Technik

Roboter schwitzt wie ein Mensch

Robo-Greifer kann sich selbständig vor drohender Überhitzung schützen

Roboter-Finger
Diese beweglichen Robo-Finger können selbständig schwitzen. © Mishra et al., Sci Robot. 5, eaaz3918 (2020)

Abkühlung nach dem Vorbild der Natur: Forscher haben einen Roboter entwickelt, der schwitzen kann. Das Besondere: Die weiche und bewegliche Robo-Hand reagiert selbständig und ohne Hilfe externer Sensoren auf zu hohe Temperaturen. So sorgen bei über 30 Grad Formveränderungen des Materials dafür, dass Wasser aus feinen Poren austritt und mit Kühleffekt verdunstet. Dabei kühlt sich der Roboter deutlich effektiver ab als ein menschlicher Körper, wie das Team berichtet.

Roboter ähneln uns Menschen immer mehr: Sie können bereits aufrecht gehen wie wir und sind oft menschenähnlich genug, dass wir sogar Mitleid mit ihnen empfinden. Auch um sie vor Überhitzung zu schützen, versuchen Forscher die Maschinen inzwischen nach unserem Vorbild zu gestalten: Sie verleihen Robotern die Fähigkeit zu schwitzen.

„Die Fähigkeit zu transpirieren ist eine der bemerkenswertesten Eigenschaften des Menschen“, sagt Thomas Wallin von der Cornell University in Ithaca. „Der Körper nutzt dabei Wasser, das mit Abkühleffekt verdunstet, um übermäßige Hitze schnell loszuwerden. Wie so oft liefert die Biologie uns Ingenieuren somit eine perfekte Vorlage.“

„Schweißtreibende“ Entwicklung

Tatsächlich haben Wissenschaftler bereits schwitzende Roboter konzipiert. Bisher handelte es sich dabei allerdings meist um Maschinen aus Metall. Sogenannte Soft-Roboter aus weichen synthetischen Materialien beherrschen die Transpiration in der Regel nicht, wie Wallin und seine Kollegen um Erstautor Anand Mishra erklären.

Das Problem dabei: Diese Art von Robotern ist zwar flexibler, im Gegensatz zu ihren Pendants aus Metall halten solche Maschinen aber auch die Hitze bedeutend länger und lassen sich daher schwieriger abkühlen. Trotzdem ist es dem Team um Mishra nun gelungen, einen weichen Roboter zum Schwitzen zu bringen. Sie kreierten einen handähnlichen Greifer, der seine Temperatur auf diese Weise selbständig regulieren kann.

Automatische Reaktion auf Hitze

Der robotische Greifer besteht aus 3D-gedruckten fingerähnlichen Elementen aus zwei unterschiedlichen Hydrogel-Materialien. Die untere Schicht ist aus Poly-N-Isopropylacrylamid gemacht – einem Polymer, das auf Temperaturänderungen mit Verformung reagiert. Darüber liegt eine Polyacrylamid-Schicht, die wie die menschliche Haut eine Vielzahl feiner Poren besitzt.

Wie aber kommt der Greifer ins Schwitzen? Den Forschern zufolge zieht sich die untere Materialschicht bei Temperaturen über 30 Grad zusammen. Als Folge wird Wasser, das durch einen Kanal im inneren des Materials fließt, in die darüberliegende Schicht gedrückt. Diese Schicht reagiert ebenfalls empfindlich auf Hitze und weitet dabei ihre Poren – das Wasser kann so leicht austreten und verdunsten.

Sinkt die Umgebungstemperatur, gehen die Materialien in ihren Ausgangszustand zurück, die Poren schließen sich und der Roboter schwitzt nicht mehr. Wie die Wissenschaftler betonen, funktioniert dies alles autonom. Externe Temperatursensoren sind für die Reaktionen demnach nicht notwendig.

Beeindruckender Kühleffekt

Die Verdunstung des ausgetretenen Wassers kann die Oberfläche der Robo-Finger innerhalb von nur 30 Sekunden um 21 Grad herunterkühlen, wie die Ergebnisse zeigten. Der Roboter kühlt sich damit sogar dreimal effektiver ab als der Mensch. Wird der Greifer Wind aus einem Ventilator ausgesetzt, kühlt er dank seiner Schwitzfähigkeit sechsmal schneller ab als ähnliche Geräte ohne diese Funktion.

Während der Roboter schwitzt, büßt er zwar kurzfristig an Beweglichkeit ein. Trotzdem glauben die Wissenschaftler, dass ihre Technik dabei helfen könnte, leistungsstarke und agile Roboter über längere Zeit einsatzfähig zu halten. Denn überhitzen die Geräte, funktionieren sie nicht mehr. Gleichzeitig könnten die weichen Robo-Hände des Teams auch andere Gegenstände herunterkühlen – indem sie sie greifen und ihre Verdunstungskälte an sie übertragen.

Nach schwitzen kommt trinken

Bis es soweit ist, gibt es jedoch noch ein wichtiges Problem zu lösen: Bisher kann der neu entwickelte Roboter seine Flüssigkeitsreserven nicht selbständig wieder auffüllen. Transpiriert er ausgiebig, geht ihm irgendwann förmlich der Schweiß aus. „Roboter, die mit unserem autonomen Schwitzsystem funktionieren, müssten daher eigentlich auch selbständig trinken können“, schließt Mishras Kollege Robert Shepherd. Das würde die Maschinen dann noch menschenähnlicher machen. (Science Robotics, 2020; doi: 10.1126/scirobotics.aaz3918)

Quelle: AAAS/ Cornell University

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