Luftige Aufladung: Aus der Luftfeuchtigkeit lässt sich Strom gewinnen – wenn man zwei verschiedene Metalle dieser feuchten Luft aussetzt. Dann transportieren die winzigen Wassertröpfchen der Luft Ladung von einem Metall zum andern und lassen eine Spannung entstehen, wie eine Studie demonstriert. In einem Freilandtest erzeugte ein solcher „Akku“ aus Zink und Edelstahl immerhin eine Spannung von einem Volt.
Dass sich feuchte Luft aufladen kann, lässt sich bei jedem Gewitter beobachten: Die Blitze entstehen, weil sich Ladungsunterschiede innerhalb der Wolken bilden und entladen. Die Wassertröpfchen der feuchten Luft können aber auch Ladungen von Metallen übertragen, wie ein Unfall im Jahr 1843 demonstrierte: Ein Arbeiter erlitt einen starken Stromschlag, weil sich eine Metalloberfläche in einem wasserdampfgefüllten Raum aufgeladen hatte.
Wassertröpfchen als Ladungstransporteure
Wie sich dieses Phänomen praktisch nutzen lässt, belegen nun Judi Lax und ihre Kollegen von der Universität Tel Aviv. „Es ist bekannt, dass Oberflächen ihre elektrostatische Ladung in feuchter Luft verlieren“, erklären die Forscher. „Frühere Experimente haben zudem gezeigt, dass einige Metalle sich spontan aufladen können, wenn sie einer relativen Luftfeuchtigkeit von mehr als 50 Prozent ausgesetzt sind.“
Dieser Effekt kommt zustande, weil Ionen von der Metalloberfläche auf die winzigen Wassertröpfchen der Luft übergehen können und umgekehrt. Je nach Metallart laden sich dabei einige Oberflächen positiv, andere negativ auf. Die Idee der Forscher: Wenn man zwei in dieser Hinsicht möglichst unterschiedliche Metalle miteinander kombiniert, könnte der Ladungsunterschied groß genug werden, um eine Spannung zu erzeugen.
Feuchte Luft lädt Metalle auf
Für ihr Experiment stellten die Forscher verschiedene Metallproben in einen Zylinder aus chromüberzogenem Messing und setzen sie steigender Luftfeuchte aus. Über ein Elektrometer maßen sie die Ladung im Metall und im Zylinder. „Solange die Luft trocken war, trat keine Spannung auf“, berichtet Lax‘ Kollege Colin Price. „Aber sobald die relative Luftfeuchtigkeit auf über 60 Prozent stieg, begann sich eine Spannung zwischen den beiden isolierten Metallflächen zu entwickeln.“
Am höchsten war die Spannung bei Edelstahl, Zink und Aluminium – sie erreichte bei diesen Metallen 0,8 bis 0,9 Volt. Um diesen Effekt zu maximieren, konstruierten die Wissenschaftler als nächstes eine Art Akku: Sie legten ein Zinkblech und ein Edelstahlblech getrennt durch ein Papier aufeinander und wickelten das Ganze zu einer engen Spirale auf. Diese setzten sie dann wieder feuchter Luft aus und maßen die Spannung.
Zink/Edelstahl-Kombination erzeugt ein Volt
Das Ergebnis: „Die asymmetrischen Kondensatoren aus Zink und Edelstahl erreichten spontan eine Spannung von einem Volt“, berichten Lax und ihre Kollegen. Als sie diese „Akkus“ in einem weiteren Versuch drei Tage lang unter Freilandbedingungen auf dem Institutsdach testeten, produzierten die simplen Metallröllchen ebenfalls diese Spannung: Immer nachts, wenn die relative Luftfeuchtigkeit auf über 60 Prozent anstieg, luden sich die Metalle auf.
„Das belegt, dass diese Ladungsakkumulation auch unter normalen Umweltbedingungen funktioniert, solange die Luftfeuchtigkeit bei mehr als 60 Prozent liegt“, sagen die Forscher. Diese Bedingungen werden selbst in heißen Gegenden in den meisten Nächten erfüllt, in vielen Küstenregionen liegt die Luftfeuchte auch tagsüber oft in diesem Bereich.
Potenzial als erneuerbare Energiequelle
Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte sich dieses Phänomen damit zur praktischen Anwendung eignen: „Man könnte Batterien entwickeln, die sich durch den Wasserdampf der Luft aufladen“, sagt Price. „Schon für 1,5 Voltbatterien gibt es viele Nutzungsmöglichkeiten.“ Noch müsse zwar geklärt werden, wie sich diese Wasserdampf-Akkus am besten kombinieren lassen, um auch höhere Spannungen zu erzeugen. Aber sie sehen in solchen Akkus durchaus Potenzial.
„Dies könnte beispielsweise eine erneuerbare und leicht verfügbare Energiequelle in Entwicklungsländern sein, wo viele Kommunen noch keinen Anschluss an das Stromnetz haben“, erklärt Price. (Scientific Reports¸2020; doi: 10.1038/s41598-020-64409-2)
Quelle: Tel Aviv University