Astronomie

Wie „kalt“ ist die Dunkle Materie?

Astronomen engen Masse und Temperatur der Dunkle-Materie-Teilchen weiter ein

Gravitationslinseneffekt
Astronomen haben die "Temperatur" der Dunklen Materie näher eingegrenzt – mithilfe des von Gravitationslinsen verzerrten und verstärkten Lichts ferner Quasare. © NASA/ ESA, STScI

Subtile Signale: Forscher haben die „Temperatur“ der Dunklen Materie näher eingegrenzt – und dadurch eine neue Untergrenze für die Masse und kinetische Energie der geheimnisvollen Dunkle-Materie-Teilchen ermittelt. Dafür analysierten sie subtile Veränderungen im Lichtfluss ferner Quasare, die durch Dunkle Materie verursacht werden. Das Ergebnis bestätigt zwar das gängige „Cold Dark Matter“-Modell – schließt aber auch eine „warme“ Dunkle Materie nicht komplett aus.

Obwohl die Dunkle Materie überall im Kosmos präsent ist, ist noch immer völlig unbekannt, woraus sie besteht. Klar scheint nur, dass es sich um Teilchen handeln muss, die über die Schwerkraft mit normaler Materie interagieren, aber sonst so gut wie gar nicht. Nach dem gängigen „Cold Dark Matter“-Modell sollen diese Teilchen massereich und eher „kalt“ sein – kalt bedeutet hier eine im Verhältnis zur Lichtgeschwindigkeit langsame Bewegung. Als vielversprechendste Kandidaten dafür gelten die „Weakly Interacting Massive Particles“ (WIMP), aber auch „Strongly Interacting Massive Particles“ (SIMP).

Gravitationslinseneffekt
Durch den Gravitationslinsen-Effekt erscheint der Quasar vergrößert und in vier "Kopien". Diese geben Aufschluss über die Schwerkraftverteilung in der Vordergrundgalaxie – und derern Dunkle Materie. © NASA/ ESA and D. Player (STScI)

Doch es gibt auch Modelle, die leichtere, „wärmere“ Teilchen der Dunklen Materie postulieren. Kandidaten dafür wären unter anderem sterile Neutrinos – eine bisher nicht nachgewiesene vierte Neutrino-Variante – oder Axionen. Beide Teilchen wären hundert bis Milliarden Mal leichter als ein Elektron.

Verstärktes Licht als „Thermometer“

Um das Spektrum für die Dunkle-Materie-Teilchen weiter einzugrenzen, haben nun Jen-Wei Hsueh von der University of California in Davis und seine Kollegen das Licht ferner Quasare als eine Art kosmisches „Thermometer“ genutzt. Sie analysierten dafür die Helligkeit und den Lichtfluss von sieben Quasaren, deren Strahlung durch die Schwerkraft von im Vordergrund liegenden massereiche Galaxien verstärkt wird.

Diese Gravitationslinsen erlauben es den Astronomen, subtile Veränderungen im Lichtfluss zu detektieren, die durch die Dunkle Materie im Vordergrund hervorgerufen wird.
Der Clou dabei: Den Modellen zufolge erzeugen Dunkle-Materie-Teilchen je nach Masse und „Temperatur“ unterschiedlich große Strukturen oder „Klumpen“ im detektierten Licht. Daher kann die Verteilung des Lichtflusses indirekt Aufschluss über Masse und „Kälte“ der Teilchen geben.

„Wenn die Teilchen der Dunklen Materie leichter und wärmer sind und sich schneller bewegen, können sie im Lichtfluss nur Strukturen bis zu einer bestimmten Mindestgröße erzeugen“, erklärt Hsuehs Kollege Chris Fassnacht. „Unterhalb dieser Größe würden sie einfach ausschmieren.“ Sind die Teilchen dagegen kälter und langsamer, müssten auch kleinteiligere Strukturen zu erkennen sein.

Untergrenze für Teilchen weiter eingegrenzt

Die Analysen ergaben: Die Merkmale des Lichtflusses passen zum „Cold Dark Matter“-Modell und damit zu massereichen, langsameren Teilchen der Dunklen Materie. Die Forscher ermittelten als untere Grenze für die Masse und kinetische Energie dieser Teilchen einen Wert von rund 5,58 Kiloelektronenvolt. Dieser Wert stimme gut mit dem erst kürzlich mit einer anderen Methode ermittelten Wert von 5,3 überein, berichten Hsueh und seine Kollegen.

Allerdings: Auch mit dieser Untergrenze können die Astrophysiker eine zumindest „lauwarme“ Dunkle Materie nicht ausschließen. Sie hoffen daher, ihre Ergebnisse durch Messungen an weiteren Gravitationslinsen noch zu präzisieren. „Wir müssen rund 50 Objekte anschauen, um sagen zu könne, wie warm die Dunkle Materie sein darf“, sagt Fassnacht. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2020; doi: 10.1093/mnras/stz3177)

Quelle: University of California – Davis

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