Welche Eigenschaften hat die von Röntgen entdeckte Strahlung? Wie das sichtbare Licht besteht Röntgenstrahlung aus elektromagnetischen Wellen. Ihr Spektrum reicht von 0,001 bis zehn Nanometer Wellenlänge. Damit liegt sie zwischen dem ultravioletten Licht und der noch energiereicheren, kurzwelligeren Gammastrahlung, mit der sie sich in weiten Teilen überschneidet. Im Unterschied zur Gammastrahlung entsteht die Röntgenstrahlung allerdings nicht durch Vorgänge im Atomkern, sondern in der Hülle der Atome. Sie kommt durch hochenergetische Elektronenprozesse zustande.
Beschleunigte Elektronen
Die von Röntgen entdeckte Strahlung lässt sich künstlich in einer sogenannten Röntgenröhre erzeugen. In dieser luftleeren Glasröhre wird zwischen zwei Elektroden eine hohe Spannung angelegt und der Minuspol, die Kathode, stark erhitzt. Dadurch werden Elektronen frei und zur gegenüberliegenden Anode hin beschleunigt. Am Anodenmaterial wird ein Teil der dort auftreffenden Teilchen von den positiv geladenen Atomkernen angezogen und schlagartig abgebremst. Dabei wird Energie als Wärme und Bremsstrahlung frei, einer Form der Röntgenstrahlung mit kontinuierlichem Spektrum.
Parallel dazu entsteht sogenannte diskrete oder charakteristische Röntgenstrahlung: Die in der Röhre beschleunigten Elektronen schlagen Elektronen aus den inneren Schalen der Atome des Anodenmaterials heraus. Es entstehen Lücken, die von Elektronen aus weiter außenliegenden Schalen geschlossen werden. Die bei diesem Elektronenübergang freiwerdende Energie liegt typischerweise im Röntgenbereich. In der Natur entsteht die hochenergetische Strahlung zum Beispiel in Gewitterblitzen oder weit von der Erde entfernt im All.
Die Dichte ist entscheidend
Röntgenstrahlung ist für das menschliche Auge unsichtbar, kann aber bestimmte Stoffe zum Fluoreszieren anregen. Dies passiert mitunter auch im sichtbaren Wellenlängenbereich – das erklärt, warum Wilhelm Conrad Röntgen den Strahlen durch Leuchterscheinungen auf die Spur kommen konnte.
Röntgenstrahlen durchdringen viele – auch nicht durchsichtige – Materialien, ohne absorbiert oder abgelenkt zu werden. Sehr dichte Stoffe lassen einen Teil der Strahlung jedoch nicht hindurch. Dies ist auch der Grund, warum menschliches Gewebe auf Röntgenbildern in Abstufungen von weiß bis schwarz erscheint.
Knochen sind beispielsweise dichter als Muskeln und absorbieren einen großen Teil der Strahlung. Als Folge kommt weniger davon auf der Fotoplatte an und kann diese schwärzen, der entsprechende Bereich bleibt heller. Hohlräume und wasserreiche Gewebeteile lassen im Gegensatz dazu viel Röntgenstrahlung hindurch. Dort färbt die Strahlung das Bild dunkel.
Schädliche Belastung
Allerdings wandern Röntgenstrahlen nicht immer folgenlos durch Materie wie den menschlichen Körper hindurch: Sie können unter anderem Zellen schädigen. Zu Röntgens Zeiten waren die potenziellen Nebenwirkungen der durchdringenden Strahlung noch unbekannt. Völlig ohne Bedenken wurden damals etwa Kinderfüße in Schuhgeschäften durchleuchtet, um den richtigen Sitz der Treter zu kontrollieren. Und sogar auf Jahrmärkten war das Röntgen eine beliebte Attraktion zur Belustigung der Leute.
Tatsächlich gab es erst 20 Jahre nach Röntgens Veröffentlichung die ersten Strahlenschutz-Richtlinien. Dabei häuften sich schon kurz nach der Entdeckung Hinweise auf mögliche Risiken. So kam es insbesondere bei Wissenschaftlern zu Hautverbrennungen, Haarausfall oder Augenproblemen. „Man sprach lapidar vom Röntgen-Sonnenbrand“, erklärte Gerrit Kemerink vom Universitätsklinikum Maastricht vor einigen Jahren auf Welt.de.
Der Radiologe hatte für eine Studie einen der ersten Röntgenapparate aus dem Jahr 1896 wieder in Betrieb genommen und festgestellt: Für die Aufnahme einer Hand betrug die Strahlendosis damals 74 Millisievert (mSv) – heute sind nur noch 0,05 mSv nötig. Je nach Körperteil und Art der Aufnahme ist die Belastung beim Röntgen inzwischen im Schnitt 1.000 bis 10.000 Mal geringer als zu Röntgens Zeiten.