Bedrohliche Vorzeichen: Die Hurrikansaison 2020 könnte besonders sturmreich werden. Denn der Atlantik und der Golf von Mexiko sind in diesem Sommer anomal warm, wie US-Klimaforscher berichten. Auch durch La Nina geschwächte Winde könnten die Bildung von Wirbelstürmen begünstigen. Tatsächlich gab es bis Mitte Juli schon sechs benamte Tropenstürme – so viele wie sonst noch nie um diese Zeit.
Wirbelstürme wie Irma, Harvey oder Katrina zeugen davon, welche zerstörerische Kraft ein Hurrikan entfalten kann. Doch es könnte schlimmer kommen: Klimaforscher sagen voraus, dass solche „Superstürme“ in Zukunft häufiger werden könnten. Denn die Triebkraft der Stürme sind Meerestemperaturen von mehr als 27 Grad und nur mäßige Scherwinde – und beides wird durch den Klimawandel begünstigt. Zudem verschieben sich die Zugbahnen der Hurrikans immer weiter nach Norden.
Aktuelle Hurrikansaison beginnt stürmisch
Aktuell mehren sich die Anzeichen dafür, dass die aktuelle Hurrikansaison stürmischer ausfallen wird als sonst. Denn schon Mitte Juli, weniger als zwei Monaten nach Beginn der Saison, sind im Atlantik sechs größere Tropenstürme aufgetreten – so viele wie seit Beginn der Satellitenbeobachtungen vor 50 Jahren nicht, wie Tim Hall vom Goddard Institute for Space Studies der NASA berichtet. Zwei dieser Stürme ereigneten sich früher als je zuvor beobachtet.
„2020 liegt in der Zahl tropischen Stürme bisher weit vorne“, sagt Hall. Eine typische Hurrikansaison bringt ihm zufolge im Schnitt zwölf mit Namen benannte Tropenstürme mit Windgeschwindigkeiten von mindestens 63 Kilometer pro Stunde hervor. Aus sechs von ihnen entwickeln sich typischerweise Hurrikans. Für dieses Jahr gehen die Prognosen bereits von 13 bis 19 Tropenstürmen und bis zu zehn Hurrikans aus.
Anomal hohe Wassertemperaturen im tropischen Atlantik
„Eine frühe Sturmaktivität muss nicht zwangsläufig mit der späteren Hurrikan-Häufigkeit korrelieren“, erklärt Jim Kossin von der US-Ozean- und Atmosphärenforschungsbehörde NOAA. „Aber wenn die Bedingungen schon zu Beginn förderlich für die Sturmbildung sind, dann bleiben sie oft die gesamte Saison über bestehen.“
Und momentan sind die Bedingungen sehr günstig: Das Wasser im tropischen Atlantik und im Golf von Mexiko ist zurzeit ungewöhnlich warm. Anfang Juli erreichten die Wassertemperaturen stellenweise 30 Grad – drei Grad mehr als für die Bildung eines Tropensturms oder Hurrikans nötig. Im Vergleich zum langjährigen Mittel ist das Wasser in einigen Meeresgebieten bis zu zwei Grad wärmer als für diese Zeit normal, wie die NOAA ermittelte.
„Tisch für eine aktive Hurrikansaison ist gedeckt“
„Damit ist der Tisch gedeckt für eine aktive Hurrikansaison“, sagt Hall. Hinzu kommt, dass laut NOAA eine immerhin 50-prozentige Chance für ein La-Nina-Ereignis im Herbst besteht. Dieses Klimaphänomen ist mit kühleren Meerestemperaturen im Pazifik, aber auch abgeschwächten Scherwinden im Atlantik verknüpft. Dies könnte die Entwicklung von Tropenstürmen zu Hurrikans begünstigen.
In den letzten vier Wochen hat allerdings ein weiteres natürliches Ereignis die Sturmtätigkeit etwas gedämpft: Stürme aus Richtung Afrika wehten große Mengen an Wüstenstaub und trockener Luft über den Atlantik nach Westen. „Diese Einströme trockener, staubiger Luft aus der Sahara können die Entwicklung von Hurrikans verhindern, selbst wenn das Meer sehr warm ist“, erklärt Kossin. Dieser Effekt ist aber nur kurzlebig und wird daher seiner Einschätzung nach den weiteren Verlauf der Hurrikansaison kaum beeinflussen.
Es könnte daher sein, dass der Karibik und den USA vor allem im Spätsommer und Herbst noch einige schwere Wirbelstürme bevorstehen.
Quelle: NASA, NOAA