Archäologie

Älteste Morde Österreichs aufgedeckt

Opfer kamen vor 9.000 und 7.000 Jahren gewaltsam zu Tode

Mordopfer aus Pöttsching
7.000 Jahre altes Skelett aus Pöttsching: Der Tote starb durch brutale Gewalteinwirkung. © Dorothea Talaa

Brutal getötet: Forscher haben zwei Jahrtausende alte Todesfälle als Morde enttarnt. Ihre Analysen der Knochenfunde aus Österreich enthüllen: Der Mann und der Jugendliche starben vor 9.000 und 7.000 Jahren jeweils durch brutale Gewalteinwirkungen. Sie wurden mit Beilen oder Knüppeln geschlagen und im Falle des Jungen zudem durch einen Pfeil verletzt. Es handelt sich damit um die ältesten Mordopfer Österreichs.

Der Hang zu Gewalt, Mord und Totschlag scheint dem Menschen in die Wiege gelegt: Schon unter den Neandertalern gab es tödliche Fehden, Massaker und sogar Kannibalismus und auch der Homo sapiens ging mit seinen Mitmenschen nicht immer zimperlich um. So belegen Skelettfunde, dass unsere Vorfahren bereits vor tausenden von Jahren brutale Massenhinrichtungen vollzogen und Morde begingen. Ein berühmtes Mordopfer ist dabei der Gletschermann „Ötzi“, dem vor rund 5.000 Jahren tödliche Verletzungen zugefügt wurden.

Auch bei den ältesten menschlichen Überresten aus Österreich haben Forscher um Silvia Renhart vom Universalmuseum Johanneum in Graz nun Hinweise auf folgenreiche Auseinandersetzungen entdeckt. Bei den Funden handelt es sich um einen 8.800 Jahre alten Schädel aus dem niederösterreichischen Wöllersdorf sowie ein 7.000 Jahre altes Skelett aus Pöttsching im Burgenland. Entdeckt wurden die Knochen dieser beiden Menschen bereits vor einigen Jahren – doch ihre Todesumstände blieben zunächst unklar.

Dieser Schädel aus Wöllersdorf zeigt deutliche Spuren von Schlägen. © Dorothea Talaa

Schläge auf den Kopf

Das hat sich jetzt geändert: Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler die menschlichen Relikte unter anderem mithilfe medizinischer CT-Scans sowie molekularer Verfahren zur Lebensaltersschätzung. Letztere ermöglichen es, anhand von Modifikationen von DNA und Proteinen zu bestimmen, wie alt ein Individuum zum Zeitpunkt seines Todes war.

Die Ergebnisse enthüllten Überraschendes: Beide Menschen starben keines natürlichen Todes – sie kamen gewaltsam um. So diagnostizierten Renhart und ihre Kollegen bei den Überresten des Mannes aus Wöllersdorf, dass dieser im Alter zwischen 31 und 40 Jahren durch massive Schläge auf den Kopf starb. Vermutlich wurden ihm die Schädelverletzungen mit einem Steinbeil zugefügt. Demnach muss es sich um einen Fall von Mord oder zumindest Totschlag handeln.

Ein Jugendlicher auf der Flucht?

Bei dem Burgenländer aus der Jungsteinzeit deuten die Befunde auf ein noch grausameres Ende hin. Wie die Forscher berichten, war das Opfer gerade einmal 15 Jahre alt, als es brutal getötet wurde. Konkret sind an den Knochen des Jugendlichen Einwirkungen festzustellen, die sowohl durch eine Fernwaffe wie einen Pfeil als auch durch eine Nahwaffe wie einen Knüppel verursacht wurden.

Die Wissenschaftler glauben, dass der Junge auf der Flucht war, weil sein Dorf angegriffen wurde: „Offenbar war er in das unmittelbar neben der Siedlung liegende Abbaugelände für Lehm geflüchtet und dort getötet worden“, sagt die Archäologin Dorothea Talaa, deren Team die Knochen des Jungen im Jahr 2015 entdeckt hatte.

So könnte der Mann aus Wöllersdorf zu Lebzeiten ausgesehen haben. © FOsil, Dirk Labudde

Mordopfer bekommen ein Gesicht

Damit ist klar: Bei den tausende Jahre alten Toten handelt es sich wohl um die ältesten Mordopfer Österreichs. Doch wie sahen diese beiden Menschen zu Lebzeiten aus? Um sich ein besseres Bild von den Getöteten machen zu können, setzten die Wissenschaftler die erhaltenen Knochenfragmente mithilfe der Computertomografie-Daten zu einem anatomisch korrekten 3D-Modell zusammen und rekonstruierten auf dieser Basis die Gesichtszüge der Toten.

„Nach gut zwei intensiven Forschungsjahren machen die Ergebnisse nahezu sprachlos. Nicht nur, dass man endlich Vorfahren ins Antlitz schauen kann, sondern auch, dass die anthropologische Sterbealtersanalyse durch sogenannte molekulare Uhren untermauert werden kann“, schließt Renhart.

Quelle: Universalmuseum Joanneum

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