Kalifornien vor rund 30.000 Jahren – mitten in der letzten Eiszeit. Während weit nördlich kilometerhohe Gletscher die Landschaft bedecken, herrscht in der Gegend des heutigen Los Angeles ein mildes Klima. „Die meisten Menschen assoziieren die Eiszeit mit Minusgraden und einer völlig anderen Landschaft, aber im südlichen Kalifornien haben sich Klima und Umwelt seit damals nicht drastisch geändert“, erklärt Anne Holden vom American Museum of Natural History.
Die Landschaft des eiszeitlichen Südkalifornien ist geprägt von einer Mischung aus immergrünen Wäldern, Buschland und savannenähnlichen Gebieten. In den Wäldern huschen zählige kleinere Säugetiere durch das Unterholz, Insekten schwirren umher und Eidechsen und Schildkröten suchen nach Nahrung. Im offeneren Terrain grasen Gruppen von Urpferden, Urzeit-Bisons und nordamerikanischen Kamelen. Auch Mammuts ziehen gemächlichen Schritts durch die Savannenlandschaft, um in den Senken an Tümpeln und flachen Seen zu trinken.
Asphaltschlamm aus den Tiefen
Doch einige dieser Wasserstellen sind trügerisch – und gefährlich: Unter ihrer ruhigen Wasseroberfläche liegt kein fester Grund, sondern eine klebrige, teerartige Masse: Asphalt. Dieses schlammartige, zähe Gemisch aus langkettigen Kohlenwasserstoffen ist ein Erbe voreiszeitlicher Geschehnisse. Denn dort, wo heute festes Land liegt, lag bis vor rund fünf Millionen noch ein flaches Meer. Jahrmillionen lang sank dort abgestorbenes Plankton zum Grund und bildete dicke Ablagerungen organischen Materials.
Als sich dann das Meer zurückzog, wurde dieses Material unter dem Druck des auflastenden Sediments immer stärker zusammengepresst und verwandelte sich in Erdöl. Ein Großteil dieses Öls blieb im unterirdischen Reservoir eingeschlossen, doch ein kleiner Teil davon quillt seither durch Risse und Spalten im Gestein an die Oberfläche. Dort verdunsten die leichteren Erdölanteile und nur die zäheren, schwerflüchtigen Verbindungen bleiben zurück – es entsteht Asphalt. Er sammelt sich in den Senken des Gebiets und bildet dort dunkle, von zähen Blasen durchsetzte Tümpel. An anderen Stellen und bei kühlerem Wetter scheint die Asphaltdecke dagegen trügerisch fest.
Klebrige Todesfalle
Für viele Tiere des eiszeitlichen Südkalifornien werden diese Asphaltflächen zur tödlichen Falle: An kalten Tagen können kleinere Tiere wie Nager, Vögel oder Insekten die halb erstarrte Asphaltdecke betreten, ohne einzusinken. Doch wenn die Sonne das schwarze Material erwärmt, wird es zu einem klebrigen Sumpf. Die Tiere haften am zähen Schlamm fest und können sich nicht mehr befreien. Sie gehen, gefangen im Asphalt, langsam zugrunde.
Ähnlich ergeht es großen Pflanzenfressern wie Urzeit-Pferden, Büffeln oder auch Mammuts: Für sie werden vor allem die Tümpel zur Falle, die von einer flachen Wasserschicht bedeckt sind. Vom Durst getrieben, waten die Tiere zum Trinken ein Stück in die vermeintlich harmlose Wasserstelle hinein – und brechen durch die dünne Kruste des Asphalts. Der darunterliegende zähe Asphaltschlamm umschließt ihre Knöchel und hält sie fest. „Schon vier Zentimeter dicker Asphalt reichte aus, um selbst ein großes Tier festzuhalten“, erklärt Holden.
Nun steht den im Asphalttümpel gefangenen Tieren ein grausames Schicksal bevor…