Astronomie

95 Zwerge in unserer Nachbarschaft

Astronomen entdecken ganzen Schwung von kühlen Braunen Zwergen in Sonnennähe

Brauner Zwerg
Kühl und dunkel: Weil Braune Zwerge nicht leuchten, sind sie schwer aufzuspüren. Dieser hier hat einen Weißen Zwerg als Partner und liegt im nahen Umfeld der Sonne. © NOIRLab/NSF/AURA/P. Marenfeld, William Pendrill

Neue Nachbarn: Astronomen haben gleich 95 Braune Zwerge auf einmal im nahen Umfeld der Sonne aufgespürt. Diese „gescheiterten Sterne“ liegen im Umkreis von rund 65 Lichtjahren, einige sind weniger als 30 Lichtjahre von uns entfernt. Die Brauen Zwerge sind teilweise so kühl, dass sie Wasserwolken besitzen, und bewegen sich an der Grenze zum Gasriesen. Ihre Nähe erlaubt es nun, diese Grenzgänger näher zu erforschen.

Braune Zwerge entstehen, wenn die Materie eines Protosterns nicht ausreicht, um im Inneren die Wasserstoff-Kernfusion zu zünden. Statt zu leuchten, glimmen sie nur schwach vor sich hin. Einige Braune Zwerge sind so kühl, dass ihre Gashülle Wolken und vielleicht lebensfreundliche Bedingungen aufweist, andere haben sogar frostige Temperaturen. Damit bewegen sich diese Objekte an der Grenze zwischen Stern und Planet. Warum und wie die Braunen Zwerge entstehen, ist bislang erst in Teilen geklärt.

Aufgespürt durch Citizen-Science-Projekt

Umso spannender ist es, dass Astronomen nun gleich 95 Braune Zwerge in unsere unmittelbaren Nachbarschaft entdeckt haben – einige davon sind weniger als 30 Lichtjahre von der Sonne entfernt. Aufgespürt wurden die Himmelskörper im Rahmen des Citizen-Science-Projekts Backyard Worlds: Planet 9. In diesem durchmustern mehr als 100.000 Freiwillige Aufnahmen der Infrarotteleskope WISE und Spitzer, um nach sich vor dem Sternenhintergrund bewegenden Objekten zu suchen.

Und sie wurden reichlich fündig. Neben den schon bekannten Braunen Zwergen in Sonnennähe wie dem nur sechs Lichtjahre entfernten Paar Luhman 16A und B entdeckten die Amateurastronomen 95 weitere dieser gescheiterten Sterne. Sie liegen im Umkreis von rund 65 Lichtjahren um die Sonne, einige sind weniger als 30 Lichtjahre von uns entfernt.

Mehr Braune Zwerge als gedacht

„Diese neue Kollektion kühler Brauner Zwerge erlaubt es uns, die Zahl der freiflotierenden Welten im interstellaren Raum nahe der Sonne genauer zu bestimmen“, erklärt Aaron Meisner vom National Optical-Infrared Astronomy Research Laboratory in Arizona. Er ist einer der Astronomen, die die „Fundstücke“ der Bürgerwissenschaftler mithilfe von weiteren Teleskopbeobachtungen näher untersucht haben.

Der Fund so vieler Brauner Zwerge auf relativ engem Raum bestätigt die Vermutung, dass es in der Milchstraße bis zu 100 Milliarden solcher gescheiterter Sterne geben könnte – weit mehr als früher gedacht. Schon zuvor hatten Astronomen in zwei Sternenwiegen beobachtet, dass die Kernfusion bei rund einem Drittel der neugebildeten Himmelskörper ausbleibt. Für jeweils zehn eher massearme Sterne entstehen demnach zwischen zwei und fünf Braune Zwerge.

Kalte Welten zwischen Stern und Planet

Unter den neuentdeckten Braunen Zwergen sind einige der kühlsten bisher bekannten. Ihre Oberfläche hat Temperaturen unter dem Siedepunkt des Wassers. Damit sind sie kühler als manche jungen Gasplaneten und werfen erneut die Frage auf, wo genau die Grenze zwischen Braunen Zwergen und Gasriesen liegt.

„Unsere Neuentdeckungen helfen nun dabei, die Lücke zwischen dem eiskalten Zwerg WISE 0855 und den restlichen bisher bekannten Braunen Zwergen zu schließen“, sagt Koautor Marc Kuchner vom Goddard Space Flight Center der NASA. Weil WISE 0855 lange der einzige so kalte Braune Zwerg war, warf dies die Frage auf, ob es sich bei ihm nicht doch um einen Einzelgänger-Planeten handelte – einen Gasriesen, der aus seinem Heimatsystem hinausgeschleudert wurde und allein durchs All fliegt.

„Diese kühlen Welten könnten uns nun neue Einblicke in die Entstehung und die Atmosphäre von solchen Planeten und Braunen Zwergen geben“, sagt Meisner. Zudem sind einige der Neuentdeckungen nun lohnende erste Beobachtungsobjekte für das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA, das 2021 ins All starten soll. (The Astrophysical Journal, 2020)

Quelle: NASA/JPL, W. M. Keck Observatory

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