Archäologie

Wikingerschwert gibt Rätsel auf

Wikingerkrieger wurde mit dem Schwert auf der "falschen" Seite bestattet

Wikingerschwert
Dieses verkrustete und stark korrodierte Objekt ist ein 1.100 Jahre altes Wikingerschwert, das Archäologen in einem Grab in Mittelnorwegen gefunden haben. © Ellen Grav Ellingsen/ NTNU University Museum

Falsche Seite: Ein in Norwegen entdecktes Wikingergrab erweist sich als ziemlich ungewöhnlich. In ihm wurde vor rund 1.100 Jahren ein Krieger mitsamt seinen Waffen begraben. Doch sein Schwert war auf der falschen Seite platziert – es lag links statt wie sonst bei Wikingergräbern üblich rechts. Warum, darüber rätseln nun die Archäologen. Interessant ist an dem Grab aber auch seine Platzierung im Ring eines älteren Hügelgrabes.

Vor rund tausend Jahren dominierten die Wikinger weite Teile Europas – davon zeugen Relikte ihrer Handelsplätze und Burgen, aber auch viele ihrer Gräber. In diesen wurden Krieger meist mitsamt ihrer Waffen und oft sogar in speziellen Totenschiffen begraben. Auch Wikingerkriegerinnen und möglicherweise sogar Kämpferinnen fremder Herkunft wurde damals diese Ehre zuteil.

Das Grab eines Wikingerkriegers

Jetzt gibt ein weiteres Wikingergrab den Archäologen Rätsel auf. Entdeckt wurde die Grabstätte in der Provinz Trøndelag in Mittelnorwegen im Rahmen von Straßenbauarbeiten. Forscher um Raymond Sauvage von der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens (NTNU) in Trondheim waren bei Ausgrabungen auf die Überreste eines rund 1.100 Jahre alten Wikinger-Gehöfts gestoßen.

Schwertbergung
Archäologin Astrid Kviseth hebt das Wikingerschwert aus dem Grab.© NTNU University Museum

Auf dem Gelände dieses Bauernhofs entdeckten die Forscher mehrere Gräber, darunter das eines Mannes, der mit einem vollen Satz an Waffen bestattet worden war: Axt, Speer, Schild und Schwert. „Die Tatsache, dass er mit diesen Waffen beerdigt wurde, verrät uns, dass er ein Krieger war“, sagt Sauvage. „In der Wikinger-Ära und im frühen Mittealter waren die meisten Krieger dieser Gegend freie Männer, die ihre eigenen Gehöfte besaßen.“

Schwert liegt links

Merkwürdig jedoch: Das Schwert des Wikingerkriegers war an der linken Seite des Toten platziert. Normalerweise jedoch wurden Wikinger mit dem Schwert zu ihrer Rechten bestattet. „Schon warum das Schwert meist rechts im Grab liegt, ist seltsam“, sagt Sauvage. Denn zu Lebzeiten war das Schwert bei den meisten Rechtshändern auf der linken Seite befestigt, damit die Krieger es mit der rechten Hand gut ziehen konnten.

Im Tod jedoch wurde diese übliche Ausrichtung umgekehrt. „Eine Theorie besagt, dass die Wikinger die Unterwelt, in die ihre Toten übergingen, als eine Art Spiegelbild der oberen Welt sahen“, erklärt Sauvage. Doch das nun entdeckte Wikingergrab widerspricht den üblichen Regeln. „Das macht dieses Grab ziemlich speziell, weil das Schwert hier auf der linken Seite des Toten liegt“, so der Archäologe.

Warum das Schwert bei diesem Krieger auf der „falschen“ Seite lag, ist bislang ungeklärt. „Vielleicht war er Linkshänder und das wurde bei seiner Bestattung berücksichtigt“, mutmaßt Sauvage. Er und sein Team hoffen, dass die nähere Untersuchung des Schwerts möglicherweise mehr Aufschluss gibt. „Es wird spannend sein, das Schwert zu röntgen, so dass wir sehen, was sich unter der Korrosion verbirgt. Vielleicht gibt es eine Ornamentierung oder ein Schmiedemuster an der Klinge“, sagt der Forscher.

In Reichweite der Ahnengeister

Interessant ist aber auch die Lage des neuentdeckten Wikingergrabs. Denn der Krieger wurde neben drei weiteren Wikingerkriegern und einer Frau in der Ringsenke eines großen, älteren Hügelgrabs bestattet. „Solche Beispiele von weitergenutzten Gräbern haben wir schon häufiger bei Wikingergrabstätten gefunden“, berichtet Sauvage. Dabei wurden die Toten teilweise in älteren Grabanlagen bestattet oder sogar im gleichen Grab.

„Für die Wikinger war es offensichtlich wichtig, möglichst nahe zu den Hügelgräbern bestattet zu werden“, so der Archäologen. Er und seine Kollegen vermuten, dass dies mit der Vorstellung der Wikinger zusammenhängt, nach der die toten Ahnen weiterhin als begleitende Geister – Fylgjur – präsent bleiben. „Die Ahnen lebten demnach in den Hügelgräbern weiter“, sagt Sauvage. Und für einen Toten war es offenbar von Vorteil, in der Einflusssphäre dieser Ahnengeister beerdigt zu werden.

Quelle: NTNU, SINTEF

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Archäologie erleben - 50 Ausflüge in die Vergangenheit von André Wais, Karoline Müller und Tina Steinhilber

Top-Clicks der Woche