Seltener Fund: In einem Bernsteinstück haben Forscher einen 15 bis 20 Millionen Jahre alten Echsenfuß entdeckt. Dieser Fuß einer kleinen Anolis-Echse ist so gut erhalten, dass sogar die Krallen und zwei Knochenbrüche gut zu erkennen sind – möglicherweise stammt einer davon vom Biss eines Raubtieres. Nähere Analysen enthüllten allerdings, dass Biomoleküle und Knochenmaterial des Fossils fast vollkommen abgebaut sind – die Säuren des Baumharzes haben sie chemisch zersetzt.
Bernstein eröffnet einzigartige Einblicke in die Lebenswelt der Vergangenheit, denn in dem fossilen Baumharz bleiben Pflanzenteile, Tiere und andere Organismen über Jahrmillionen nahezu unverändert erhalten. Unzählige Insekten, Urzeit-Blüten, Pilze und sogar blutsaugende Zecken haben Forscher schon in Bernsteinklumpen entdeckt. Sehr selten findet man auch eingeschlossene Wirbeltierfossilien, wie den Flügel eines kleinen Urvogels oder den Schwanz eines Jung-Dinosauriers.
Verräterischer Knochenbruch
Einen weiteren dieser raren Funde haben nun Forscher um Jonas Barthel von der Universität Bonn gemacht. In einem nur rund zwei Kubikzentimeter großen Bernsteinklumpen aus der Dominikanischen Republik fanden sie den Vorderfuß einer kleinen Anolis-Echse. In der honigbraunen Bernsteinmasse sind die Krallen und Zehen des Echsenfußes deutlich zu erkennen – fast so als wäre er erst kürzlich im Baumharz eingeschlossen worden. Dabei ist der winzige Fuß etwa 15 bis 20 Millionen Jahre alt.
Beim Durchleuchten des Funds mithilfe der Micro-Computertomografie zeigte sich, dass der Vorderfuß der Echse an zwei Stellen gebrochen ist. Einer der Brüche ist von einer leichten Schwellung umgeben – ein Indiz dafür, dass diese Fraktur zu Lebzeiten der Echse geschah. „Das ist ein Hinweis darauf, dass vielleicht ein Raubtier der Eidechse eine Verletzung zugefügt hat“, sagt Barthel. Der andere Bruch ist dagegen erst nach der Einbettung des Fossils passiert – an einer Stelle, an der sich ein kleiner Riss durch den Bernstein zieht.
Optisch intakt, aber chemisch stark verändert
Bei dem seltenen Fossil ist unter dem Mikroskop jedes Detail erkennbar. Doch der optisch sehr gute Erhaltungszustand täuscht: Der Knochen ist weitgehend zersetzt und chemisch umgewandelt, wie ergänzende Analysen eines Dünnschliffs mit Raman-Spektroskopie ergaben. Demnach hat sich das Mineral Hydroxyapatit in den Knochen durch Eindringen von Fluor in Fluorapatit umgewandelt. „Das ist erstaunlich, weil wir angenommen haben, dass der umgebende Bernstein das Fossil weitgehend vor Umwelteinflüssen schützt“, sagt Barthel.
Die Forscher vermuten jedoch, dass der kleine Riss im Bernsteinklumpen der chemischen Umwandlung Vorschub geleistet hat. Durch ihn könnten sich mineralhaltige Lösungen ihren Weg gebahnt haben. Aber auch die Säuren des Baumharzes könnten zum Abbau beigetragen haben. Darüber hinaus zeigte die Untersuchung, dass auch der elastische Knochenbestandteil Kollagen weitgehend zersetzt wurde. Trotz des auf den ersten Blick sehr guten Erhaltungszustands ist demnach von der ursprünglichen Substanz dieses Echsenfußes kaum mehr etwas vorhanden.
Das bedeutet auch: Biomoleküle wie Proteine oder sogar DNA sind in solchen Bernsteinfunden nicht mehr zu erwarten. (PloS ONE, 2020; doi: 10.1371/journal.pone.0228843)
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn