Chemie

Neue Form des Diamants entdeckt

"Pentadiamanten" sind härter und leichter als normale und besitzen Halbleiter-Eigenschaften

Pentadiamant
Verschieden große Bindungsringe im Wechsel: Der Pentadiamant ist eine neue Strukturvariante des Kohlenstoffs, die härter ist als normaler Diamant. © Y. Fujii, University of Tsukuba/ APS

Überraschender Fund: Forscher haben eine Kohlenstoffstruktur entdeckt, die sogar härter ist als normaler Diamant. Gleichzeitig ist dieser „Pentadiamant“ aber leichter und besitzt Halbleiter-Eigenschaften, wie die Wissenschaftler mithilfe von Computersimulationen herausfanden. Das Kristallgitter des Pentadiamanten besteht aus Kohlenstoffatomen, die im Wechsel mal mit drei, mal mit vier anderen Atomen verbunden sind.

Ihre Entstehung in den heißen Tiefen der Erde macht Diamanten zum härtesten natürlichen Material. In diesen Kohlenstoffkristallen ist jedes Atom mit seinen vier Nachbarn über enge, sehr starke Bindungen verknüpft. Dies macht das Diamantgitter extrem dicht und stabil. Doch Kohlenstoff kann in unzähligen weiteren Strukturvarianten auftreten – vom weichen Graphit über Nanoröhrchen und fußballförmige Fullerene bis hin zu Ringen aus reinem Kohlenstoff.

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Weiße Elemente kennzeichnen Kohlenstoffatome mit vier Bindungen, schwarze Teile Atome mit drei Bindungspartnern. © Y. Fujii/ University of Tsukuba

Wechsel verschiedener Bindungsformen

Eine neue Form dieser Kohlenstoff-Allotrope haben nun Yasumaru Fujii von der Tsukuba Universität in Japan und seine Kollegen identifiziert – den Pentadiamant. Entdeckt haben sie diese neue Diamantform, als sie im Computermodell Kombinationsmöglichkeiten von Kohlenstoffatomen untersuchten, deren Atomhüllen in zwei unterschiedlichen Bindungszuständen vorliegen. Bei der sogenannten sp3-Hybridisierung kann ein Atom mit vier weiteren Kohlenstoffatomen kovalente Bindungen ausbilden. Im sp2-Zustand bildet es drei Bindungen aus.

„Kohlenstoff-Alloptrope mit sowohl sp2- als auch sp3-hydrisierten Atomen haben eine größere Formenvielfalt, weil dies eine größere Zahl von Kombinationen und Anordnungen im Atomnetzwerk ermöglicht“, erklärt Fujii. In der Simulation nutzten die Forscher zwei aus fünfatomigen Ringen bestehende Kohlenwasserstoffe als Ausgangsbasis, um daraus die Kristallgitter aus gemischten Kohlenstoffatomen zu erzeugen.

Härter als Diamant und leicht wie Graphit

Das Resultat war eine dreidimensionale Gitterstruktur, in der die Kohlenstoffatome abwechselnd drei und vier Bindungspartner besaßen. Dadurch entstand eine Anordnung aus ineinander verwobene Kohlenstoff-Fünfecken. Mithilfe der sogenannten Dichte-Funktionsperiode ermittelten die Wissenschaftler dann, welche Eigenschaften dieser „Pentadiamant“ besitzen könnte.

Es zeigte sich: Der Pentadiamant hat sogar eine höhere Druck- und Scherfestigkeit als der normale Diamant. Man kann ihn fast 1.700 Gigapascal Druck aussetzen, bevor er nachgibt – beim normalen Diamanten sind es 1.200 Gigapascal. Bei Scherkräften hält der Pentadiamant 1.163 Gigapascal stand. „Darin übertrifft er die Festigkeit des Diamanten“, so Fujii und seine Kollegen. Gleichzeitig ist das Material aber trotz der hohen Festigkeit relativ leicht, seine Dichte entspricht nur der des Graphits.

Die Forscher führen diese Eigenschaften auf die Atomstruktur zurück, in der die unterschiedlich großen, ineinander verwobenen Ringe wie die Stützstreben eines Gebäudes für zusätzliche Stabilität sorgen.

Pentadiament wird beim Dehnen dicker

Noch ungewöhnlicher jedoch: Wenn man den Pentadiamant auseinanderzieht und seine Gitterstruktur dehnt, wird er dicker. Physikalisch gesprochen besitzt dieses Material damit eine negative Poissonzahl: Sein Kristallgitter dehnt sich quer zur Streckrichtung, statt sich zusammenzuziehen. Solche auxetischen Materialien sind eher selten, kommen aber sowohl bei einigen Polymeren als auch bei Mineralen vor. Zusätzlich besitzt der Pentadiamant auch die elektrischen Merkmale eines Halbleiters, wie die Forscher berichten.

Nach Ansicht von Fujii und seinem Team könnte diese neuartige Diamantform sich für einige praktische Anwendungen eignen. So könnte man ihn nicht nur als Schneidmaterial oder Diamantstempel verwenden, er könnte wegen seiner Porosität auch als stabiler Feststoffspeicher für Gase eingesetzt werden. Auch in der Optoelektronik oder der Chemie sehen sie vielversprechende Anwendungen.

Noch existiert der Pentadiamant zwar nur im Computer. Aber seine Herstellung ist relativ einfach, wie die Wissenschaftler erklären. Denn er könnte durch konventionelle Copolymer-Synthese-Methoden aus Kohlenwasserstoffen produziert werden. (Physical Review Letters, 2020; doi: 10.1103/PhysRevLett.125.016001)

Quelle: University of Tsukuba, American Physical Society

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