Stellarer Schnappschuss: Astronomen haben einen sonnenähnlichen Stern mit zwei großen Exoplaneten fotografiert – es ist die erste direkte Abbildung eines solchen Mehrplanetensystems um eine fremde Sonne. Der Stern TYC 8998-760-1 liegt rund 300 Lichtjahre von uns entfernt und ist sehr viel jünger als unsere Sonne. Die Teleskop-Aufnahme ist daher fast ein Rückblick in die Vergangenheit unseres eigenen Sterns.
Astronomen haben schon tausende von Exoplaneten entdeckt, darunter auch viele potenziell lebensfreundliche Welten in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Viele Sterne werden zudem ähnlich wie die Sonne von mehreren Planeten umkreist, darunter auch unser Nachbarstern Proxima Centauri mit zwei Planeten oder der nur 40 Lichtjahre entfernte Rote Zwerg TRAPPIST-1 mit gleich sieben planetaren Trabanten.
Doch trotz dieser Fülle an fremden Welten – Fotos von Exoplaneten sind bislang rar. Die meisten von ihnen sind zu weit entfernt und zu dunkel, um selbst mit stärksten Teleskopen abgebildet zu werden. Und Portraits von Sternen mit mehreren Planeten sind noch seltener: Bislang wurden nur zwei solcher Systeme direkt beobachtet und beide gehören zu Sternen, die sich deutlich von unserer Sonne unterscheiden.
Jüngere Schwester der Sonne
Jetzt ist es Astronomen um Alexander Bohn von der Universität Leiden erstmals gelungen, einen sonnenähnlichen Stern mit mehreren Planeten zu fotografieren. Dieser stellare Schnappschuss gelang ihnen mithilfe des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte in Chile. Das SPHERE-Instrument dieses Teleskops blockiert das helle Licht des Sterns mit einem sogenannten Koronografen, so dass es die Planeten nicht mehr überstrahlt. Sie werden dadurch im Infrarotlicht sichtbar.
Das nun fotografierte Planetensystem liegt rund 300 Lichtjahre von uns entfernt im südlichen Sternbild Musca (Fliege). Mit einem Alter von nur 17 Millionen Jahren ist der Stern TYC 8998-760-1 eine weit jüngere „Zwillingsschwester“ unserer Sonne. „Diese Entdeckung ist eine Momentaufnahme einer Umgebung, die unserem Sonnensystem sehr ähnlich ist, sich aber in einem viel früheren Stadium seiner Entwicklung befindet“, erklärt Bohn.
Zwei Gasriesen in weiten Orbits
In der Aufnahme zu sehen ist der junge, sonnenähnliche Stern TYC 8998-760-1, der von zwei hellen, schräg unter ihm stehenden Lichtpunkten begleitet wird. Es handelt sich um zwei junge Gasriesen, die ihren Stern im Abstand von 160 und 320 astronomischen Einheiten umkreisen. Zum Vergleich: Die Gasplaneten Jupiter und Saturn sind nur fünf beziehungsweise zehn astronomische Einheiten von der Sonne entfernt.
Die beiden Planeten um TYC 8998-760-1 sind zudem viel schwerer als unsere „heimischen“ Gasriesen: Der innere Exoplanet hat die 14-fache Jupitermasse und der äußere immerhin noch die sechsfache Jupitermasse. Erst diese Kombination von Größe, großem Abstand zum Stern und der wegen des jungen Alters noch intensiven Wärmeabstrahlung dieser Planeten machte es möglich, sie im Teleskop zu sehen.
Rückblick auf die Geschichte unseres Sonnensystems
Die Beobachtungen von jüngeren Versionen unserer Sonne und des Sonnensystems helfen Astronomen dabei, die Vergangenheit auch unseres Sterns und Planetensystems besser zu verstehen. Gleichzeitig bietet TYC 8998-760-1 die perfekte Möglichkeit, die dynamische Entwicklung von jungen Gasriesen in solchen Systemen zu erforschen. Denn gängiger Theorie nach wandern viele dieser Gasplaneten erst nachträglich in ihre endgültige Bahn um ihren Stern – auch Jupiter hat seinen Orbit verändert.
Die Forscher hoffen, dass künftige Teleskope wie das 2021 startende James-Web-Weltraumteleskop der NASA oder das im Bau befindliche Extremely Large Telescope der ESO weitere Einblicke in das Planetensystem der jungen Sonne TYC 8998-760-1 bringen werden – und vielleicht sogar weitere Planeten entdecken.
„Die Möglichkeit, dass künftige Instrumente in der Lage sein werden, noch masseärmere Planeten um diesen Stern zu entdecken, ist ein wichtiger Meilenstein für das Verständnis von Mehrplanetensystemen, mit möglichen Auswirkungen auf die Geschichte unseres eigenen Sonnensystems“, sagt Bohn. (The Astrophysical Journal Letters, 2020; doi: 10.3847/2041-8213/aba27e)
Quelle: European Southern Observatory (ESO)