Klima

Meeresströmungen haben sich beschleunigt

Zunehmende Winde machen die globale Ozeanzirkulation stärker

Meeresströmungen
Die Ozeane der Erde sind von Strömungen durchzogen – und diese haben sich in den letzten Jahrzehnten beschleunigt. © NASA/ Scientific Visualisation Studio

Anders als gedacht: Die globale Ozeanzirkulation hat sich in den letzten 30 Jahren messbar beschleunigt, wie eine Studie enthüllt. Entgegen den bisherigen Annahmen sind die Strömungen in allen Weltmeeren und besonders in den Tropen seit 1990 schneller geworden. Dieser Trend ist bis in die Tiefsee nachweisbar, wie die Forscher berichten. Hauptursache dafür ist eine klimabedingte Zunahme der Winde über dem Meer, die die Wasserbewegungen antreibt.

Die globale Ozeanzirkulation ist ein wichtiger Akteur im Klimasystem der Erde. Denn Meeresströmungen wie der Golfstrom transportieren Wärme aus den Tropen bis in die kühleren Breiten und sorgen so für einen Temperaturausgleich. Ob und wie sich diese weltumspannenden Strömungsbänder jedoch durch den Klimawandel verändern, ist unklar. So hat sich zwar die nordatlantische Umwälzströmung bereits abgeschwächt und verschoben, dafür haben sich pazifische Strömungsmuster beschleunigt.

Beschleunigung (orange) und Verlangsamung (blau) der Ozeanzirkulation © Shijian Hu

Wie sich die Ozeanzirkulation global verändert hat, haben nun Shijian Hu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und seine Kollegen genauer untersucht. Dafür werteten sie Beobachtungsdaten eines globalen Bojenmessnetzes aus, das seit 1959 Daten zu Meeresströmungen von der Oberfläche bis in rund 2.000 Meter Tiefe liefert. Zusätzlich nutzten die Forscher weitere Messreihen sowie zwölf verschiedene numerische Simulationen, um die kinetische Energie der Ozeane und das daraus resultierende Verhalten zu ermitteln.

Seit den 1990ern werden die Strömungen schneller

Das Ergebnis: Während es vor 1990 kaum einheitliche Trends bei den Meeresströmungen gab, hat sich dies danach geändert. „Alle Datensätze deuten auf einen gemeinsamen steigenden Trend hin“, berichten Hu und sein Team. „In der Zeit ab 1990 nahm die kinetische Energie der Ozeane um rund 137 Billiarden Joule pro Dekade zu – das entspricht einer Zunahme von 15 Prozent gegenüber dem klimatologischen Mittel.“

Diese Beschleunigung ist in allen großen Meeresbecken und bis in 2.000 Meter Tiefe nachweisbar, wie die Forscher berichten. Die Zunahme der kinetischen Energie hat sich dabei allmählich von der Oberfläche bis in die Tiefen fortgesetzt. Am stärksten davon betroffen sind die tropischen Meeresregionen: Dort hat die kinetische Energie der Ozeane deutlich stärker zugenommen als in den höheren Breiten, wie die Auswertungen ergaben.

Wind als Antreiber

Aber warum? Könnte vielleicht eine natürliche Schwankung dahinterstecken? Immerhin sind Klimaphänomene wie der El Nino oder die Pazifische Dekadische Oszillation dafür bekannt, dass sie Meerestemperaturen und Strömungen beeinflussen. Doch wie die Analysen ergaben, sind die jetzt festgestellten Veränderungen nicht allein durch solche natürlichen Schwankungen erklärbar: „Dieser Trend ist in den letzten beiden Jahrzehnten weit stärker als die natürliche Variabilität“, sagen die Wissenschaftler.

Wind und ozean
Die Erwärmung treibt die Winde an, diese wiederum wirken auf die Meeresströmungen © Shijian Hu

Was aber ist dann die Ursache? Nach Angaben der Forscher ist der Wind der Motor dieser Veränderungen. Analysen von sechs globalen Wetterdatensätzen ergaben, dass auch die Windgeschwindigkeiten über den Meeren in den letzten Jahrzehnten messbar zugenommen haben. Im Schnitt haben sich die Winde dabei um 1,9 Prozent pro Dekade beschleunigt, wie Hu und seine Kollegen ermittelten.

„Über den meisten Meeresbecken stimmt das räumliche Muster der Windgeschwindigkeiten mit denen des Ozeanverhaltens überein“, berichten sie. „Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass der erhöhte Energieeintrag durch den Wind dazu beigetragen hat, die globale Ozeanzirkulation zu beschleunigen.“

Wichtig auch für Klimaprognosen

Das bedeutet: Die bisherigen Annahmen, nach denen die Klimaerwärmung zu einer Abschwächung der Ozeanzirkulation führt, stimmen offenbar nicht. Denn auch wenn Wassertemperaturen und Salzgehalt eine wichtige Rolle für die Meeresströmungen spielen, scheinen sie den globalen Trend nicht zu prägen. Stattdessen überwiegt der Einfluss der Winde und diese treiben das Wasser schneller vor sich her und fördern auch die Umwälzbewegungen innerhalb der Meere.

Ob sich dieser Trend auch in Zukunft weiter fortsetzen wird, ist allerdings noch offen. „Intensive Beobachtungen der tiefen Ozeanzirkulation sind daher dringend notwendig, um vergangene Bedingungen zu verstehen, aber auch die Unsicherheiten in den Projektionen der künftigen Zirkulation zu verringern“, konstatieren Hu und sein Team. (Science Advances, 2020; doi: 10.1126/sciadv.aax7727)

Quelle: Science Advances, American Association for the Advancement of Science

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