Medizin

RNA-Schleife macht Coronavirus besonders stabil

Zusätzliche Struktur im Erbgut schützt SARS-CoV-2 vor dem Abbau in der Zelle

SARS-CoV-2
Die RNA des Coronavirus enthält zwei Abschnitte, die es vor den Gegenmaßnahmen unserer Zellen schützen. © vchal/ iStock.com

Schützende Mutation: Das Coronavirus SARS-CoV-2 könnte seine rasante Ausbreitung auch einer speziellen RNA-Sequenz verdanken. Denn dieser gegenüber anderen Coronaviren veränderte Genabschnitt bildet eine Struktur, die die virale RNA vor dem Abbau durch zelleigene Enzyme schützt, wie Forscher herausgefunden haben. Das macht dieses Virus nach der Infektion besonders stabil.

Um sich zu vermehren, ist das Coronavirus auf die Mithilfe unserer Zellen angewiesen. Es programmiert die zelleigenen Protein- und RNA-Fabriken so um, dass sie nun virales Material herstellen. Doch die Zellen lassen sich dies nicht ohne Gegenwehr gefallen: Werden sie geentert, setzen sie unter anderem RNA-abbauende Enzyme frei, die das virale Erbgut zerschneiden sollen.

Mit Loops gegen die Abbau-Enzyme

Doch viele Viren haben Strategien entwickelt, diese Zell-Abwehr zu umgehen. Dafür besitzen sie beispielsweise RNA-Abschnitte, die so ineinander verschlungen sind, dass sie Knoten oder Schleifen bilden. Diese dreidimensionalen Strukturen behindern die am viralen RNA-Strang entlanglaufenden zellulären Enzyme. Gleichzeitig wirken einige der abtrennbaren RNA-Stücke als Hemmstoffe für die zelluläre Abwehr.

Ob auch SARS-CoV-2 solche stabilen RNA-Abschnitte und Abwehrstrukturen besitzt, haben nun Hiroyasu Wakida von der Universität Tokio und seine Kollegen untersucht. Dafür nutzten sie eine eigens dafür entwickelte Methode namens FAte-seq, bei der die virale RNA in Stücke geschnitten wird und dann auf ihre Basenabfolge und dreidimensionale Struktur hin analysiert wird. Durch Zugabe von Enzymen können die Forscher dann feststellen, welche Abschnitte besonders stabil sind.

Mit dieser Methode haben die Forscher nun die RNA-Sequenzen von 37 Coronaviren untersucht und verglichen, darunter auch SARS und SARS-CoV-2.

RNA-Loops
Stabilisierende RNA-Abschnitte bei SARS und SARS-CoV-2 im Vergleich.© Wakida et al. 2020, doi: 10.1016/j.bbrc.2020.05.008

Zusatzschleife bei SARS-CoV-2

Die Analysen enthüllten zwei auffällige RNA-Abschnitte bei vielen untersuchten Coronaviren. „Das spricht dafür, dass diese Sequenzen eine wichtige Rolle für die viralen Funktionen in der Wirtszelle spielen“, sagen die Forscher. Einer dieser Abschnitte ist bei SARS und SARS-CoV-2 weitgehend identisch und besteht aus drei stabilen Schleifen in der RNA. Diese dreidimensionale Struktur trägt dazu bei, die zellulären Abbauenzyme zu blockieren.

Darüber hinaus aber besitzt SARS-CoV-2 dank einer Mutation noch eine zusätzliche Schleife: „Die COV001-Region des SARS-Virus ist glatt, während die korrespondierende Region bei SARS-CoV-2 eine Loop-Struktur enthält“, berichten Wakida und seine Kollegen. In dieser Struktur formt die RNA des Coronavirus eine Haarklammer-ähnliche Schlaufe, die für Enzyme schwer zu knacken ist.

„Beide RNA-Regionen sind bei allen von uns analysierten 1.116 Isolaten von SARS-CoV-2 aus menschlichen Patienten zu finden“, sagen die Forscher.

Erhöhte Virulenz

Nach Ansicht von Wakida und seinem Team spricht dies dafür, dass SARS-CoV-2 sich noch effektiver in den menschlichen Zellen halten kann als sein Vorgänger SARS. „Das Vorkommen dieser Mutationen bei SARS-CoV-2 könnte die genomische Stabilität dieses Virus in der Wirtzelle erhöhen, indem es die RNA-Abbaumaschinerie der Zelle hemmt“, erklären die Wissenschaftler. „Das könnte das Überleben des Virus in den Zellen begünstigen.“

Seine leicht veränderte RNA-Sequenz verhilft dem Coronavirus SARS-CoV-2 demnach zu einer besseren Stabilität in unseren Zellen und damit auch zu einer effektivieren Vermehrung. Das könnte erklären, warum dieses Virus so erfolgreich und virulent ist. (Biochemical and Biophysical Research Communications, 2020; doi: 10.1016/j.bbrc.2020.05.008)

Quelle: University of Tokyo

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