Physik

Rekord: Längster Lauf eines Plasmabeschleunigers

Laufzeit von 30 Stunden am Stück lässt Anwendung der Mini-Beschleuniger näherrücken

Laser-Plasmabeschleuniger
In Laser-Plasmabeschleunigern erzeugt ein Laserpuls eine Plasmawelle (blau). Elektronen (rot) surfen auf dieser Welle wie ein Wakeboarder hinter dem Heck eines Boots und werden dabei extrem beschleunigt. © DESY/ Science Communication Lab

Schnell und lang: Zum ersten Mal ist es Forschern gelungen, einen Laser-Plasmabeschleuniger bis zu 30 Stunden am Stück in Betrieb zu halten. Das belegt, dass auch diese Mini-Beschleuniger für längere Messungen geeignet sind und ebnet den Weg zum Forschungseinsatz. Zudem ermöglicht der Langzeitbetrieb die Optimierung der neuen Technologie, die vielleicht einmal die gigantischen herkömmlichen Teilchenbeschleuniger ablösen könnte.

Wofür herkömmliche Teilchenbeschleuniger meterlange Röhren brauchen, schaffen sie in wenigen Zentimetern: Laser-Plasmabeschleuniger bringen Elektronen auf sehr kurzen Strecken auf Touren. Mit knapp acht Gigaelektronenvolt auf nur 20 Zentimetern hat erst kürzlich ein solcher Mini-Beschleuniger einen neuen Rekord aufgestellt. Zum Vergleich: Gängige Beschleuniger wie der Large Hadron Collider (LHC) am CERN schaffen nur bis zu 100 Megaelektronenvolt pro Meter Strecke.

Laserpulse reißen Elektronen mit

Um die Teilchen auf Touren zu bringen, werden in den Laser-Plasmabeschleunigern kurze, extrem energiereiche Laserpulse in einen engen Kanal mit Plasma geschossen. Die Pulse lösen Elektronen aus dem Plasma und erzeugen ein elektrisches Feld, das die Elektronen hinter sich herzieht und beschleunigt. „Elektronen im Kielwasser des Laserblitzes werden von der elektrisch positiv geladenen Plasmawelle mitgerissen – ähnlich wie ein Wakeboard-Surfer in der Heckwelle eines Schiffs“, erklärt Erstautor Andreas Maier vom Deutschen Elektronensynchrotron DESY.

Das Problem jedoch: Bislang hielt dieser „Wakeboard“-Effekt nicht lange an. Jeder neue Laserschuss erzeugt sein eigenes Feld und erzeugt so Schwankungen in den Beschleunigungsbedingungen. „Solche Strahlen gleichmäßig und reproduzierbar zu erzeugen, ist noch immer eine große Herausforderung“, so die Forscher. Gleichzeitig erschwert die kurze Dauer der Beschleunigerpulse die Optimierung der Technologie.

Mini-Beschleuniger im Langzeit-Test

Jetzt ist Maier und seinem Team ein wichtiger Durchbruch gelungen. Sie haben erstmals einen Plasmabeschleuniger 30 Stunden am Stück laufen lassen und damit einen über die gesamte Zeit nahezu kontinuierlichen Strahl beschleunigter Elektronen erzeugt. „Damit sind wir dem Regelbetrieb dieser innovativen Teilchenbeschleunigertechnik ein gutes Stück nähergekommen“, sagt Meier.

Im Experiment nutzten die Physiker die LUX-Anlage am DESY, die ein Plasma aus Wasserstoffgas verwendet. Dieses Plasma wird mit einer geringen Menge Stickstoff versetzt und in einem 500 Mikrometer breiten, in einem Saphirkristall eingeätzten Kanal eingeschlossen. Die Laserpulse von 42 Femtosekunden Länge und zwei Joule Energie lieferte ein Titan-Saphir-Laser. Er schoss die Laserblitze mit einer Frequenz von einem Hertz in den Plasmakanal.

Um diesen gepulsten Laserstrahl so konstant und stabil wie möglich zu machen, stimmten die Forscher Pulsenergie, Strahlmerkmale und Spektrum immer wieder ab.

100.000 Elektronenstrahlen hintereinander

Das Experiment gelang: Der LUX-Beschleuniger lief bis zu 30 Stunden am Stück und erzeugte dabei Elektronenstrahlen mit einer Energie von bis zu 368 Megaelektronenvolt. Die rund 100.000 aufeinanderfolgenden Einzelschübe – im Schnitt jede Sekunde einer – unterschieden sich dabei kaum in ihren Eigenschaften – das Beschleuniger lief damit gleichmäßig und stabil. „Im Prinzip wäre unsere Anlage auch noch länger gelaufen, wir haben den Betrieb nach 30 Stunden abgebrochen“, berichtet Maier. „Und inzwischen haben wir das noch dreimal wiederholt.“

„Diese Arbeit zeigt, dass Laser-Plasmabeschleuniger eine reproduzierbare und kontrollierbare Leistung bieten können“, kommentiert der Direktor des DESY-Beschleunigerbereichs, Wim Leemans. „Das liefert eine konkrete Grundlage für die Weiterentwicklung dieser Technologie zu künftigen beschleunigerbasierten Lichtquellen bei DESY und anderswo. Die Zeit ist reif, um die Laser-Plasmabeschleunigung aus dem Labor zur Anwendung zu führen.“

Weg für weitere Verbesserungen geebnet

Der aktuelle Durchbruch eröffnet nun die Möglichkeit, die Laser-Plasmabeschleuniger gezielt zu optimieren. Denn er liefert nun genügend Daten, um Schwachstellen zu erkennen und verändern zu können. „Unerwünschte Variationen im Elektronenstrahl lassen sich beispielsweise auf konkrete Punkte im Laserpuls zurückführen, so dass wir jetzt genau wissen, an welcher Stelle wir ansetzen müssen, um einen noch besseren Teilchenstrahl zu bekommen“, erklärt Maier.

Damit könnten künftig stärkere Anlagen mit einem breiten Einsatzspektrum von der physikalischen Grundlagenforschung bis zur medizinischen Diagnostik und Therapie möglich werden. (Physical Review X, 2020; doi: 10.1103/PhysRevX.10.031039)

Quelle: Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY

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