Kosmische Mega-Explosion: Astronomen haben die mit Abstand hellste und energiereichste Supernova im gesamten Kosmos entdeckt. Allein ihr Strahlungsanteil liegt um das Fünffache höher als die gesamte Explosionsenergie normaler Supernovae, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Astronomy“ berichten. Sie vermuten, dass diese Extrem-Explosion durch die Kollision der Schockwelle mit zuvor ausgestoßenen Gashüllen zustande kommt – und durch extrem massereiche Vorläufersterne.
Wenn massereiche Sterne das Ende ihres Lebenszyklus erreicht haben, explodieren sie als Supernova. Sie schleudern erst ihre äußeren Gashüllen ab, dann kollabiert ihr Kern. In seltenen, erst wenige Male zuvor beobachteten Fällen kommt es zu einer superleuchtstarken Supernova, auch Hypernova genannt. Sie können heller strahlen als die Sterne einer ganzen Galaxie zusammen. Wie es jedoch zu diesen Extremereignissen kommt, können Astronomen bislang nur vermuten.
Mehr Energie als jemals zuvor beobachtet
Jetzt haben Astronomen um Matt Nicholl von der University of Birmingham erneut eine solche Megaexplosion beobachtet. Zuerst entdeckt wurde die helle Strahlenquelle SN2016aps bereits im Februar 2016 vom PanSTARRS-Teleskop. Mithilfe weiterer erdbasierte Teleskope und dem Hubble-Weltraumteleskop konnten die Forscher seither die spektrale Entwicklung dieser Lichtquelle über mehr als zwei Jahre hinweg verfolgen und ihre Heimatgalaxie ausmachen.
Das Ergebnis: Das Spektrum und die zeitliche Entwicklung dieses Ereignisses stimmen mit denen einer superleuchtstarken Supernova überein. Doch die Helligkeit und die mehr als fünf mal 1051 erg an als Strahlung freigesetzter Energie übertreffen alle bekannten Hypernovae um ein Mehrfaches. „In einer typischen Supernova werden weniger als ein Prozent der gesamten Energie als Strahlung frei“, erklärt Nicholl. „Aber in SN2016aps ist allein die Strahlung fünffach stärker als die Explosionsenergie einer normalgroßen Supernova.“
Damit ist SN2016aps die mit Abstand hellste Supernova, die je beobachtet wurde, so die Astronomen.
Erstaunlich massearme Wirtsgalaxie
Merkwürdig jedoch: Aus Aufnahmen des Hubble-Teleskops geht hervor, dass diese Sternexplosion abseits des Zentrums einer fernen Galaxie stattfand, die kaum heller ist als die Kleine Magellansche Wolke. Mit rund 100 Millionen Sonnenmassen ist sie zudem deutlich masseärmer als diese Zwerggalaxie. Für Supernovae dieser Helligkeit ist dies eher ungewöhnlich.
„Zwar werden jede Nacht viele Supernovae entdeckt, aber die meisten liegen in massereichen Galaxien“, erklärt Koautor Peter Blanchard von der Northwestern University. „Diese Sternexplosion stach heraus, weil sie mitten im Nirgendwo zu liegen schien. Wir konnten die Wirtsgalaxie erst erkennen, als das Licht der Supernova sich abgeschwächt hatte.“ Die Aufnahmen enthüllten, dass sich die Explosion in einer Sternbildungsregion dieser Galaxie ereignete.
Kollision mit ausgeschleuderter Gashülle?
Doch was löste diese extreme Explosion aus? Nach den Berechnungen der Astronomen muss bei dieser Supernova Sternenmaterie von 50 bis 100 Sonnenmassen explodiert sein – und dies liefert einen Hinweis auf den möglichen Mechanismus. „Sterne mit extrem hoher Masse durchlaufen vor ihrem Ende starke Pulsationen, bei denen sie gigantische Gashüllen ausschleudern“, erklärt Nicholl.
Wenn dann der Sternenrest – beispielsweise ein Blauer Überriese – explodiert, kann die nach außen rasende Schockwelle der Explosion diese Gashüllen einholen. „Diese Kollision setzt dann eine enorme Menge an Energie frei“, erklärt Nicholl. Dass es diesen Paar-Instabilität genannten Prozess gibt, vermuten Astronomen schon seit gut 50 Jahren, bislang fehlte aber der Beobachtungsbeweis. „Wir glauben, dass diese Supernova der bisher überzeugendste Kandidat für diesen Prozess sein könnte – und der massereichste“, so der Forscher.
Woher kommt der Wasserstoff?
Doch es gibt noch etwas Ungewöhnliches. Denn neben der außergewöhnlich großen Energiefreisetzung beobachteten die Astronomen bei der Supernova SN2016aps auch spektrale Signaturen von Wasserstoff. „Aber ein so massereicher Ausgangsstern müsste längst seinen gesamten Wasserstoff durch Sternenwinde verloren haben, bevor er anfing zu pulsieren“, sagt Nicholl.
Eine mögliche Erklärung wäre, dass kurz vor der Explosion zwei Vorläufersterne mit jeweils „nur“ rund 60 Sonnenmassen miteinander verschmolzen sind. „Diese Sterne könnten ihren Wasserstoff ein wenig länger behalten, während ihre kombinierte Masse trotzdem groß genug ist um die Paar-Instabilität auszulösen“, erklärt Nicholl. Sollte sich dies bestätigen, dann wäre SN2016aps ein noch selteneres kosmisches Ereignis: eine sogenannte Pulsations-Paar-Instabilität (PPI).
Es könnte noch mehr davon geben
„Detaillierte Simulationen müssen nun bestätigen, ob SN2016aps eine solche PPI-Supernova oder sogar der noch unwahrscheinlichere Fall einer interagierenden Paar-Instabilitäts-Supernova ist“, erklären die Astronomen. In jedem Falle demonstriere dieses Ereignis die Existenz von extrem energiereichen stellaren Explosionen im fernen Universum und dies eröffne neue Chancen, diese Extremereignisse zu erforschen.
„Jetzt, wo wir wissen, dass es solche energiereiche Explosionen gibt, können wir solche Ereignisse mit dem neuen James-Webb-Weltraumteleskop der NASA bald näher beobachten und nach weiteren solcher Explosionen im fernen Universum suchen“, erklärt Koautor Edo Berger von der Harvard University. Der Start dieses Weltraumteleskops ist für 2021 geplant. (Nature Astronomy, 2020; doi: 10.1038/s41550-020-1066-7)
Quelle: University of Birmingham