Erstmals haben Geographen den Plastikanteil im Boden in einer Tiefe von bis zu zwei Metern untersucht. Bei ihren Bohrungen an einer Flussaue fanden sie Plastikreste auch noch einen Meter unter der Erde. Das ist tiefer als bisher angenommen und lässt sich durch normale Ablagerungsprozesse allein nicht erklären. Die Menge der Mikroplastik-Partikel war allerdings geringer als in den meisten Gewässern und Ackerböden.
Bisher stand besonders die Verschmutzung der Ozeane durch Plastikmüll im Fokus. Dort führt es unter anderem dazu, dass Tiere sich in den Plastikresten verheddern oder dass sie es nicht mehr von ihrer eigentlichen Nahrung unterscheiden können und fressen. Und auch das Mikroplastik ist seit längerem Teil der Diskussion. Die winzigen Kunststoffpartikel finden sich inzwischen im Trinkwasser, in der Nahrung und selbst in unserem Körper. Welche Schäden es verursachen kann, ist bisher zu einem großen Teil noch unklar.
Plastikfahndung im Auenboden
Weit weniger gut untersucht ist das Thema Plastik im Boden. Einen Schritt, um diese Lücke zu schließen, haben zwei Geographen der Philipps-Universität Marburg unternommen. Dafür untersuchten sie 120 Bodenproben aus den Auen rund um die Lahn in Mittelhessen auf Plastik. „Nach unserer Kenntnis ist dies die erste Untersuchung, die Plastik in Bodenprofilen bis zwei Meter unter der Oberfläche aufspürt“, erklärt Studienleiter Christian Opp.
Bei der Auswertung der Proben unterschieden die Forscher zwischen Mikroplastik und Mesoplastik. Grobes Mikroplastik misst zwei bis fünf Millimetern. Eine zwei Euromünze hat beispielsweise eine Dicke von circa 2,2 Millimeter. Mesoplastik hingegen liegt zwischen einem halben und zweieinhalb Zentimetern – eine 50 Cent Münze hat zum Vergleich einen Durchmesser von 2,4 Zentimetern.
Weniger Mikroplastik als im Fluss oder Ackerboden
Die beiden Wissenschaftler fanden in ihren Proben durchschnittlich zwei Kunststoffteilchen pro Kilogramm Erde. Den höchsten Wert, den sie ermittelten, waren bis zu acht Kunststoffteilchen in einem Kilogramm Erde. Damit kommt zumindest in den untersuchten Böden der Lahnauen weniger Plastik vor als in Flüssen, Flussbetten und Ackerböden.
Am häufigsten kamen die Kunststoffsorten Polyethylen, Polypropylen und Polyamid vor. „Diese drei gehören zu den gebräuchlichsten Kunststoffarten, die den größten Teil der Kunststoffproduktion ausmachen“, so die Geographen. Polyethylen sowie Polypropylen werden oft bei der Herstellung von Verpackungen eingesetzt. Polyamid wird unteranderem für die Herstellung von Kleidung verwendet, zum Beispiel bei Regen- und Sportkleidung oder in Nylonstrumpfhosen.
Kontamination reicht ungewöhnlich tief
Opp und sein Kollege Collin Weber fanden die meisten Mikroplastik-Partikel in den obersten Bodenschicht, allerdings auch bis in eine Tiefe von circa einem Meter. „Das ist tiefer, als bisher angenommen wurde“, hebt Weber hervor. Besonders in Ufernähe tritt das Plastik auch in tieferen Schichten auf. Wie die Forscher erklären, ist dies anders als beispielsweise in Ackerböden. Dort sammelt sich der Kunststoff typischerweise wenige Handbreit unter der Oberfläche, weil der verdichtete Boden ein tieferes Eindringen verhindert.
Das tiefe Eindringen des Mikroplastiks in die Auenböden lässt sich durch einen natürlichen Ablagerungsprozess nicht erklären, sagen die beiden Wissenschaftler. Für sie ist eine vertikale Verlagerung der Partikel eine mögliche Erklärung für die ungewöhnlichen Tiefen. Eine solche Verlagerung kann durch den Eingriff des Menschen geschehen, aber auch durch natürliche Prozesse, wie die Fließwege des Flusses oder eine Durchmischung des Bodens durch verschiedene Lebewesen. (Environmental Pollution, 2020; doi: 10.1016/j.envpol.2020.115390)
Quelle: Philipps-Universität Marburg