Die Lebenswelt der Tiefen Biosphäre gibt es wahrscheinlich schon seit der Zeit der Dinosaurier. Datierungen deuten daraufhin, dass einige der Mikrobenkolonien schon seit mehr als 80, vielleicht sogar seit 160 Millionen Jahren im Untergrund festsitzen – und dies im wahrsten Sinne des Wortes.
Eingesperrt im Untergrund
Tullis Onstott von der Princeton University stellte bei Vermessungen der Porengröße in Bohrkernen fest, dass die Bakterien in ihren winzigen Spalten und Hohlräumen zwischen den Gesteinspartikeln buchstäblich eingemauert sind: Die Poren um die Kolonien herum sind nur ein Zehntel so breit wie die Bakterienzellen…
Aber wenn sie nicht herauskönnen, wie kamen sie dann überhaupt dorthin? Alle bisherigen Untersuchungen weisen daraufhin, dass die unterirdischen Gesteinsbewohner schon in der Kreidezeit, vielleicht sogar noch früher im Untergrund präsent waren. Möglicherweise sind oberirdische Kolonien besonders anpassungsfähiger Mikroben durch Zufall verschüttet oder über das Grundwasser in die Tiefe gespült worden und sitzen seither dort fest.
Für diese Theorie spricht die Tatsache, dass die meisten der bisher identifizierten Mikroorganismen physiologisch den Lebensformen der Oberfläche ähneln, vielleicht sogar mit ihnen verwandt sind.
…oder hier geboren?
Doch einige Biologen favorisieren auch eine ganz andere, provokantere Hypothese: die einer unterirdischen Wiege des Lebens. Schon bei der Entdeckung der „Schwarzen Raucher“ und ihrer vielfältigen Lebenswelt bekam die herkömmliche Vorstellung einer lichtdurchfluteten „Ursuppe“ erste Konkurrenz. Denn die nährstoffreichen, heißen Tiefseequellen würden sich nach Ansicht einiger Evolutionsforscher durchaus als „Wiege“ des Lebens anbieten. Auch die Poren im Lavagestein von Untersee-Vulkanen könnten die Bildung der ersten Biomoleküle und Zellen begünstigt haben.
Zumal es an der Oberfläche der Urerde alles andere als gemütlich war: Ohne dichte Stickstoff-Sauerstoffatmosphäre wären dort Moleküle und Zellen der tödlichen ultravioletten Strahlung aus dem Weltraum nahezu schutzlos ausgeliefert. Vulkanausbrüche ließen zudem Asche und Feuer regnen und Meteoriteneinschläge schlugen tiefe Krater in die noch junge Erde.
„Das Leben an der Oberfläche hatte demnach Probleme, aber 500 Meter tief im Untergrund war es vermutlich ganz angenehm“, erklärt Karsten Pedersen von der Universität Göteborg. Er hält es durchaus für wahrscheinlich, dass die Tiefe Biosphäre kein Relikt eines „Verschüttungsunglücks“, sondern vielmehr sogar der Ursprung allen Lebens gewesen sein könnte. Noch allerdings wissen die Forscher viel zu wenig über diesen ungewöhnlichen Lebensraum und seine Bewohner, um endgültige Schlüsse ziehen zu können.