Spektakulärer Anblick: Nach 23 Jahren ist erstmals wieder ein Komet mit bloßem Auge am Himmel zu sehen. Der Komet C/2020 F3 (NEOWISE) hat so stark an Helligkeit zugenommen, dass er nun gut sichtbar vom frühen Abend bis zum Sonnenaufgang über dem nördlichen Horizont steht. Der erst am 27. März 2020 entdeckte Komet ähnelt einem mittelhellen, unscharfen Stern, der nach oben eine fahle Schleppe von der Größe des Vollmonds hinter sich herzieht.
Auch wenn es viele Kometen gibt, die auf ihren Bahnen durch das innere Sonnensystem ziehen – nur wenige von ihnen sind dabei mit bloßem Auge am Himmel sichtbar. Doch die hellsten von ihnen haben schon unsere Vorfahren fasziniert, aber auch in Angst versetzt. Denn der Halleysche Komet und andere „Schweifsterne“ galten meist als böses Omen. Heute dagegen sind gut sichtbare Kometen ein Anlass zur Begeisterung für viele Amateurastronomen.
Hell genug fürs bloße Auge
Jetzt ist es wieder soweit: 23 Jahre nach dem letzten Himmelsschauspiel dieser Art leuchtet erneut ein Komet hell genug, um ihn mit bloßem Auge zu sehen. Der Komet C/2020 F3 wurde erst am 27. März 2020 von der NEOWISE-Raumsonde der NASA entdeckt. Zu dieser Zeit war der eisige Brocken noch auf seinem Weg zur Sonne und nur mit starken Teleskopen sichtbar.
Doch nachdem NEOWISE am 3. Juli seinen sonnennächsten Punkt passiert hat, ist seine Helligkeit sprunghaft angestiegen. Denn die Sonnenhitze lässt sein Eis verdampfen und dadurch wachsen Schweif und die diffuse Koma um den Kometenkern an. Inzwischen ist der Komet deshalb auch ohne Fernglas oder Teleskop am Himmel sichtbar. Er erscheint in der Abenddämmerung am Nordwesthorizont und leuchtet dann die ganze Nacht tief am nördlichen Himmel. Morgens ist er dann im Nordosten zu sehen.
Ein Schweif so groß wie der Vollmond
Um den Kometen zu sehen, sollte man einen freie Sicht auf den Nordhorizont haben und einen möglichst wenig vom Stadtlicht gestörten Standort suchen. Der Komet steht etwa zwei Fäuste breit links und unterhalb des hellen Sterns Capella im Fuhrmann. Vom Großen Wagen aus findet man ihn, wenn man die beiden Sterne der Vorderachse nach unten verlängert. Je weiter im Norden man sich befindet, desto höher steht NEOWISE über dem Horizont.
Der „Schweifstern“ erscheint nah über dem Horizont als mittelheller, unscharfer Stern, der nach oben eine fahle Schleppe hinter sich herzieht. Der Schweif hat etwa die Länge eines Vollmond-Durchmessers. Der Kometenkern glänzt tief am Horizont goldfarben, sein Schweif verschmilzt in den Morgenstunden mit der aufziehenden Dämmerung. Der Komet ist immerhin deutlich genug, um ihn sogar mit einem Mobiltelefon fotografieren zu können. Für Nahaufnahmen bieten sich Spiegelreflexkameras mit Teleobjektiv und Fotostativ an.
Was wissen wir über die Flugbahn von NEOWISE?
Wie sich die Sichtbarkeit von NEOWISE in den nächsten Wochen entwickeln wird, ist noch unklar. Am 23. Juli erreicht er seinen erdnächsten Punkt und entfernt sich danach wieder von uns. Ab Ende Juli wird er daher wohl verblassen. Ein Wiedersehen wird es übrigens so bald nicht geben. Denn wenn der Komet im September 2020 am Gasriesen Jupiter vorbeifliegt, wird dessen Schwerkraft die Bahn von NEOWISE verändern, wie Astronomen ermittelt haben. Dadurch wird es beim nächsten Umlauf 6.800 Jahre dauern, bis der Komet wieder in unsere Nähe kommt.
Während viele kurzperiodische Kometen weniger als 200 Jahre für einen Umlauf um die Sonne benötigen, durchfliegen langperiodische Kometen weit seltener das innere Sonnensystem – und werden daher oft erst spät entdeckt. C/2020 F3 war vermutlich das letzte Mal vor mehr als 2.700 Jahren in unserer Nähe unterwegs. Seine Umlaufbahn ist extrem elliptisch und gegen die Bahn der Planeten geneigt. Zudem durchläuft NEOWISE diese Bahn quasi falschherum: In Gegenrichtung zur Bewegung der Planeten.
Quelle: Max-Planck-Institut für Astronomie, Sky & Telescope