Gestoppte Drift: Das Ozonloch über der Antarktis ist eng mit Klimaveränderungen auf der Südhalbkugel verknüpft – unter anderem verschob es den südlichen Jetstream. Doch seit dem Jahr 2000 pausiert dieser Trend, wie nun eine Studie enthüllt. Ursache dafür ist offenbar die zunehmende Erholung der Ozonschicht. Ob dieser positive Effekt allerdings anhalten wird, ist angesichts des fortschreitenden Klimawandels fraglich, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Bis zum Montreal-Protokoll im Jahr 1987 hat die Menschheit große Mengen von ozonzerstörenden FCKW in die Atmosphäre freigesetzt. Weil diese Ozonkiller langlebig sind, reißt bis heute in jedem Frühjahr über der Antarktis ein Ozonloch auf und auch über der Arktis und in mittleren Breiten kommt es immer wieder zu einer Ausdünnung der Ozonschicht. Die Folge ist nicht nur eine erhöhte Belastung mit UV-Strahlen – der Ozonschwund in der Stratosphäre beeinflusst auch das großräumige Klimageschehen.
Messbare Verschiebungen von Klimamustern
Konkret bedeutet dies: Seit den 1960er Jahren beobachten Klimaforscher, dass sich der Jetstream der Südhalbkugel immer weiter in Richtung Pol verlagert hat. Gleichzeitig haben die Niederschläge im tropischen Pazifik um bis zu 45 Prozent zugenommen. In den eher trockenen Subtropen, beispielsweise in Teilen Neuseelands und Tasmaniens, regnet es dafür weniger. Die Ursache dafür ist eine Abkühlung der Stratosphäre überall dort, wo die Ozonschicht kaum noch UV-Strahlung absorbiert.
Doch inzwischen tut sich was im ozonbedingten Klimageschehen, wie Antara Banerjee von der University of Colorado in Boulder und ihre Kollegen herausgefunden haben. Für ihre Studie hatten sie die Entwicklung der Ozonschicht und von wichtigen Kenndaten des Klimas auf der Südhalbkugel in der Zeit von 1980 bis 2017 analysiert. Neben der Lage des Jetstreams erfassten sie dabei auch die Lage und Grenze der Hadley-Zelle – der großräumigen Luftströmung, die die Tropenzone kennzeichnet.
Pause seit dem Jahr 2000
Das Ergebnis: Bis Ende der 1990er bestätigt die Analyse die schon zuvor beobachtete Verschiebung des Jetstreams Richtung Südpol. Doch ab dem Jahr 2000 ändert sich dies: „Die Kurve flacht sich um das Jahr 2000 ab – das spricht für eine Pause in der Polwärts-Wanderung“, berichten Banerjee und ihr Team. Auch die Drift der Hadley-Zelle nach Süden scheint aufgehört zu haben, wenngleich dieser Trend weniger deutlich sei.
Was aber ist der Grund dafür? „Diese Pause im Zirkulationstrend geht nicht auf interne oder natürliche Schwankungen im Klimasystem zurück“, berichten die Forscher. Stattdessen deuten ergänzende Modellsimulationen auf die Erholung der Ozonschicht als treibende Kraft dieser Entwicklung hin. Denn weil viele ozonabbauende Substanzen relativ langlebig sind, macht sich das Verbot von FCKW erst mit Verzögerung bemerkbar – etwa seit der Jahrtausendwende nimmt die Ozondichte über der Südhalbkugel wieder allmählich zu.
Erholung der Ozonschicht als Ursache
Wie Banerjee und ihr Team anhand ihrer Daten und Modelle belegen, ist diese zeitliche Übereinstimmung kein Zufall: Die Ozonerholung und die Pause in der Verschiebung des Jetstreams und anderer Zirkulationsmuster hängen ursächlich zusammen. Der Grund dafür liegt darin, dass die sich erholende Ozonschicht wieder vermehrt UV-Strahlung absorbiert und damit auch die Stratosphäre über dem Südpol wärmer wird. Das wiederum bremst die Verschiebung der Klimamuster.
„Banerjee und ihre Kollegen sind die Ersten, die diese Entwicklung formell den Effekten des Montreal-Protokolls zuordnen können „, schreibt Alexey Karpechko vom Finnischen Meteorologie-Institut in einem begleitenden Kommentar. „Ihre Ergebnisse bestätigen eindeutig, dass menschliches Handeln das Erdklima beeinflussen kann: Das Montreal-Protokoll hat die Klimaveränderungen gestoppt, die durch den Ozonschwund verursacht wurden.“
Gegenpol zum Klimawandel?
Und noch etwas ist interessant: Solange der Ozonschwund anhielt, hat er zumindest im tiefen Süden den Klimawandel in Teilen ausgeglichen. So verstärkte das Ozonloch den Polarwirbel und kühlte damit die Antarktis. Doch seitdem das Ozonloch kleiner wird, schwächt sich dieser Schutzeffekt ab, wie Forscher schon 2008 beobachteten. Dadurch dringt die Erwärmung inzwischen verstärkt bis zur Antarktis vor und lässt die Gletscher immer schneller schmelzen.
Was aber bedeutet dies für die Zukunft? Bleibt der Kühleffekt des Ozonlochs noch lange genug erhalten, um die Erwärmung der Antarktis wenigsten zu bremsen? „Dies wird von der Entwicklung der CO2-Emissionen und anderer Treibhausgase abhängen“, konstatieren Banerjee und ihr Team. Denn die Erholung der Ozonschicht wird weiter voranschreiten, sofern sich die Emissionen ozonabbauender Substanzen nicht wieder stark erhöhen.
Geht auch der Klimawandel ungebremst weiter, wird sich sein Einfluss auch auf der Südhalbkugel künftig deutlicher bemerkbar machen als bisher. (Nature, 2020; doi: 10.1038/s41586-020-2120-4)
Quelle: Nature