Rot oder grün? Wer Probleme hat, dies zu unterscheiden, dem könnten künftig spezielle Kontaktlinsen helfen. Denn Forscher haben solche Sehhilfen für Menschen mit Rot-Grün-Schwäche entwickelt. Das Geheimnis der Linsen sind nanostrukturierte Metaoberflächen, die den Lichteinfall beeinflussen und auf diese Weise das Auge überlisten. Die Farbwahrnehmung lässt sich so deutlich verbessern, wie Simulationen nahelegen.
Menschen mit Rot-Grün-Sehschwäche haben Probleme damit, die Farben Rot und Grün voneinander zu unterscheiden. Schuld daran sind genetisch bedingte Defekte der Sehpigmente. Bei der sogenannten Deuteranomalie oder Grünschwäche reagieren die Photorezeptoren, die grüne Farben wahrnehmen, zum Beispiel verstärkt auch auf rötliche Lichtreize. Ihr Empfindlichkeitsbereich liegt damit sehr nahe an dem der für Rot zuständigen Zapfen.
Diese vor allem bei Männern auftretende Fehlsichtigkeit kann korrigiert werden, indem die überproportional wahrgenommene Farbe reduziert und der Kontrast deutlicher gemacht wird. Dafür gibt es schon heute Brillen mit speziellen Filtermaterialien. Auf Kontaktlinsen ließ sich dieses Konzept bisher jedoch nicht übertragen.
Lichtmanipulierende Metaoberflächen
Dies haben Sharon Karepov und Tal Ellenbogen von der Universität Tel Aviv nun geändert. Um eine kompakte und angenehm zu tragende Sehhilfe zu ermöglichen, widmeten sich die Wissenschaftler Metaoberflächen – künstlich hergestellten, ultradünnen Filmen mit speziellen optischen Eigenschaften.
„Konkret verwenden wir Metaoberflächen auf der Basis von nanogroßen Gold-Ellipsen“, erklärt Karepov. Diese Nanomaterialien können so angepasst werden, dass sie das durch sie hindurchgehende Licht auf bestimmte Art und Weise beeinflussen. Das Problem aber: Normalerweise sind diese Materialien flach und daher nicht für Kontaktlinsen geeignet.
Von flach zu gebogen
Um das Metamaterial an die gebogene Augenoberfläche anzupassen, war daher Ideenreichtum gefragt: „Wir haben eine Technik entwickelt, mit der die Metaoberflächen von ihrem ursprünglich flachen Substrat auf andere Oberflächen wie Kontaktlinsen übertragen werden können“, berichtet Karepov. „Dieser neue Fabrikationsprozess eröffnet die Möglichkeit, die Metamaterialien auch in andere nicht-flache Substrate einzubetten.“
Doch behält das Material auch in gebogener Form seine Eigenschaften? Erste Messungen bestätigten: Die Metaoberfläche manipulierte das einfallende Licht noch genauso gut wie vorher.
Deutliche Verbesserung
In einem nächsten Schritt testeten die Forscher, wie sich durch diese optische Korrektur die Deuteranomalie verbessern ließ. Dafür nutzten sie Simulationen auf Basis von Computermodellen. Vergleiche zwischen normaler Farbsicht, Grünschwäche und korrigierter Grünschwäche zeigten dabei: Dank der nanostrukturierten Kontaktlinsen veränderte sich die Farbwahrnehmung deutlich.
„Die nanostrukturierte Kontaktlinse verschob die inkorrekt wahrgenommenen Farben näher zur Originalfarbwirkung“, berichten die Forscher. Konkret ergab sich ihnen zufolge eine Verbesserung bis um einen Faktor von zehn. Der durch die Deuteranomalie verloren gegangene visuelle Kontrast konnte zudem quasi vollständig wiederhergestellt werden.
Nächster Schritt: Klinische Studien
Bis die Kontaktlinsen Menschen mit Rot-Grün-Schwäche helfen können, sind nun zunächst klinische Studien nötig. Bewährt sich das Prinzip jedoch, könnten auf diese Weise nicht nur die Deuteranomalie, sondern auch andere Sehstörungen wie sogenannte Refraktionsfehler korrigiert werden, so das Fazit der Forscher. (Optical Letters, 2020; doi: 10.1364/OL.384970)
Quelle: The Optical Society