Medizin

Corona: Schnelltest für Speichelproben

Neuer Speicheltest könnte sich für Reihentests von Pflegepersonal und Risikogruppen eignen

Coronavirus-Test
Ein schneller Speicheltest könnte künftig Reihentestungen auf das Coronavirus erleichtern. © Bill Oxford/ iStock.com

Spucke statt Abstrich: Forscher haben einen Speicheltest entwickelt, der SARS-CoV-2 einfacher und schneller als die PCR-Methode erkennen kann – und der keinen fehleranfälligen Abstrich benötigt. In einer ersten klinischen Studie identifizierte der EasyCOV getaufte Speicheltest immerhin 72 Prozent der Infizierten, bei den Nichtinfizierten lag die Trefferquote sogar bei 95 Prozent, wie die Forscher berichten. Der Test könnte sich als erstes Screening bei Pflegepersonal oder Risikogruppen eignen.

Bei der Diagnose einer Coronavirus-Infektion gilt der PCR-Test bislang als Goldstandard. Er weist virales Erbgut mit hoher Genauigkeit und geringen Fehlerraten nach. Allerdings erfordert dieser Test spezielle Laborgeräte und dauert mehr als sechs Stunden. Zudem ist er nur dann verlässlich, wenn die Rachen- oder Nasenabstriche für die Proben auch korrekt durchgeführt wurden – was für die Tester schwer ist und für die Patienten unangenehm.

Unter anderem deshalb arbeiten Wissenschaftler bereits an einfacheren und schnelleren Tests, um beispielsweise Pflegepersonal oder Risikogruppen einem regelmäßigen Screening unterziehen zu können.

Viren-RNA auch in der Spucke

Eine Lösung könnte das Testen von Speichel sein. Schon im Februar zeigte eine Studie in Hongkong, dass sich die RNA von SARS-CoV-2 auch in Speichelproben mit relativ hoher Trefferquote nachweisen lässt. Von zwölf bestätigten Corona-Patienten waren bei elf auch die PCR-Tests des Speichels positiv, im Gegentest fiel der Speicheltest bei allen 33 gesunden Probanden negativ aus, wie Kelvin To und sein Team berichteten.

Ausgehend von diesen frühen Erfahrungen haben US-Forscher ein Speichel-Testkit entwickelt, mit dem potenziell Infizierte sich zuhause selbst Speichelproben nehmen können. Das Teströhrchen mit der Spucke wird dann eingeschickt und im Labor mittels PCR ausgewertet. „Dadurch benötigen wir kein Medizinpersonal mehr, um Nasen- und Rachenabstriche zu nehmen“, erklärt Andrew Brooks von der Rutgers University. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat diesen Test Anfang Mai zugelassen.

Allerdings: Auch dieser Speicheltest erfordert noch die Arbeit eines Labors und das Ergebnis ist erst nach einem bis drei Tagen verfügbar.

Neuer Schnelltest für Speichelproben

Das könnte sich nun ändern. Denn Forscher der Universitätsklinik Montpellier und des Sys2diag-Forschungslabors haben nun einen Speicheltest entwickelt, der statt der PCR eine schnellere und einfachere Nachweismethode nutzt. Bei diesem RT-LAMP genannten Verfahren wird zur Vermehrung des Virenerbguts ein Enzym verwendet, das keine wechselnden Hitze-Kälte-Zyklen benötigt wie die PCR, sondern bei konstanter Temperatur arbeitet.

RT-LAMP
Ablauf des Speicheltests nach der RT-LAMP-Methode © L’Helgouach et al./ CNRS

Für den Test wird die Speichelprobe zunächst 30 Minuten auf 65 Grad erhitzt, um die im Speichel enthaltenen Enzyme zu deaktivieren. Dann werden Reagenzien hinzugefügt, die mittels RT-LAMP das potenziell vorhandene Virenerbgut vermehren. Ein spezieller Farbstoff zeigt dann durch Umschlag von gelb nach Orange an, ob RNA von SARS-CoV-2 in der Probe enthalten ist. Der gesamte Ablauf dauert weniger als eine Stunde.

Trefferquote 72 bis 95 Prozent

Aber wie treffsicher ist dieser Speichel-Schnelltest? Das haben Nicolas L’Helgouach von Sys2diag und sein Team mit 123 Patienten in einer Doppelblindstudie überprüft. Dabei wurden 30 Covid-19-Patienten und 93 Angehörige des medizinischen Personals mit unbekanntem Infektionsstatus sowohl mit dem EasyCOV-Test wie mit der klassischen Abstrich-PCR getestet. Weder die die Tests durchführenden noch die auswertenden Forscher wussten dabei, wer zu welcher Teilnehmergruppe gehörte.

Das Ergebnis: Bei den 92 nichtinfizierten Pflegekräften erkannte der Speicheltest 88 korrekt als negativ für SARS-Cov-2, vier meldete er als falsch positiv. „Damit liegt die Spezifität beim Screening des Medizinpersonals bei 95,7 Prozent“, so die Forscher. Von den mit dem Coronavirus infizierten Probanden erkannte der Speicheltest 72,7 Prozent korrekt.

In einem Fall erwies sich EasyCOV sogar als treffsicherer als die PCR: „Patient 80 testete mit der RT-PCR negativ, mit dem Speicheltest aber positiv“, berichten L’Helgouach und sein Team. Bei Nachtestungen unter anderem mittels Bluttests stellte sich dann heraus, dass dieser bislang symptomfreie Patient tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert war. „Demnach konnte EasyCOV in diesem Fall sogar einen präsymptomatischen Patienten identifizieren.“

Für Reihentestungen geeignet

Nach Ansicht der Wissenschaftler ist ihr Speichel-Schnelltest damit genau genug, um für ein vorbeugendes Routine-Screening beispielsweise von Pflegepersonal oder Risikogruppen eingesetzt zu werden. „Weil EasyCOV schnell und einfach ist, können damit größere Bevölkerungsgruppen durchgetestet werden“, resümieren L’Helgouach und seine Kollegen. Zudem wird kein Labor benötigt, so dass solche Viren-Screenings vor Ort erfolgen können.

Die Forscher schätzen, dass der EasyCOV-Test bereits Ende Juni auf den Markt kommen könnte. Zurzeit läuft ihre klinische Studie aber noch weiter. (medRxiv, doi: 10.1101/2020.05.30.20117291)

Quelle: CNRS

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