren bestehen. Auch der Zustand der Fossilien und ihre Fundorte werden demnach stark durch unser Wirken geprägt sein.
Darüber hinaus sind nach Ansicht der Forscher auch unsere Friedhöfe ein charakteristisches Merkmal des Anthropozäns. „In der fernen Zukunft wird man in der Fossilschicht von heute eine enorme Anzahl kompletter Menschenskelette finden – alle in Reihen nebeneinander gelegt“, sagt Plotnick. „Zusammengenommen dürften diese Fossilien einzigartig in der Erdgeschichte sein und dabei helfen, die Grenzen der vorgeschlagenen Epoche zu erkennen.“