Energie

Wie viele Windanlagen passen in die Nordsee?

Dichteeffekt begrenzt Erträge von Offshore-Windparks in der Deutschen Bucht

Offshore-Windanlage
Offshore-Windanlagen gelten als wichtiger Beitrag zum deutschen Strommix der Zukunft. Aber wie hoch ist die Kapazität der Nordsee für solche Anlagen? © MR1805/ iStock.com

Bremse beim Offshore-Wind: Würde man alle bis 2050 geplanten Offshore-Windanlagen in der Deutschen Bucht installieren, könnte dies weniger Strom liefern als erhofft. Denn die dafür nötige dichte Platzierung der Windräder schwächt den Wind erheblich. Bei einer Dichte von zehn Megawatt pro Quadratkilometer könnte dadurch der Stromertrag um fast die Hälfte sinken, wie eine Studie belegt.

Deutsche Bucht
Die Deutsche Bucht ist das Hauptgebiet für geplante deutsche Offshore-Windparks. © NASA

Die Windkraft könnte den Energiebedarf der Welt sogar mehrfach decken – und gilt daher auch in Deutschland als wichtiges Standbein der künftigen Stromversorgung. Neben Windturbinen an Land sollen vor allem Offshore-Windparks dieses Potenzial anzapfen. Die deutschen Energieszenarien sehen daher einen erheblichen Ausbau von Windparks in der Deutschen Bucht vor – von heute rund acht Gigawatt auf 50 bis 70 Gigawatt bis zum Jahr 2050.

Windturbinen schwächen den Wind

Doch es gibt ein Problem: Wenn viele Windräder dicht beieinander stehen, nehmen sie sich gegenseitig buchstäblich den Wind aus den Rotoren. Denn die für den Antrieb der Rotoren nötige kinetische Energie geht dem Wind verloren. „Je mehr Windturbinen diese Energie entziehen, umso mehr wird der Wind gebremst“, erklärt Axel Kleidon vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie. Dadurch arbeiten Windturbinen in größeren Windparks weniger effizient als ein isoliert stehendes Windrad.

Wie stark sich dieser Effekt bei den geplanten Windanlagen in der Nordsee bemerkbar machen würde, haben Kleidon und sein Team gemeinsam mit Kollegen von der Technischen Universität Dänemark (DTU) nun näher untersucht. Dafür legten sie drei verschiedene Ausbaustufen der Offshore-Windenergie in der Deutschen Bucht zugrunde und ermittelten den Effekt auf den nutzbaren Wind mit zwei verschiedenen Modellen – einem vereinfachten Modell der kinetischen Energie und einem komplexen Wettervorhersagenmodell, das auf einem Supercomputer lief.

Weniger Volllaststunden und weniger Strom

Das Ergebnis: Beide Modelle kamen zu einem sehr ähnlichen Ergebnis. Demnach können einzeln stehende Windturbinen an guten Standorten in der deutschen Nordsee zwischen 4.000 und 5.000 Volllaststunden laufen. Schon bei einer installierten Windkraft-Kapazität von 13,8 Gigawatt jedoch kommt es zu ersten Dichteeffekten. Der Stromertrag würde beiden Modellen zufolge auf nur noch 82 bis 85 Prozent des Ertrags einer einzeln stehenden Windturbine sinken.

Würde man Offshore-Windanlagen mit einer Kapazität von 72 Gigawatt in der Deutschen Bucht installieren, sänken die Erträge noch weiter, wie die Forscher berichten. Die Volllaststunden der Turbinen verringern sich dann auf nur rund 3.000 Stunden, der Stromertrag sinkt auf 60 bis 67 Prozent der Einzelturbine. „Das würde die Produktion von Offshore-Windstrom deutlich teurer machen als ursprünglich angenommen“, so Kleidon und seine Kollegen.

Abhilfe durch länderübergreifende Kooperation und schwimmende Windparks

Nach Ansicht der Forscher müssen solche Einbußen bei der Planung neuer Offshore-Windparks daher unbedingt berücksichtigt werden. Zwar sei Windenergie in der Nordsee reichlich vorhanden, aber bei Dichten von mehr als zehn Megawatt pro Quadratkilometer müsse man mit erheblichen Einbußen im Stromertrag rechnen. „Trotz dieser schwächeren Winde hat die Offshore-Windenergie ihre physikalische Ressourcengrenze noch nicht erreicht und kann in sehr großen Windparks bei geeignetem Abstand der Windturbinen sehr viel erneuerbare Energie effizient erzeugen“, betont Jake Badger von der DTU.

Eine mögliche Lösung wäre es, Windparks in Kooperation mit den Nachbarländern anzulegen und damit auch jenseits der Deutschen Bucht zu verteilen. Eine andere Möglichkeit wären schwimmende Windturbinen, die dann auch in tieferem Wasser installiert werden könnten. „Diese noch relativ neue Technologie verspricht, der Windenergie neue Flächen zu erschließen, die sonst praktisch nicht nutzbar wären“, erklären die Forscher. Tatsächlich gehe die EU bei ihren Projektionen der künftigen Windkraft schon von 100 bis 150 Gigawatt solcher schwimmenden Anlagen bis 2050 aus. (Making the Most of Offshore Wind – Re-Evaluating the Potential of Offshore Wind in the German North Sea)

Quelle: Max-Planck-Institut für Biogeochemie

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