Raumfahrt

Überraschend anders

Was New Horizons über den Pluto verraten hat

Die Daten der Raumsonde New Horizons haben unser Bild des Pluto drastisch verändert. Denn schon kurz nach dem Vorbeiflug wurde klar, dass sich dieser Zwergplanet völlig von dem unterschied, was Planetenforscher erwartet hatten. Während Pluto selbst im Hubble-Weltraumteleskop nur schemenhaft Helligkeitsunterschiede auf einem winzigen Lichtscheibchen erkennen lässt, enthüllten die Aufnahmen von New Horizons eine faszinierend vielfältige und dynamische Welt.

Pkuto-Atmosphäre
Pluto verfügt über eine verblüffend ausgedehnte und geschichtete Atmosphäre. © NASA/ JHUAPL/ SwRI

Komplexe Atmosphäre

Die Augen der Bordkameras zeigten eine bizarre Welt mit einer bewegten Vergangenheit und vielleicht sogar dynamischen Gegenwart – ein Resultat, mit dem in diesem Ausmaß kein Wissenschaftler zuvor gerechnet hatte. Legendär ist unter Kollegen der Begeisterungs-Ausbruch von Missionsleiter Alan Stern, als er die ersten Nahaufnahmen auf dem Bildschirm zu sehen bekam. Kein Wunder: Jahrzehntelang hatten die Forscher darauf gewartet.

Im Schnitt kommen auf dem Pluto nur fünf Zehntausendstel des Sonnenlichts an, das auf die Erde fällt, die Tagestemperatur beträgt minus 234 Grad Celsius. Bei diesen Temperaturen frieren die meisten Gase aus. Deshalb gibt es auf dem Pluto nicht nur Wassereis, auch Stickstoff, Methan, Kohlenmonoxid, Kohlendoxid und Ammoniak sind dort gefroren. Dennoch besitzt Pluto – zumindest in Sonnennähe – eine erstaunlich große, komplexe Atmosphäre. Sie besteht aus Stickstoff mit ein wenig Kohlenmonoxid und Methan und reicht bis in 1.600 Kilometer Höhe.

Warmer Kern und junges Herz

Auch über das Innenleben des Zwergplaneten gaben die Daten der Raumsonde erstmals Aufschluss. Demnach liegt die mittlere Dichte von Pluto bei 1.860 Kilogramm pro Kubikmeter. Er muss demnach zu mehr als zwei Dritteln aus Gestein und zu 30 Prozent aus Eis verschiedener Zusammensetzung bestehen. Das wiederum bedeutet, dass der Zwergplanet in seinem Inneren genügend Energie und Wärme gespeichert haben könnte, um heute noch dynamische Prozesse und vielleicht sogar einen flüssigen oder halbflüssigen Ozean unter seiner Eiskruste zu erlauben.

Tatsächlich enthüllten die Aufnahmen der New-Horizons-Sonde zahlreiche Hinweise auf dynamische Prozesse an der Pluto-Oberfläche. So gibt es zwar Regionen, die voller alter Einschlagskrater und dunkler Ablagerungen sind. Sie sind daher vermutlich schon vor gut vier Milliarden Jahren erstarrt. In anderen Gebieten aber, wie beispielsweise dem großen „Herz“ des Pluto, gibt es riesige helle kraterfreie Flächen aus blankem Eis, die weniger als 100 Millionen Jahre alt sind. Vor allem in der Ebene Sputnik Planum zeigen sich eckige Waben aus Eis, die auf eine möglicherweise bis heute anhaltende Konvektion im Eis hindeuten.

Sputnik Planum
Gebirge aus Eis und Polygone in der Eisebene von Sputnik Planum. © NASA/ JHUAPL/ SwRI

Hochgebirge aus Eis

Eine weitere Überraschung war die Entdeckung gewaltiger hochgebirgsartiger Landschaften mit den Norgay und Hillary Montes, Bergen von bis zu 3.500 Metern Höhe. Sie bestehen jedoch nicht aus Stein und Fels, sondern aus einer Tieftemperatur-Modifikation von Wassereis extremer Härte. Diese verhindert, dass diese Gebirgsriesen aus Eis an ihrer Basis durch das Eigengewicht in sich zusammenschmelzen.

Das dunkle, rötlich-braune Material im Norden Plutos besteht vermutlich aus einer komplexen Mischung organischer Moleküle wie Kohlenstoff, Stickstoff und Wasserstoff, die sich in der Atmosphäre von Gasplaneten, Monden oder Kometen unter der Einwirkung ultravioletter Strahlung und den Partikeln des Sonnenwindes aus dem Oberflächenmaterial bilden. Sie werden „Tholine“ (griechisch für „schlammig“) genannt.

DLR/NPO

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

New Horizons: Mehr als nur Pluto
Entdeckungen am eisigen Außenrand des Sonnensystems

Ferne Welten
Am eisigen Rand des Sonnensystems

Das erste Ziel: Pluto
Vorbeiflug "durch das Nadelöhr"

Überraschend anders
Was New Horizons über den Pluto verraten hat

Der zweite Streich: Arrokoth
Vorbeiflug an einem zweigeteilten Brocken

Der dritte Job: Sterne im Blick
Erste Fixstern-Parallaxenmessung mit einer Raumsonde

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