Zoologie

Kolibris sehen nichtspektrale Farben

Vögel sehen Kombinationen von UV-Licht mit verschiedensten normalen Farben

Kolibri
Dieser Breitschwanzkolibris sieht nicht nur ultraviolettes Licht, sondern auch nichtspektrale Farbkombinationen von UV-Licht und "normalen" Farben. © Noah Whiteman/ Rocky Mountain Biological Laboratory

Faszinierende Sinneswelt: Für Kolibris sieht unsere Welt völlig anders aus, wie nun ein Experiment bestätigt. Denn die Vögel sehen Farben, deren Aussehen wir Menschen uns nicht einmal vorstellen können. Der Grund dafür ist ein vierter Typ von Sehzäpfchen in der Netzhaut der Kolibris. Sie reagieren auf UV-Licht und unterscheiden in Kombination mit den drei „normalen“ Farbsensoren auch exotische Kombinationen wie UV+grün von normalem Grün.

Im Vergleich zu vielen Tieren sind wir Menschen fast farbenblind. Denn wir tragen in unserer Netzhaut nur drei Arten von Zapfen, die auf rotes, grünes und blaues Licht reagieren. Einige wirbellose Tiere wie der Fangschreckenkrebs oder Schmetterlinge besitzen dagegen bis zu 16 verschiedene Photosensoren im Auge – sie sehen dadurch auch UV-Strahlung oder die Polarisierung des Lichts.

Ein Zapfen mehr

Jetzt belegt ein Experiment, dass auch Kolibris weit mehr sehen als wir. Schon vorher war bekannt, dass Vögel vier Typen von Zapfen in ihrer Netzhaut tragen – sie sind sogenannte Tetrachromaten. Neben den drei auch bei uns vorhandenen kommt bei ihnen ein UV-Sensor dazu. Unklar war jedoch bisher, ob dies den Vögel erlaubt, auch Kombinationen der normalen Farben mit UV zu erkennen. Theoretisch wären fünf solcher Kombinationen denkbar: UV+grün, UV+rot, UV+gelb, UV+purpur und purpur.

Solche Farbkombinationen aus nicht benachbarten Lichtwellenlängen bezeichnet man auch als nichtspektrale Farben. Sie beruhen nicht auf einer Wellenlänge des Lichtspektrums, das nur einen oder benachbarte Sensoren anregt, sondern entstehen erst durch die Mischung mehrerer, in ihrer Wellenlänge deutlich unterschiedlicher Lichtqualitäten, die mehrere Zapfentypen anregen. Bei uns Menschen gehört Purpur zu den wenigen nichtspektralen Farben, die wir sehen können.

Farbsicht der Kolibris im Test

Wie aber ist es bei den Kolibris? Das haben Mary Caswell Stoddard von der Princeton University und ihr Team mit Breitschwanzkolibris auf einer Almwiese in Colorado getestet. Sie trainierten die Vögel dann darauf, dass es nur an Futterstellen mit bestimmten per LED ausgestrahlten Farben Zuckerwasser gab. Durch Kombination verschiedener LEDs konnten sie so herausfinden, welche Farbunterschiede und Farbkombinationen die Kolibris erkannten und welche nicht.

„Es war faszinierend anzuschauen: Die UV+grün und die grüne LED sahen für uns völlig gleich aus, aber die Kolibris wählten jedes Mal korrekt die UV+grüne LED, um das Zuckerwasser zu bekommen“, berichtet Koautor Harold Eyster von der University of British Columbia in Vancouver. „Unser Experiment erlaubte es uns so, einen kleinen Einblick darin zu bekommen, wie die Welt für einen Kolibri aussieht.“

Kolibri an Blüte
Den Kolibris hilft ihre erweiterte Farbsicht bei der Nektarsuche, aber auch bei der innerartlichen Kommunikation. © David Inouye/ University of Maryland

Volle Bandbreite der nichtspektralen Farben

Die Beobachtungen zeigten: Kolibris sehen tatsächlich die ganze Bandbreite der nichtspektralen Farben. Sie sehen Purpur, UV-grün, UV-rot, UV-gelb und sogar zwei verschiedenen Mischungen von ultraviolettem mit rotem Licht. „Unsere Ergebnisse stützen damit die Annahme, dass Vögel Farben im gesamten tetrachromatischen Farbraum erkennen können“, sagen Stoddard und ihre Kollegen.

Für die Kolibris könnte diese Sehfähigkeit in mehrerer Hinsicht biologisch nützlich sein. Zum einen geben auch ihre Nahrungslieferanten, die Blüten, Farbsignale im UV-Bereich ab. Das könnte es den Vögeln erleichtern, lohnende Nektarquellen aufzuspüren. Zum anderen nutzen auch die Vögel selbst nichtspektrale Farben in ihrem Gefieder um Artgenossen visuelle Signale zu übermitteln. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2020; doi: 10.1073/pnas.1919377117)

Quelle: Princeton University

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