Perfekt für eine Marsstation: Nicht nur auf dem Mond, sondern auch auf dem Mars könnte es gewaltige Lavahöhlen im Untergrund geben. Diese Gänge könnten bis zu einem Kilometer breit und Dutzende Kilometer lang sein – groß genug, um eine ganze Marsbasis unterzubringen. Indizien für die Existenz solcher Lavahöhlen sind unter anderem Ketten von eingestürzten Höhlendecken an der Marsoberfläche.
Schon bald sollen Astronauten zum Mond zurückkehren und dort eine Mondstation errichten, um unseren Trabanten näher zu erkunden. Auch für unseren Nachbarplaneten Mars wird schon an Plänen für eine bemannte Landung und eine Marskolonie gearbeitet. Doch um auf diesen Himmelskörpern überleben zu können, müssen sich die Astronauten vor harter Strahlung, Meteoriteneinschlägen und den extremen Temperaturen schützen.
Lavahöhlen auf dem Mond – und auch auf dem Mars?
Einen optimalen Schutz für die Astronauten könnten Höhlen im Untergrund bieten. Tatsächlich haben Forscher schon vor einigen Jahren Hinweise auf eine riesige Lavahöhle auf dem Mond entdeckt. Schwerefeldmessungen sprechen dafür, dass diese Höhle im Meer der Stürme einen Kilometer breit und bis zu 50 Kilometer lang sein könnte. Und auch im Polargebiet des Mondes haben Wissenschaftler Indizien für mehrere Lavahöhlen entdeckt – sie könnten sogar Wassereis enthalten.
Doch wie sieht es auf dem Mars aus? Immerhin weiß man vom Roten Planeten, dass es dort einst einen intensiven Vulkanismus gab – davon zeugen erloschene Feuerberge wie der Olympus Mons, aber auch subtile Spuren von Supervulkanen im Untergrund. Ob es auch Indizien für marsianische Lavahöhlen gibt und wie sie beschaffen sein könnten, haben nun Francesco Sauro von der Universität Bologna und seine Kollegen untersucht.
Dafür werteten sie Daten von Raumsonden aus und nutzten geophysikalische Modelle, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Lavagängen auf Erde, Mond und Mars zu ermitteln.
„Skylights“ in der Marsoberfläche
Das Ergebnis: Sowohl auf dem Mond wie auf dem Mars zeigen Aufnahmen von Raumsonden auffällige Ketten von Senken und runden Löchern im Untergrund. „Auf dem Mars wurden mehrere tiefe Skylights in alten Lavaströmen entdeckt, die verblüffende Ähnlichkeit mit terrestrischen Formationen dieser Art zeigen“, so Sauro und sein Team. Diese Einsturzstellen seien ein Indiz dafür, dass dort Lavagänge in Untergrund liegen, deren Decken stellenweise eingebrochen sind.
„Solche Lavagänge könnten stabilen Schutz vor kosmischer und solarer Strahlung und vor Mikrometeoriten-Einschlägen bieten., die an der Planetenoberfläche eine Gefahr darstellen“, erklärt Sauro. „Zudem bieten sie eine Umgebung, in der die Temperaturen nicht so stark von Tag zu Nacht schwanken.“ Auf dem Mars könnten solche Höhlen sogar Refugien für vergangenes oder sogar gegenwärtiges Leben darstellen.
100-mal größer als auf der Erde
Doch wie sähe das Innere einer solchen Lavahöhle aus? Und wie groß sind diese Refugien auf Mond und Mars? Wie die Forscher mithilfe ihres geophysikalischen Modells ermittelten, könnten die Lavagänge auf beiden Himmelskörpern deutlich größer sein als auf der Erde. Ursachen dafür sind die geringere Schwerkraft auf Mond und Mars und der einst intensive Vulkanismus.
Das bedeutet: Auf dem Mars könnten die Lavahöhlen einen 100-fach größeren Durchmesser haben als die typischerweise zehn bis 30 Meter breiten irdischen Lavagänge. Demnach verbergen sich unter der Oberfläche des Mars möglicherweise Kavernen, die einen Kilometer breit und Dutzende Kilometer lang sind. „Entstanden sind diese Gänge wie auf der Erde durch die Überkrustung von dünnflüssiger Lava“, erklären Sauro und sein Team.
Lunare Lavagänge unter den Maria
Auf dem Mond könnten die Lavagänge sogar noch größere Ausmaße erreichen – tausendfach größer als auf der Erde. Die Forscher schätzen das Gesamtvolumen solcher Höhlen auf dem Erdtrabanten auf mehr als eine Milliarde Kubikmeter. „Das macht den Mond zu einem besonders lohnenden Ziel für die Erkundung des Untergrunds und eine potenzielle Besiedlung“, sagt Koautor Riccardo Pozzobon von der Universität Padua.
„Das wichtigste ist aber, dass die Decken der lunaren Lavagänge trotz ihrer beeindruckenden Dimensionen weitgehend stabil bleiben, weil die Schwerkraft so viel geringer ist“, ergänzt Pozzobons Kollege Matteo Massironi. „Die Mehrheit der Lavagänge unter den glatten Ebenen der lunaren Maria sind wahrscheinlich noch intakt.“ Für die eingebrochenen Stellen seien wahrscheinlich Meteoriteneinschläge verantwortlich.
Astronauten trainieren bereits die Höhlenerkundung
Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten die Lavahöhlen auf Mond und Mars Astronauten und auch ganzen Stationen perfekten Schutz vor den lebensfeindlichen Bedingungen an der Oberfläche bieten. Insofern sei eine nähere Erkundung dieser Untergrund-Formationen ein naheliegender nächster Schritt. „Die Kollapsketten repräsentieren ideale Eintrittspforten für eine Erkundung“, sagt Sauro.
Tatsächlich bereiten sich die Raumfahrtbehörden schon jetzt auf eine solche Erkundung vor: „Die ESA sucht schon nach Systemen, die auf der Mondoberfläche landen und die lunaren Lavagänge erkunden können“, sagt Koautor Jo De Waele von der Universität Bologna. „Seit 2012 hat die ESA zudem schon zwei Höhlentrainingsprogramme für Astronauten durchgeführt, bei der unter anderem Lavagänge auf Lanzarote besucht wurden.“ (Earth-Science Reviews, 2020; doi: 10.1016/j.earscirev.2020.103288)
Quelle: Universita di Bologna