Astronomie

Ein Exoplanet verschwindet

Fomalhaut b war kein Planet, sondern nur die Trümmerwolke einer Kometenkollision

Kollision
Der vermeintliche Exoplanet Fomalhaut b war in Wirklichkeit eine kosmische Kollision, wie neue Hubble-Aufnahmen belegen. © ESA/ NASA, M. Kornmesser

In die Irre geführt: Das vermeintlich erste Foto eines Exoplaneten aus dem Jahr 2008 zeigt gar keinen Planeten, wie neue Beobachtungen enthüllen. Stattdessen entstand der helle Lichtpunkt um den nahen Stern Fomalhaut durch die Kollision zweier großer Kometen. Sie erzeugte eine Trümmerwolke, die sich inzwischen so weit ausgedehnt und verflüchtigt hat, dass auch das vermeintliche Planetensignal verschwunden ist.

Der nur 25 Lichtjahre entfernte Stern Fomalhaut A ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich: Zum einen bildet er mit zwei Zwergsternen ein Dreifachsystem, das extrem weit auseinandergezogen ist. Zum anderen besitzen zwei dieser drei Sterne einen Gürtel aus Staub und Eis – ähnlich dem Kuipergürtel in unserem Sonnensystem.

Formalhaut b
Staub- und Eisring um den Stern Fomalhaut (links) und Ausschnittvergrößerung mit dem vermeintlichen Exoplaneten am Innenrand des Rings. © NASA/ ESA, A. Gaspar und G. Rieke/ University of Arizona

Merkwürdige Diskrepanzen

Doch die spannendste Besonderheit präsentierten Astronomen im Jahr 2008: das erste Foto eines Exoplaneten. Aufnahmen des Weltraumteleskop Hubble zeigten einen kleinen, hellen Lichtpunkt am Innenrand der Staubscheibe von Fomalhaut A. Dieser Lichtpunkt lag etwa zehnmal so weit von seinem Stern entfernt wie der Saturn von der Sonne und müsste den Berechnungen zufolge zu einem Planeten von der dreifachen Jupitermasse gehören – Fomalhaut b.

Allerdings gab der Exoplanet Fomalhaut b einige Rätsel auf. Denn trotz seines ungewöhnlich hellen Scheins im sichtbaren Licht fehlte ihm die Wärmesignatur im Infrarotbereich, die gerade ein junger, noch warmer Planet wie dieser eigentlich abgeben müsste. Zudem schien sein Orbit die nahe Staubscheibe zu kreuzen, ohne dass dabei schwerkraftbedingte Turbulenzen im Staub auftraten. Und die Helligkeit des Planeten blieb nicht gleich, sondern schien im Laufe der Zeit abzunehmen.

„Fomalhaut b tat einige Dinge, die ein echter Planet einfach nicht tun dürfte“, erklärt Andreas Gaspar von der University of Arizona. Aber warum? Um das Rätsel von Fomalhaut b zu lösen, haben Gaspar und sein Kollege George Rieke nun alle verfügbaren Hubble-Aufnahmen dieses ungewöhnlichen Exoplaneten analysiert.

Es gab nie einen Planeten

Das überraschende Ergebnis: „Unsere Studie enthüllt einige Eigenheiten, die darauf hindeuten, dass dieses planetengroße Objekt niemals existiert hat“, sagt Gaspar. Mit anderen Worten: Der vermeintlich erste fotografierte Exoplanet war überhaupt kein Exoplanet. Indizien dafür liefern unter anderem Daten des Hubble-Weltraumteleskops aus den Jahren 2010 bis 2014.

In den Aufnahmen ist zu sehen, wie der vermeintliche Planet immer lichtschwächer wird, gleichzeitig aber immer größer zu werden scheint, wie die Astronomen berichten. Zudem scheint das Objekt auf einer Flugbahn zu sein, die nicht einem gebundenen planetaren Orbit entspricht, sondern eher einem Kurs aus dem Sternsystem hinaus. 2014 dann war überhaupt kein klarer Lichtpunkt mehr zu erkennen.

Kollision zweier Kometen

Wie aber ist das zu erklären? Mithilfe eines astrophysikalischen Modells haben Gaspar und Rieke mögliche Möglichkeiten durchgespielt. Dabei erwies sich ein Szenario als das am besten mit den Daten übereinstimmende: eine katastrophale Kollision. Demnach müssen in diesem Sternsystem zwei rund 200 Kilometer große, eisreiche Planetenbausteine zusammengestoßen sein – wahrscheinlich kurz vor der ersten Beobachtung des planetenähnlichen Lichtpunkts im Jahr 2004. Diese Kollision verursachte eine Staub- und Trümmerwolke, die sich dann schnell ausbreitete.

Nach Angaben der Forscher erklärt dieses Kollisions-Szenario sowohl das merkwürdige Verblassen von Fomalhaut b als auch seine aus dem Sternsystem gerichtete Flugbahn. „Eine erst kürzlich erzeugte Staubwolke würde einen erheblichen Strahlungsdruck vom Zentralstern Formalbaut A erfahren und so auf diese Bahn gebracht werden“, erklärt Gaspar. Und auch das scheinbare Größerwerden des Objekts lasse sich mit der sich ausdehnenden Kollisionswolke leicht erklären.

Wie die Astronomen die wahre Natur von Formalhaut b erkannten.© NASA/ ESA, A. Gaspar und G. Rieke/ University of Arizona

Testlabor für die Planetenentwicklung

„Wir haben Belege für solche Kollisionen von Planetesimalen aus anderen Systemen“, sagt Rieke. Aber solche Ereignisse seien sehr selten und schwer zu beobachten. „Das Fomalhaut-Sternsystem ist daher das ultimative Testlabor für unsere Vorstellungen darüber, wie Exoplaneten und Sternsysteme sich entwickeln.“ Auch in der Frühzeit unseres eigenen Sonnensystems muss es gängiger Theorie nach immer wieder zu solchen Zusammenstößen von Planetenbausteinen gekommen sein, wie die Forscher erklären.

Umso spannender ist es für die Astronomen, ein solches Ereignis und seine Folgen nun im nahen Fomalhaut-System beobachten zu können. „Wir waren genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um ein so rares Ereignis mit dem Hubble-Weltraumteleskop beobachten zu können.“

Fomalhaut A könnte trotzdem Planeten besitzen

Das Spannende jedoch: Auch wenn der 204 fotografierte „Exoplanet“ nie existiert hat, könnte es um Fomalhaut A einen oder mehrere Exoplaneten geben. Denn um eine Kollision zweier so großer Kometen zu verursachen, muss es in diesem sonst eher ruhigen Sternsystem störende Schwerkrafteinflüsse gegeben haben. „Das lässt uns vermuten, dass wir hier Zeugen der Störeinflusses wurden, die einer oder mehrere hypothetische Planeten um diesen Stern ausüben“, konstatieren Gaspar und Rieke.

Die Astronomen hoffen, diese Planeten und weitere Merkmale des Fomalhaut-Systems mit dem 2021 ins All startenden James-Webb-Weltraumteleskop der NASA aufspüren zu können. Noch im ersten Jahr nach seiner Inbetriebnahme soll dieses Infrarotteleskop die inneren Bereiche dieses Sternsystems genauer ins Visier nehmen. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2020; doi: 10.1073/pnas.1912506117)

Quelle: NASA Goddard Space Flight Center

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