Der Trend ist ungebrochen: Trotz Corona-Krise geht der Klimawandel nahezu ungebremst weiter. Schon ist die Erde ein Grad wärmer als zu präindustriellen Zeiten und bis 2024 könnte sogar die Schwelle von 1,5 Grad Erwärmung im Jahresmittel erreicht sein – so die aktuellen Prognosen der World Meteorological Organization (WMO). Für Europa sagen sie ebenfalls eine weitere Erwärmung und mehr Stürme voraus.
Inzwischen ist es fast schon zur traurigen Routine geworden: Die letzten Jahre brachten immer wieder neue Wärmerekorde, vielerorts begleitet von Dürren, Waldbränden und Wetterextremen. Inzwischen erreichen die Temperaturen sogar am Südpol und in den Ozeanen neue Höchstwerte. In Deutschland hat sich das Klima sogar schon um 1,6 Grad gegenüber präindustriellen Zeiten erwärmt.
Ein Grad Erwärmung ist erreicht
Jetzt gibt es neue Daten und Prognosen zum aktuellen Stand des Klimas und dazu, was uns im Zeitraum 2020 bis 2034 erwarten wird. Erstellt hat den Bericht das britische Met Office zusammen mit der WMO. Er bestätigt, dass die letzten fünf Jahre allesamt die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1850 waren. Die irdische Mitteltemperatur liegt inzwischen ein Grad höher als noch vor der industriellen Revolution.
In den nächsten knapp fünf Jahren wird sich dieser Trend fortsetzen: „In jedem der kommenden Jahre wird die Jahresmitteltemperatur wahrscheinlich mindestens ein Grad über dem präindustriellen Niveau liegen“, heißt es im Bericht. Trotz natürlicher Klimaschwankungen werden fast alle Regionen der Erde wärmer sein als in der jüngsten Vergangenheit. Einzige Ausnahmen sind Teile des Südpolarmeers und des südöstlichen Pazifiks.
1,5 Grad bis 2024 nicht unwahrscheinlich
Wie deutlich der Klimaschutz bislang versagt, belegt eine weitere Prognose: Das im Pariser Klimaabkommen angestrebte Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, könnte schon in den nächsten fünf Jahren Makulatur werden. Denn für die Jahresmittelwerte liegt die Wahrscheinlichkeit laut WMO bei 24 Prozent, dass wir die 1,5 Grad schon bis 2024 erreichen oder sogar überschreiten werden – und mit jedem Jahr „Weiter so“ wird es wahrscheinlicher.
Sogar auf 70 Prozent beziffern die Klimaforscher die Chance, dass einer oder mehrere Monate der kommenden fünf Jahre mindestens 1,5 Grad wärmer sein werden als das präindustrielle Niveau. Besonders stark erwärmen werden sich den Prognosen zufolge weiterhin die Arktis und die höheren nördlichen Breiten. Etwas geringer ist der Zuwachs in den Tropen und den südlichen gemäßigten Breiten.
Corona-Pandemie bringt keine Entlastung
Und auch die Corona-Pandemie hat dem Klimawandel keine Pause aufgedrängt. Zwar sind die Treibhausgas-Emissionen während der verbreiteten Shutdowns um 17 Megatonen pro Tag gesunken. Doch inzwischen steigt der Ausstoß wieder und trotz Corona-Krise registrierten Messstationen im März und April 2020 neue Rekordwerte für das atmosphärische CO2. Insgesamt wird die vorübergehende Minderung maximal 0,1 Grad Unterschied ausmachen, wie die WMO berichtet.
„Der industrielle und wirtschaftliche Einbruch durch Covid-19 ist kein Ersatz für einen anhaltenden und koordinierten Klimaschutz“, betont WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. „Wegen der langen Lebensdauer von CO2 in der Atmosphäre wird der vorübergehende Abfall der Emissionen in diesem Jahr zu keiner nennenswerten Senkung der atmosphärischen CO2-Konzentrationen führen.“
Mehr Stürme in Europa
Die Prognosen treffen auch einige konkrete Aussagen über Niederschläge und Windverhältnisse der nächsten fünf Jahre. Demnach müssen Westeuropa, Teile von Südamerika, der Norden Australiens und generell die Subtropen mit mehr Trockenheit rechnen. In Nordeuropa, der Sahelzone, dem Tropengürtel und dem hohen Norden wird es dagegen mehr Niederschläge geben.
Europa und auch den USA sowie der Karibik drohen zudem vermehrte Stürme: „Der subtropische Nordatlantik zeigt eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für geringen Luftdruck“, so der WMO-Bericht. „Kombiniert mit den höheren Temperaturen könnte dies vermehrt zur Bildung von tropischen Zyklonen führen.“ Parallel dazu sorgt ein verstärkter Nord-Süd-Gradient im nördlichen Nordatlantik dafür, dass dort mehr Sturmtiefs entstehen, die dann Kurs auf Europa nehmen. (WMO Global Annual to Decadal Climate Update, 2020)
Quelle: World Meteorological Organization (WMO)