Astronomie

Neue Art kosmischer Explosionen entdeckt

Ursache für "Fast Blue Optical Transients" gibt Astronomen Rätsel auf

FBOT
Die Ursache für die Fast Blue Optical Transients (FBOTs) gibt den Astronomen Rätsel auf. © Bill Saxton, NRAO/AUI/NSF

Sie sind schneller als eine Supernova, energiereich wie ein Gammastrahlenausbruch, aber schleudern weit mehr Masse ins All: Astronomen haben eine neue Klasse von kosmischen Explosionen entdeckt, deren Ursache noch nicht vollständig geklärt ist. Sie scheinen von explodierenden oder von einem Schwarzen Loch zerrissenen Sternen auszugehen. Wegen der im optischen Licht bläulich erscheinenden Ausbrüche wurden sie Fast Blue Optical Transients (FBOTs) getauft.

Das Rätsel um die FBOTs begann im Juni 2018, als Astronomen erstmals ein Ereignis beobachteten, dass in keine der bekannten Kategorien zu passen schien. Denn AT2018cow leuchtete im optischen Licht extrem hell und blau und seine Leuchtkraft nahm innerhalb weniger Tage zu und dann wieder ab – weit schneller als bei einer Supernova. Gleichzeitig strahlte das Objekt so starke Gammastrahlung ab wie sonst nur Gammastrahlenausbrüche.

Doch worum handelte es sich? Solange nur ein gut beobachtetes Ereignis dieser Art vorlag, ließ sich dies nicht feststellen – auch weil die Explosion schnell wieder vorüber war.

Unterschiede
Die FBOTs unterscheiden sich sowohl von normalen Supernovae als auch von Gammastrahlenausbrüchen. © Bill Saxton, NRAO/AUI/NSF

Extrem schnell, aber dennoch massereich

Jetzt haben Forscher zwei weitere dieser ungewöhnlichen Ereignisse beobachtet und so ein wenig mehr über sie herausgefunden. Die beiden CSS161010 und ZTF18abvkwl getauften Explosionen ereigneten sich beide in kleinen, eher sternenarmen Zwerggalaxien, die eine 500 Millionen Lichtjahre von uns entfernt, die andere 3,4 Milliarden Lichtjahre. Durch Beobachtungen mit Radioteleskopen und dem Röntgenteleskop Chandra gelang es den Astronomen, weitere Eigenschaften dieser Ereignisse herauszufinden.

Eine davon: Offenbar schleudern diese Explosionen ungewöhnlich große Mengen an Material mit gut der halben Lichtgeschwindigkeit ins All hinaus. „Das war unerwartet“, erklärt Deanne Coppejans von der Northwestern University. „Wir kennen zwar Explosionen, die Material mit fast Lichtgeschwindigkeit ausstoßen, aber nur geringe Mengen davon – etwa ein Millionstel der Sonnenmasse. “ Bei CSS161010 waren es dagegen bis zu zehn Prozent der solaren Masse.

Keine der beiden bekannten Varianten

„Wir dachten bisher, dass es nur zwei Arten gibt, schnelle Materie-Ausströme zu verursachen – durch den Kollaps eines massereichen Sterns bei einem Gammastrahlenausbruch oder durch die Verschmelzung zweier Neutronensterne“, sagt Coppejans‘ Kollegin Raffaella Margutti. „Aber jetzt sehen wir hier eine dritte Art, solche Ausströme zu erzeugen – ein Ereignis, das das gleiche energiereiche Phänomen produziert.“

Ungewöhnlich auch: Beobachtungen von ZTF18abvkwl enthüllten, dass diese Explosionen ähnlich starke Radiostrahlung aussenden wie lange Gammastrahlenausbrüche. „Als ich die Daten analysierte, dachte ich zuerst, dass ich einen Fehler gemacht haben muss“, sagt Anna Ho vom California Institute of Technology.

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Merkmale eines FBOT © Bill Saxton, NRAO/AUI/NSF

Strahlenjets und ein Materiekokon

Doch was kann diese merkwürdigen Explosionen verursacht haben? Aus ihren Daten schließen die Astronomen, dass diese Ereignisse – ähnlich wie manche Supernovae – während oder direkt nach der Explosion eine rotierende Scheibe ausgeschleuderten Materials bilden, aus der energiereiche Strahlenjets hervorschießen – wie die Lichtkegel eines Leuchtturms.

Aber anders als bei normalen Gammastrahlenausbrüchen gibt es in diesem Fall offenbar zusätzlich eine Art Kokon aus Material, das schon vor der Explosion vom Stern ausgeschleudert wurde. Wenn nun die Schockwelle der Explosion diesen Kokon trifft, entsteht das schnell aufstrahlende bläuliche Licht, das diesen Fast Blue Optical Transients (FBOTs) ihren Namen gab.

„Diese Hülle aus dichtem Material bedeutet, dass der Vorgängerstern anders sein muss als diejenigen, die in einem Gammastrahlenausbruch enden“, erklärt Ho. Außergewöhnlich ist zudem, dass dieser Kokon Wasserstoff enthält – auch das wurde bisher bei keinem Gammastrahlenausbruch beobachtet.

Exotischer Vorläuferstern oder Schwarzes Loch?

Was genau bei den FBOTs vorgeht und wer ihr Urheber ist, können die Astronomen bisher nur raten – mit nur drei kurzlebigen Ereignissen reichte die Zeit bisher einfach nicht aus, um tiefer in das Geheimnis dieser neuen Art von Explosionen einzusteigen. Erste Hypothesen gibt es dennoch. „Wir denken, dass es sich um einen sehr seltenen Typ der Sternexplosion handeln könnte“, sagt Coppejans. Möglicherweise gehört deren Vorläuferstern zu einem Typ, der nur in wenigen, metallarmen Zwerggalaxien vorkommt.

Eine zweite Erklärung wäre ein Stern, der von einem Schwarzen Loch oder ähnlichem zerrissen wird: “ AT2018cow und CSS161010 haben zwar unterschiedlich schnelle Ausströme, aber bei beiden könnte sich im Inneren ein Schwarzes Loch oder ein Neutronenstern als Schlüsselelement verbergen“, sagt Margutti.

Ob es sich nun um eine ungewöhnliche Supernova oder um ein solches Zerreißen eines Sterns handelt, werden nun weitere Beobachtungen klären müssen. Klar scheint aber schon jetzt, dass die Fast Blue Optical Transients eine Klasse für sich bilden – eine neue Art kosmischer Explosionen. (the Astrophysical Journal, 2020; doi: 10.3847/2041-8213/ab8cc7; doi: 10.3847/1538-4357/ab8bcf)

Quelle: National Radio Astronomy Observatory, Northwestern University

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